Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
gefüttert mit weißem Hermelin, ein Mantel, der so warm und weich war, dass sie vor Wonne aufjauchzte, als sie ihn anprobierte, und verkündete, nun könne sie den ersten Schnee gar nicht mehr erwarten. Eine silberne Schnalle, geformt wie zwei grazile Flügel, schloss den Umhang. Ich hatte noch nie etwas so Schönes gesehen, und Mutter wusste dessen Schönheit weiter zu unterstreichen. Mein Vater verfolgte mit einer Sehnsucht, die schon beinahe traurig wirkte, wie sie durch die Halle schritt und sich immer wieder um die eigene Achse drehte, damit der üppige Schnitt und das herrliche Futter zur Geltung kamen.
An diesem Mittag behandelte sie uns alle mit großer Herzlichkeit. Beim Anblick der Freude, die Mary und Will angesichts ihrer Stimmung empfanden, verlor ich auch noch den letzten Rest an Appetit, denn ich ahnte, welch fürchterliches Gewitter die Ankündigung auslösen würde, die Vater offenbar für das Ende der Mahlzeit plante.
Aber als der Augenblick gekommen war und ich erwartete, dass er nun sein Glas erheben und der gesamten Familie meine Verlobung verkünden würde, stand Vater von der Tafel auf, verbeugte sich vor Mutter und hielt ihr seine Hand entgegen. »Meine Liebe, würdest du bitte mit mir in den Garten hinaustreten?«
Sie lächelte über seine vornehme Geste, erhob sich ebenfalls und ergriff seine Hand. Gemeinsam rauschten sie durch die Gartentür.
Nan nahm die Jüngeren und brachte sie in die Küche. Um nicht vor Anspannung zu platzen, hatte ich mich jemandem anvertrauen müssen und deshalb am Abend zuvor Nan von den Ereignissen im Gewölbekeller und auch von der Einladung zum Abendessen bei den Perrers erzählt. Auch sie rechnete mit einem fürchterlichen Ungewitter.
In Erwartung des nächsten Akts liefen John und ich unruhig in der Wohnhalle umher. Endlich kehrten unsere Eltern zurück. Mutters Gesicht war weiß wie Alabaster, Vaters dagegen rotfleckig vor Zorn. Als sie an mir vorbei zu der Tür stürmte, hinter der die Treppe in ihre private Kammer hinaufführte, warf sie mir einen Blick zu, und ich konnte die Tränen sehen, die ihr soeben die Wangen hinabzulaufen begannen. Sie riss die Augen weit auf und schien etwas sagen zu wollen, presste dann jedoch eine Hand auf ihren Mund und eilte hinaus.
»Ich dachte mir schon, dass ihre gute Laune nicht anhalten würde«, meinte John mit einem schiefen Grinsen.
Vater wandte sich zu ihm. »Sei still, du dummer Junge!«
Später an diesem Tag ging Vater fort und kehrte nach einer Weile gemeinsam mit Janyn zurück, der mir einen wunderschönen Scharlachstoff schenkte, dessen dunkler Goldton, wie er sagte, herrlich zu meinen Augen passte. Beim Überreichen des Geschenks berührten sich unsere Hände, und ein Schlag durchfuhr mich, als wäre ich vom Blitz getroffen worden.
»Ich fühle mich hoch geehrt durch Euer … durch dieses Geschenk«, sagte ich und verbeugte mich errötend vor ihm.
»So wie ich mich hoch geehrt fühle durch deine Annahme meiner Liebe, Alice«, sagte er. Sich dichter zu mir beugend, hauchte er: »Ich habe unseren Kuss nicht vergessen.«
»Ich auch nicht … Janyn«, flüsterte ich mit pochendem Herzen.
Einen Moment lang standen wir uns stumm gegenüber und lächelten uns an.
John und Mutter wurden gerufen, um uns zu gratulieren. Mutter fügte sich. Sie wirkte schrecklich weiß und leblos. Mein Bruder strahlte und schien sich aufrichtig für mich zu freuen. Vater tat sich schwer, eine fröhliche Miene zu wahren, da ihm bei jedem Seitenblick auf Mutter alle Farbe aus dem Gesicht wich.
Und so wurde meine Verlobung bekanntgegeben.
I-2
»Der Eure sein, ganz wahrhaft, treu, in Demut,
Verschwiegen auch und meine Qual erduldend,
Und dass ich stets aufs Neue darf begehren,
Zu dienen Euch und mit beständgem Eifer
All Euren Wünschen freudig nachzukommen,
Wie schwer auch immer es mir fallen möcht,
Sieh, lieblich Herz, dies ist, was ich gemeint.
GEOFFREY CHAUCER:
TROILUS UND CRISEYDE, III 141 – 147
Ich hatte schändlicherweise gehofft, Mutter würde die Einladung der Perrers zum Abendessen ablehnen, aber sie hatte bereits ihr feinstes Kleid und ihren edelsten Umhang angelegt und wartete auf mich in der Halle, als Nan mich aus ihren fürsorglichen Händen entließ. Verglichen mit Mutters Garderobe wirkte mein inzwischen so schlecht sitzendes bestes Kleid wenig beeindruckend.
Obwohl ich nicht mit einer Antwort rechnete, fragte ich, wie alt sie gewesen ist, als sie Vater heiratete. Ich würde im September
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