Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Begrüßungszeremonie zu sehr in die Länge ziehen konnte, dirigierte Dame Tommasa uns alle zu einer mit Speisen beladenen Tafel. Aufgebaut war sie unmittelbar vor einer geöffneten Flügeltür, die in einen Garten hinausführte, der von einer Fülle üppig blühender Beete durchzogen war. Rosen und blütentragende Rebengewächse, vielfach Arten, die mir unbekannt waren, kletterten und wanden sich über kleine Lauben und niedrige Mauern und erzeugten ein ebenso farbenprächtiges Schauspiel wie das in der Halle.
Ich spürte Janyn an meiner Seite. »Sollen wir für einen Moment im Garten spazieren?«, fragte er.
»Oh ja, bitte! Aber deine Mutter …«
»Die anderen werden uns sicherlich einen Augenblick der Ungestörtheit gönnen.« Er bot mir seinen Arm, und ich legte meine Hand darauf. Mit wild klopfendem Herz trat ich an der Seite meines Verlobten auf den Kieselweg hinaus.
»Du musst dieses Haus bestimmt sehr mögen«, sagte ich. »Es ist so voller Licht und Farben. So wunderschön.«
»Ich verbinde glückliche Erinnerungen mit diesem Haus«,
sagte er. »Und ich speise noch immer häufig bei meinen Eltern. Aber du musst wissen, dass ich selbst hier schon lange nicht mehr wohne.«
Das hatte ich vergessen, aber da ich es nicht eingestehen wollte, fragte ich: »Wohnst du in der Nähe?«
»Mein Haus steht weiter zum Fluss hin, zwischen dem großen Kaufmannspalais Coldharbour und der London Bridge.« Eine äußerst feine Lage. »Ich werde deinen Vater darum bitten, dich dorthin zu begleiten, damit du es dir ansehen kannst. Schließlich wird es bald auch dein Heim sein.« Er hatte mich zu einer Bank geführt, die am anderen Ende des Gartens unter einem blühenden Apfelbaum stand.
Beim Setzen entzog ich ihm meine Hand, um meine Röcke auszubreiten, aber auch um mir das Frösteln nicht anmerken zu lassen, das mich bei dem Gedanken an ein Leben gemeinsam mit Janyn in dessen Haus befallen hatte. Ein Stück weit war ich mir selbst ein Rätsel geworden. Wollte ich mich im einen Moment noch an ihn klammern, so flatterte mir im nächsten schon der Magen bei der Vorstellung, mein Elternhaus zu verlassen und zu ihm zu ziehen. Ich atmete tief durch, sah mich um und lenkte mich ab, indem ich die mir bekannten Pflanzen zu benennen begann.
Janyn hatte sich leicht seitlich gesetzt, um mich ansehen zu können. »Ich fühle mich ebenso unwohl wie du, Alice. Wäre es nicht viel schöner gewesen, wir hätten einander per Zufall gefunden? Es fällt schwer, sich ungezwungen zu verhalten, wenn die Erwartungen so hoch sind.«
Mir gefiel, dass er mein Unbehagen bemerkt hatte und offen darüber sprach. »Ja. Ich habe das Gefühl, als hielten die anderen den Atem an und beobachteten uns genau, während sie zugleich vorgeben, uns überhaupt nicht zu beachten. «
Wir lachten beide und mieden anschließend sofort den
Blick des anderen, als wären wir zu schnell zu vertraulich geworden.
»Du weißt, dass ich Witwer bin, oder?«, erkundigte er sich. »Dass ich schon einmal verheiratet war und meine Frau gestorben ist?«
»Ja, ich weiß.«
Ich brachte den Mut auf, den Kopf zu heben, und sah, dass er mich mit zusammengezogenen Brauen musterte, als wolle er meine Gefühle ergründen. Ich hätte ihn gern beruhigt, doch ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Er nahm meine Hand und legte seine andere in einer schützenden Geste darüber.
»Mit dir beginne ich ein neues Leben, Alice. Was immer du in unseren Häusern auch ändern möchtest, damit sie dir besser gefallen und du dich darin wohler fühlst, das musst du tun. Ich möchte einzig und allein, dass du glücklich bist.«
Ich verstand nichts davon, die Einrichtung für ein Haus auszusuchen, und schon gar nichts davon, ein solch prachtvolles Heim zu gestalten wie das, in dem er aufgewachsen war. Und einen Garten wie diesen hatte ich auch noch nie angelegt. Um ihn nicht zu enttäuschen, behielt ich meinen Zweifel jedoch für mich.
»Sagtest du ›Häuser‹?«, fragte ich stattdessen. Es war die erstbeste ungefährliche Frage, die mir in den Sinn kam, und ich wollte unbedingt, dass er weiterredete. »Du hast mehr als eins?«
Er grinste und seine Augen leuchteten auf. Sie dazu bringen zu können, bereitete mir große Freude. »Ja. Eines in der Stadt und eines auf dem Land etwa einen halben Tagesritt entfernt. Gefällt es dir auf dem Land?«
»Ich kann mich nicht erinnern, jemals weiter als bis Smithfield gewesen zu sein. Ich habe immer in der Stadt gelebt.« Ich betrachtete eine Spinne,
Weitere Kostenlose Bücher