Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
das sündhaft war, wie aufrichtig meine Liebe für Edward auch immer sein mochte, denn ehelichen würde er mich niemals können.
Queen Philippa hatte mit diesem ruchlosen Tun jedenfalls Erfolg. Besonders schienen Edward meine tief ausgeschnittenen Schnürbrüste anzuziehen, und er unternahm erst gar nicht den Versuch, die Gier in seinen Augen zu verbergen, wenn sie auf mir ruhten. Tatsächlich begegnete er häufig einen Moment lang meinem Blick, wenn ich zu ihm sah, und senkte dann die Augen auf meine Brüste. Er wusste genau, was er wollte. Wäre er nur dreist genug gewesen, meine Röcke zu heben, hätte er – Gott steh mir bei – sofort entdeckt, dass ich nur allzu bereit war, mich ihm zu ergeben.
Janyn war fort. Damit hatte ich mich inzwischen abgefunden. Und ich war viel zu glücklich verheiratet und viel zu lange alleine gewesen. Mein Körper sehnte sich nach der Aufmerksamkeit eines Mannes, und dieser Mann war mein König.
An jenem schicksalhaften Vorfrühlingstag, als ich in den Stallungen erschien und nur Edward dort antraf, wusste ich daher genau, worauf unser morgendlicher Zeitvertreib heute hinauslaufen würde und – Gott möge mir verzeihen – ich war mehr als willig, ich war begierig darauf.
An diesem Morgen trug ich unter einem kurzen lincolngrünen, mit Fehpelz gefütterten Umhang einen roten Rock, dessen Rot jedoch ebenso auffallend herausstach wie das meiner Kappe. Es war ein Blutrot, gefertigt aus dem Scharlachstoff, den Edward mir geschenkt hatte. Er trug ein Wams und enge Beinlinge in einem dunklen Violettton, den man Purpur nannte. Die Farbe stand ihm gut. Wir leuchteten
wie Juwelen, als wir durch den Wald in die Wiesen und Auen hinausritten. Es war Anfang April. Wir verbrachten unsere letzten Tage auf Sheen, bevor wir zum Georgsfest nach Windsor aufbrechen würden. Über dem Boden waberte noch der Frühnebel und verstärkte meine Vorstellung, ich würde in einen Traum hinausreiten, in eine Welt jenseits der Zeit.
Wir jagten an diesem Morgen mit Falken. Meiner blickte mir einen Herzschlag lang scharf in die Augen, wenn ich ihn streichelte, dann wandte er sich ab, bereit zur Jagd. Diesen Blick auf mir zu spüren, diese Wildheit zu fühlen und diese tödliche Gefahr, die von seinem Schnabel und seinen Klauen ausging, immer wieder erregte mich diese Verbindung zwischen uns, hier waren zwei Raubtiere, die einander so leicht töten könnten, vereint in der Jagd. Wir konnten zwar nicht miteinander sprechen, konnten keinen Pakt schließen, dennoch vertrauten wir einander, berührten einander, genossen die gemeinsame Macht.
Der Falkner und ein Gehilfe waren bereits vorausgegangen, um sich im Sumpfgebiet nach den besten Jagdmöglichkeiten umzusehen, während ein weiterer Gehilfe und die Hunde bei uns warteten. Die beiden kehrten zurück und berichteten von Reihern und Enten ganz in der Nähe. Wir schlichen uns leise an, und das gebotene Schweigen steigerte die Erregung noch. Mein Falke entdeckte die Vögel noch vor mir und neigte sich plötzlich von mir fort. Ich spürte seine Anspannung. Die Hunde scheuchten einen Reiher auf. Ich hielt den Atem an und schnürte mit klopfendem Herzen meinen Falken los. Gebannt verfolgte ich, wie er aufstieg und dann in den Sturzflug ging. Der Reiher erhob sich in die Lüfte, erst eher ungelenk, dann, sobald er flog, ungeheuer anmutig. Ich bedauerte beinahe die Kunst meines Falkens, als er herabschoss und zuschlug. Der Falkner schickte den
besten Schwimmer aus seiner Meute aus, den Fang zu holen. Währenddessen kehrte mein Falke mit zitternden Federn und Blut an Krallen und Schnabel auf meinen Handschuh zurück. Ich drückte ihm leise meine Anerkennung aus.
Inzwischen war Edwards Vogel in der Luft und stürzte sich auf eine Ente, kurz darauf schnappte sich seiner einen Reiher, während meiner eine weitere Ente schlug. Wir lächelten und gratulierten einander stumm mit Blicken. Edward hatte mir einmal erzählt, dass die Abwesenheit menschlicher Stimmen während einer Jagd ihm einen eigentümlichen inneren Frieden schenkte – schon sonderbar, inmitten all dieses gewaltsamen Sterbens inneren Frieden zu empfinden, aber ich hatte ihn verstanden … das Kreischen der Vögel, das Flattern der Schwingen, das Hecheln der Hunde, das plötzliche Gebell.
Der Falkner und seine Gehilfen kümmerten sich um die Beute, während Edward mit leuchtenden Augen dicht an mich herantrat. Er sah prächtig aus in Purpur, sein langes weißes Haar drang wild unter seiner Kappe hervor,
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