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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
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der Beginn eines neuen, aufregenden Lebens für mich. Am nächsten Tag begleitete ich Janyn und meinen Bruder John, die sich die Stute ansehen wollten. Janyn brachte sie dazu, sich zu mir umzudrehen, so dass ich sehen konnte, wie hübsch sie war und wie leicht sie auf eine sanfte Berührung bereits reagierte. Seiner Anleitung folgend strich ich über ihr Gesicht, dann über ihren Hals, und plötzlich wurde ich hochgehoben und für einen kurzen Augenblick seitlich auf ihren Rücken gesetzt. Als Janyn mich wieder herunterhob, streiften seine Lippen meine Wange und Stirn. Oh heilige Maria, Mutter Gottes, fühlte es sich so an, die Geliebte Gottes zu sein? Ich bekreuzigte mich, da mir die Blasphemie meines Gedanken bewusst wurde, und mein Bruder lachte, da er dachte, ich würde wegen der Stute um Beistand bitten.
    Mutter sorgte dafür, dass ich nach meiner Heimkehr sofort
wieder auf den Boden zurückgeholt wurde. Seit dem Abendessen bei den Perrers hatte sie nicht mit mir gesprochen. Kein einziges Wort. Und als John und ich uns bei Tisch über die Stute unterhielten, hob sie mit lauter Stimme zu einer Erzählung über ihren heutigen Gang zum Markt an und darüber, welche Änderungen sie für den Garten plane. Vater wies sie für ihr Verhalten nicht zurecht, was mich tief in meinem Innern verletzte. Ich stand auf und stemmte mich dabei so energisch an der Tischplatte hoch, dass ich das Gefühl hatte, meine eiskalten Hände müssten zerspringen.
    Einige Tage später erhielt ich Nachricht, die Stute gehöre jetzt mir und mein Unterricht könne, obgleich Janyn eine Weile geschäftlich unterwegs war, beginnen, sobald meine Eltern mich zu den Stallungen in der Nähe von Smithfield bringen würden. Die Nachricht von Janyns Abwesenheit ließ meine Stimmung sinken, sie hob sich indes wieder geschwind, als Vater hinzufügte, dass der Hochzeitstermin für Ende Oktober festgesetzt worden war.
    Mutter sagte, wohlgemerkt zu ihm, nicht zu mir: »Deine Mutter hat angeboten, Alice bei den Vorbereitungen zu helfen. Daher schlug sie vor, Alice der Einfachheit halber bis zur Hochzeit bei ihr wohnen zu lassen. Ich hielt dies für einen sehr zweckmäßigen Vorschlag.«
    Ich hätte mich fast an dem Bier in meinem Mund verschluckt und erwartete nun eine wütende Reaktion von Vater.
    Aber er nickte. »Es ist für alle Beteiligten sicherlich das Beste, wenn Alice bis zur Hochzeit bei ihr wohnt.« Er sprach mit sonderbar sanfter Stimme und vermied es, in meine Richtung zu blicken.
    Die kleine Mary schrie auf. »Ich will mit!«
    »Großmutter soll hierherkommen«, sagte Will und schlug mit der Faust auf den Tisch.
    Ich hätte über den herrischen Ausbruch meines jüngeren Bruders lachen müssen, wäre ich nicht so schockiert gewesen. So rasch sollte ich bereits fort! Selbst John fragte, warum Großmutter oder ich nicht von einem Haus zum anderen laufen könnten, da die Entfernung doch so gering war.
    Aber Vater meinte: »Die Angelegenheit ist bereits entschieden. « Sein deutlich hervortretender Unterkiefer sagte mir, dass dies sein letztes Wort in dieser Sache war.
     
    Am nächsten Morgen lag ich im Bett und hoffte, von meiner Verbannung nur geträumt zu haben, doch kaum hatte ich die Decke zurückgeworfen und mit den Füßen die Dielen berührt, da platzte Nan herein.
    »Wie ich zu meiner Freude sehe, wollt Ihr ja gerade aufstehen«, sagte sie. »Ich habe Will und Mary in der Halle gelassen, um Euch beim Packen zu helfen. Lange kann ich sie dort aber nicht alleinlassen.«
    »Ich muss sofort gehen? Ohne mein Morgenbrot?«, jammerte ich, noch viel zu schlaftrunken, meine Verzweiflung zu verbergen.
    Nan sah von der Truhe auf, die sie geöffnet hatte. »Ach, meine liebe Alice. Nein, selbstverständlich werdet Ihr nicht ohne Essen weggeschickt. Der Master erwartet Euch in der Halle. Er möchte Euch, glaube ich, gerne wissen lassen, dass Ihr seiner Meinung nach diese Zeit im Hause Eurer Großmutter besser werdet genießen können. Wie er mir sagte, entspricht es Dame Agnes’ Wunsch, dies für Euch zu tun, schöne Kleider für Euch anfertigen zu lassen und ein Empfangszimmer einzurichten, in welchem Euer Verlobter Euch besuchen kann.«
    »Weil er hier nicht gerne empfangen wird. Hast du ganz gewiss keine Ahnung, warum Mutter Janyn so hasst?«
    »Um Eure Mutter zu verstehen … «, Nan schüttelte mein
zweitbestes Kleid heftiger aus als notwendig. »Das möchte ich erst gar nicht versuchen. Ich stelle mir in ihrem Kopf immer Spinnen vor.« Als ihr

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