Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Schwerfälligkeit, diese unvermittelten Schwächemomente. Ich war froh, dass Simon Langham eine Zufluchtsstätte für mich – für uns – vorbereitete. »Dürfte meine Großmutter mir bei der Geburt zur Seite stehen?«
»Wen immer du möchtest – im angemessenen Rahmen natürlich. Sobald Simon ein passendes Haus gefunden hat – wir dachten, irgendwo oben in den Fens nahe Ely, wo er als Bischof über Einfluss verfügt –, werden wir wissen, wie viele Personen du dort beherbergen kannst. Sei ganz beruhigt, mein Lieb. Du bist mir ein kostbarer Schatz. Ich werde gut auf dich aufpassen. Du wirst wohlbeschützt sein.«
Am Ende verbrachten wir die Nacht zusammen. Aber obschon er meinen Körper zu wärmen verstand, ließ das frisch gewonnene Verständnis meiner Lage mich doch innerlich erschaudern. Das Kind eines Königs in sich zu tragen, war eindeutig keine harmlose, persönliche Angelegenheit.
III-2
»Vorbei war aller Kummer, alle Angst,
Fürwahr sie wussten, dass an Seligkeit
Sie fühlten, was ein Herz vermöcht zu fassen.«
GEOFFREY CHAUCER:
TROILUS UND CRISEYDE, III 1685 – 1687
SOMMER 1364
Bella, Nan, Dom Hanneye und Gwen waren von Beginn an mit mir in Southery. Mary würde im September eintreffen, rechtzeitig zu meinem Kindbett. Dame Agnes wäre gerne gekommen, doch Großvater hatte Anfang des Jahres einen Sturz erlitten und sich so schwer am Rücken verletzt, dass er womöglich nie wieder würde laufen können, daher war ihr Platz natürlich an seiner Seite. Sie hatte angeboten, Bella bei sich zu behalten, damit das Kind den Schulbesuch nicht unterbrechen musste, aber die Zeit mit meiner Tochter war mir so kostbar, dass ich sie inzwischen geradezu hortete, weshalb ich Dom Hanneye gebeten hatte, sie während unseres Aufenthalts in den Fens zu unterrichten.
Nan schien wie beflügelt von der Aufgabe, den Platz von Dame Agnes in der Führung des Hausstands einzunehmen, wenn ich mich unwohl fühlte. Da ich mittlerweile zweiundzwanzig war, musste Nan meiner Berechnung nach sechzig sein, dennoch stand sie jeden Morgen mit dem ersten Sonnenstrahl
auf, um dafür zu sorgen, dass die Knechte auch die Feuer schürten und der Koch etwas Warmes und Nahrhaftes für Bella und mich bereithielt. Gwen hatte sie vor unserer Zeit in Southery gar nicht richtig kennengelernt und verfolgte jetzt bewundernd, wie geschickt Nan mit dem Gesinde umzugehen verstand.
»Nichts ist so unbedeutend, dass es ihrer Aufmerksamkeit entginge, und das haben alle Bedienten inzwischen verstanden. Sie benehmen sich derart wohlerzogen, ich könnte schwören, dass es nicht dieselben Leute wie bei unserer Ankunft sind.«
Das Haus verfügte zwar über eine Kammer oberhalb der Halle, aber die dort hinaufführende leiterähnliche Treppe war viel zu schmal und steil, als dass ich sie in meinem Zustand hätte bewältigen können, und so beauftragte ich einen örtlichen Schreiner, einen Teil der Halle für Gwen und mich abzutrennen. Er erwies sich als begabt und strebsam und hatte schon bald eine Reihe kunstvoller Wandschirme geschaffen, an deren Oberkante in einem geschnitzten Band die Jahreszeiten und das Federwild der Fens abgebildet waren. Unsere behelfsmäßige Kammer ließ in der Halle noch immer ausreichend Platz für Zusammenkünfte und gemeinsame Mahlzeiten. Bella und Nan schliefen in einem Teil der Dachkammer, Dom Hanneye und – wenn er anwesend war – mein Verwalter Robert Broun im anderen Teil.
Robert war als Verwalter wie als Freund eine feste Größe in meinem Leben geworden und hatte seine Verlässlichkeit bei zahllosen Gelegenheiten unter Beweis gestellt. Er trat selbstsicher und mit einer ruhigen Gelassenheit auf, sprach kenntnisreich über alle Verwaltungsfragen und liebte das Leben auf dem Land. Er kam wundervoll mit Bella zurecht und lud sie häufig ein, ihn zu begleiten, wenn er über die
Ländereien ritt. Er war blond, blauäugig, und sein ebenmäßiges Gesicht erstrahlte, wenn er lächelte.
Seine Zeit verbrachte er größtenteils auf meinen anderen Besitzungen. Dort kümmerte er sich um Baumaßnahmen, beaufsichtigte das Gesinde und kam einmal im Monat zu mir, um Bericht zu erstatten. Dom Hanneye und Richard Lyons lernten ebenfalls seine Meinung schätzen und baten ihn oft, sich mit ihnen zusammen Grundstücke anzusehen, die unsere geschäftliche Neugier geweckt hatten. Ich wollte unbedingt sicherstellen, dass es Bella und dem Kind, das ich trug, an nichts fehlen würde. Auf Edwards Unterstützung für das Kind allein wollte
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