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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
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bewusst wurde, was sie soeben über ihre Herrin gesagt hatte, bekreuzigte sie sich und bat mich, ihre Bemerkung zu vergessen. »Ich bin wütend auf sie, weil sie Euch Furcht macht und so tut, als würde sie Euch nicht lieben. Aber sie wird von bösen Geistern heimgesucht, Alice. Ihr seid nicht die Ursache für die Schwächen, die sie als Mutter hat, sondern das Opfer dieser Schwächen. Da werdet Ihr bei Dame Agnes gewiss viel glücklicher sein, oder?«
    »Aber dort werde ich dich nicht haben, nicht Mary und Will, nicht einmal John oder Vater.«
    Das trug mir eine Umarmung und einen Kuss ein.
    »Nein, wir können nicht alle mit Euch kommen, meine Süße.« Die Zuneigung in Nans Blick zerstreute meine Besorgnis ein wenig.
    »Wirst du mich besuchen?«
    »Ich glaube schon, dass der Master Euch gemeinsam mit Eurer Schwester und Euren Brüdern besuchen wird.«
    »Und was ist mit dir?«
    »Ihr werdet mich sehen, das verspreche ich. Zur Not komme ich allein vorbei.«
    Ich umarmte sie dankbar.
    Es war nicht so sehr die Vorstellung, eine Weile bei meinen Großeltern zu leben, die mich schmerzte. Obwohl wir bislang nur wenig Zeit allein miteinander verbracht hatten, mochte ich Großmutter, und auch sie schien meine Gesellschaft aufrichtig zu schätzen. Sie war eine imposante Frau, groß und kräftig, und ich bewunderte die Art, wie sie jeden Raum beherrschte, sobald sie nur eintrat. Mutter war auf eine zarte, feine Art schön, und die Leute hatten immer sofort das Bedürfnis, sie zum Lächeln zu bringen und sie zu umsorgen. Großmutter war eher elegant als schön,
und sie strahlte Autorität und Weisheit aus, was dazu führte, dass die Menschen ihr große Achtung entgegenbrachten und häufig ihren Rat suchten. Sie konnte dabei allerdings überraschend kritisch sein. Dann war ihre schonungslose Offenheit nicht selten schmerzhaft. Trotzdem zählte sie zu meinen Lieblingserwachsenen. Großvater Edmund ebenso, der ruhig und freundlich war. Ich war dankbar für die Einladung, vorübergehend bei ihnen zu wohnen.
    Doch es tat weh, derart eilig hinausgeworfen zu werden, so als würde mich Mutter gar nicht schnell genug loswerden können. Und Vater – ein paar Tage zuvor hatte er noch erzählt, wie sehr er unsere trauten gemeinsamen Stunden vermissen würde, wenn ich einmal verheiratet wäre, und dennoch drängte auch er mich jetzt zur Tür hinaus.
    Ich beschloss, das Beste daraus zu machen, während ich in die Halle ging, wo mein Vater und meine Geschwister schon bei Brot, Käse und Dickbier saßen. Doch mein guter Vorsatz wurde einer harten Probe unterzogen, als Mary zu weinen begann und Will erklärte, er habe keinen Hunger. Nur John zeigte sich neidisch.
    »Dir werden unsere Großeltern jeden deiner Wünsche erfüllen«, sagte er. »Ich muss für meinen Unterhalt arbeiten.«
    »Ich hätte nichts gegen arbeiten«, sagte ich. »Wenn man keine Arbeit hat, zieht der Tag sich viel zu lang hin.«
    John lachte. »Du wirst nachts schon bald so viel zu tun haben, dass du gerne den ganzen Tag schläfst«, sagte er.
    »John!«, bellte Vater mit wutrotem Gesicht. »Ich dulde nicht, dass du so an meiner Tafel sprichst.«
    Obwohl er seinen Kopf senkte und sich murmelnd bei Vater, mir und Nan entschuldigte, grinste John weiter. Ich saß in genau dem richtigen Winkel, um es sehen zu können. Er blickte in meine Richtung und mimte einen Kuss nach, woraufhin ich zu meinem größten Ärger errötete.
    Aber er war mein Bruder, und ich wusste, dass dieser vertraute Umgang schwinden würde, sobald wir uns nicht mehr täglich sahen. Und ich würde diese Vertrautheit vermissen.
    Zu bald schon erhob sich Vater von der Tafel und erklärte, wir müssten gehen. Erneut brach Mary in Tränen aus, und ich drückte sie so fest, dass sie sich zu winden begann, aber als ich losließ, klammerte sie sich an mir fest.
    »Geh nicht!«, schluchzte sie.
    Ich hob sie hoch, setzte mich wieder auf die Bank und trocknete ihre Tränen mit dem Saum meines Kleids.
    »Ich liebe dich, Mary, und ich wünschte, du könntest mit mir kommen. Aber du brauchst Nan, und sie kann nicht ebenfalls fortgehen und Will alleinlassen – verstehst du das nicht? In ein paar Monaten wäre ich sowieso gegangen, jetzt ist es nur ein wenig früher.« Ich plapperte bloß, doch sie hörte zu weinen auf, und als sie einen Schluckauf bekam, brachte ich sie sogar dazu, darüber zu lachen. Will fiel in ihr Lachen ein. »Siehst du? Nichts hat sich geändert. Wir sind noch immer so albern wie sonst!«
    Ich

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