Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
man uns gefolgt. Aber was bedeutete es, dass King Edward persönlich eine Eskorte geschickt hatte? Zumindest war ich nicht völlig erfolglos geblieben. Im Hause meiner Großmutter würde Mary in liebevollen, tüchtigen Händen sein, davon war ich überzeugt. Sie war so hübsch und so gefällig, meine Großmutter würde sie gewiss schon bald so aufmerksam umsorgen, wie sie es bei mir getan hatte.
Nan drückte mich fest an sich. Sie weinte vor Freude, mich wiedergesehen zu haben, und vor Kummer, dass es nur ein solch kurzer Moment gewesen war.
»Ich werde versuchen wiederzukommen«, sagte ich, während ich in Gedanken schon ganz woanders war. Ich fürchtete, welche Folgen der Zorn der Königin für meine Bella haben könnte, und verfluchte mich dafür, ein solches Wagnis eingegangen zu sein. Immerhin hatte ich meiner Familie geholfen, was, wie ich hoffte, in Gottes Buchführung zu meinen Gunsten Anrechnung finden würde.
Bei meinem Abschied von Dame Agnes sah ich, dass auch sie tief bewegt war. Sie strich mir über die Wange. »Du siehst prächtig aus, so wunderschön. Master Martin Perrers hat uns nie etwas erzählt. Es war dein Freund Geoffrey Chaucer, der uns schließlich erklärte, warum du uns nie besuchen kamst.«
Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, welche Erklärung er gefunden hatte, denn er wusste doch, welcher Gefahr er sie mit der Wahrheit aussetzen würde. »Was hat er Euch denn gesagt?«
»Dass du dich zu sehr vor den Gehässigkeiten deiner Mutter gefürchtet hast«, erwiderte Großmutter mit einem Nicken, das mir ihr Verständnis zusichern sollte. »Sie war eine Wahnsinnige.«
Ich war froh über Geoffreys geschickte Rechtfertigung.
William und ich hatten nur wenig Gelegenheit, miteinander zu sprechen, während wir durch die widerlich stinkenden Gassen zur Barke eilten. Als wir am Fluss eintrafen, fragte ich ihn, was er von den Männern in der Küche erfahren hatte. »Soll ich bestraft werden? Fortgeschickt?«
»Seine Königliche Hoheit ist nicht wütend auf Euch, Alice, sondern auf die Königin.« William studierte meine Reaktion.
»Was meint Ihr damit?«
»Was ich sagte. Er hörte, wie Queen Philippa darüber schimpfte, dass Ihr zu Eurer Familie gegangen seid, wie sie sich darüber ausließ, dass Euch die Rückkehr nicht gestattet werden dürfte, da Ihr die Pest einschleppen würdet, und so weiter und so weiter, und dann hat er sie mit irgendeiner beiläufigen Bemerkung zum Schweigen gebracht. Wie der Knappe berichtete, soll Euch der Schutz durch den Hofstaat der Königin niemals verweigert werden.« Er nahm meine Hände und sah mich weiter forschend an. »Befinde ich mich bei meiner Liebe zu Euch womöglich im Wettstreit mit dem König?«
»Nein!« Dass er so etwas nur denken konnte, beunruhigte mich bereits. »Ich bin ihm dankbar für seinen Schutz, aber ich könnte mir denken, sein Unmut über die Königin hatte völlig andere Ursachen, und ich war lediglich – zu meinem großen Glück – für ihn der passende Anlass, sich Luft zu machen.« Ich berührte Williams Hand. »Ich kann mich an kein liebevolleres Geschenk von einem Freund erinnern als das, was Ihr mir heute bereitet habt, William. Ich hoffe,
Euch eines Tages etwas ähnlich Kostbares zurückgeben zu können. Seid bedankt für den Seelenfrieden, den Ihr mir gebracht habt.«
Er nahm meine Hand und küsste sie. Dann zog er mich in die Arme und küsste mich auf den Mund. Es fühlte sich an, als würde ich Janyn wieder küssen. Mein Körper erglühte, und ich blieb atemlos zurück. William war die Wirkung seines Kusses nicht entgangen, und er lächelte befriedigt.
»Ihr werdet meine Frau sein, Alice. Das schwöre ich.«
Dies war eine völlig unerwartete Erklärung, die ich nach dem aufwühlenden Wiedersehen mit meiner Familie gar nicht richtig verarbeiten konnte. Sorgfältig wählte ich meine Worte, denn ich war William weiterhin sehr dankbar. »Was das betrifft, dazu weiß ich nichts zu sagen. Aber ich hoffe, dass Gott Euch glücklich werden lässt.«
Zu meinem Bedauern reagierte er auf diese Auskunft einzig mit einem grüblerischen Schweigen, das er im Verlauf der gesamten Rückfahrt nicht wieder ablegte. Aus Mangel an Ablenkung gab ich mich daher ganz meinen Ängsten vor der nächsten Begegnung mit der Königin und dem König hin.
Von der Anlegestelle in Windsor wurde ich sofort zu den Privatgemächern King Edwards gebracht. William bestand darauf, mich zu begleiten, und ich willigte dankbar ein. Trotz der Auskünfte,
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