Die vertauschte Braut: Historischer Liebesroman (German Edition)
mit einem Rohling wie Owens kopulierte? Liebkosungen? Zärtlichkeit? Selbst die begehrteste aller Bräute musste ihre erste Bekanntschaft mit ihren ehelichen Pflichten als verstörend, vielleicht sogar als lästig empfinden. Und er konnte sich bildlich vorstellen, dass dieser Akt mit Owens an Brutalität grenzen konnte. Vielleicht war dies der Grund, aus dem sie es abgelehnt hatte, ihn zu heiraten.
Er konnte diese beiden gar nicht früh genug loswerden. Ginesse Braxton würde er wohl noch eine Weile ertragen müssen, doch er konnte wenigstens dafür sorgen, dass ihr Wachhund so schnell wie möglich verschwand.
»Owens«, setzte er an und schnitt sich eine Scheibe Fleisch ab, »der Stallmeister sagt, Ihr Pferd hätte sich bemerkenswert rasch erholt und kann nun wieder geritten werden. Wann haben Sie vor, aufzubrechen?«
»Ich hoffe, Sie morgen verlassen zu können«, antwortete er.
Miss Braxton, die gerade dabei gewesen war, ihr Wasserglas an die Lippen zu heben, fror mitten in der Bewegung ein. »So bald schon?«, flüsterte sie.
Sofort schoss Owens zu ihr herum, sein Blick schien sie zu fesseln. »Gibt es denn einen Grund, warum ich länger bleiben sollte?«
Mit offensichtlich zur Schau gestelltem Trotz hob sie das Kinn. »Ich wüsste von keinem Grund, wenn dir selbst keiner einfällt.«
»Den überzeugendsten Grund hast du ja bereits abgetan.«
»Den betrachte ich weniger als Grund als vielmehr als einen Vorwand.«
Mürrisch kaute Pomfrey auf seinem Fleisch herum. Guter Gott, die beiden waren wirklich ein ermüdendes Paar. Allein dadurch, dass er sich in einem Raum mit ihnen befand, fühlte er seine Energie schwinden und seine Laune sinken. Sie waren einfach zu elementar, zu intensiv, ihre Gefühle waren zu unbeherrscht und ihr Stolz zu unbändig. Es war, als würde man mit verfehdeten Sendboten speisen, deren Sprache man nicht verstand.
»Einen Vorwand?« Owens schob seinen Stuhl zurück und erhob sich langsam. Sein Blick durchbohrte sie. Das Wasserglas in ihrer Hand zitterte. Pomfrey erstarrte, die Gabel auf halben Weg zum Mund, fast erwartete er, Owens würde sich das Mädchen gleich über die Schulter werfen und sie davontragen, um ihr gehörig den Hintern zu versohlen. Und was sollte
er
dann bitte tun?
Was Owens tatsächlich getan hätte, würde Pomfrey nie erfahren, den genau in diesem Moment erschien Lieutenant Jones mit den Neuankömmlingen des Forts im Schlepptau.
Mit erleichtertem Seufzen drehte Pomfrey sich um und fuhr überrascht zusammen. Eine hübsche, pummelige Rothaarige wurde am Arm eines stämmigen, betagtenGentlemans, der einen weißen Leinenanzug trug, hereingeführt. Direkt hinter ihnen folgte ein schlanker, gepflegter junger Mann, offensichtlich ebenfalls ein Gentleman.
»Mildred!«, japste Pomfrey.
»Hilliard!«, rief Miss Whimpelhall und verbesserte sich dann, »Ich meine, Colonel Lord Pomfrey. Wie ... wie schön, Sie wiederzusehen.«
»Miss Braxton!«, sagte der junge Mann und auf seinem eher ernsten Gesicht breitete sich ein angenehmes Lächeln aus.
»Ginny!«, fiel der alte Mann in den Chor ein.
»Urgroßvater!«, erwiderte Miss Braxton heftig, sprang so plötzlich auf, dass ihr Stuhl beinahe umkippte, eilte auf den alten Herrn zu und schlang ihre Arme um seinen Hals.
»Jock«, flüsterte Jim Owens.
Der Blick des jungen Mannes, der gerade offensichtlich erfreut der herzlichen Wiedervereinigung von Miss Braxton und dem älteren Gentleman zugesehen hatte, fiel auf Owens. Langsam verengte er die Augen, sein Gesichtsausdruck wandelte sich von höflichem Interesse, zu Ungläubigkeit, dann zu Erstaunen und schließlich zu aufrichtiger Freude.
»Mein Gott. Ich bin nach Ägypten gekommen, um längst Verstorbene auszugraben, und anscheinend war ich jetzt schon erfolgreich«, sagte er erstaunt. »Wie geht es dir, Euer Gnaden?«
K APITEL 27
All die Bitterkeit seines sonderbaren, jungen Lebens, sein selbst gewähltes Exil, all die einsamen, durchwachten Nächte in der Wüste waren vergebens gewesen.
aus dem Tagebuch von Ginesse Braxton
» H aben Sie diesen jungen Mann gerade ›Euer Gnaden‹ genannt?«, wollte der alte Gentleman wissen, als Jock auf Jim zuging und ihn in eine warme Umarmung zog.
»Sag nichts«, murmelte Jim und schob Jock sanft von sich weg. »Der Mann macht nur einen kleinen Scherz«, sagte er dann laut und gezwungen fröhlich und betete, dass sein Halbbruder nichts mehr sagte oder tat, was das gefährdete, wofür Jim seit Jahren kämpfte: dass Jock das
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