Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Geoffrey Chaucer mit einer Mission beauftragt, die ich gewöhnlich niemandem anvertrauen würde, mit dem ich nicht bereits Erfahrungen gemacht habe. Aber offen gesagt, bist du keineswegs die Einzige, die hohe Stücke auf ihn hält. Sowohl Lionel als auch John waren mit seinen Diensten höchst zufrieden.«
Als Edward mir die Mission beschrieb, auf die er Geoffrey gesandt hatte, wurde mir ganz bang. Er war damit betraut worden, englische Soldaten aus Navarra zurückzubringen, die sich dort bei einem Streit zwischen dem rechtmäßigen König von Kastilien und dessen Halbbruder auf der falschen Seite verdingt hatten. Das war eine heikle und gefährliche Mission.
Besonders leid tat es mir für Pippa.
Aber auch für mich, denn es wollte mir scheinen, dass mit jedem Geschenk von Edward die Gerüchte um mich noch wilder wurden.
Trotz meiner Verlegenheit und meines andauernden Unbehagens über die kaum merklichen Veränderungen in Edwards Verhalten nahm mein Leben eine Zeit lang einen durchaus angenehmen Rhythmus an. In vielerlei Hinsicht festigte sich das Band zwischen uns, während wir verfolgten, wie sich unser Sohn entwickelte. John begleitete mich häufig, wenn ich seinen Vater besuchte, ebenso wie Bella, denn ihr Halbbruder zeigte sich in ihrer Gesellschaft am umgänglichsten.
Auch meine Stellung in Philippas Hofstaat hatte wieder die Form einer aufrichtigen Freundschaft angenommen. Wir waren inzwischen so wohlvertraut mit den Vorlieben und Abneigungen des jeweils anderen, dass wir uns kaum noch absprechen mussten. Wir suchten einfach die Stücke heraus, die unser beider Geschmack trafen, und lächelten uns einverständig zu. Inzwischen hatten wir es uns zur Gewohnheit gemacht, passend zu ihrer Garderobe immer gleich auch eine Sänfte hübsch auszustaffieren, und da ihre körperliche Gestalt weiter schrumpfte, verwendeten wir mehr Gold und mehr funkelnde Edelsteine, überhaupt alles, was Licht einfangen und die Königin zum strahlenden Mittelpunkt in einem überfüllten Saal machen würde. Nie ließ ihr Verlangen nach Schönheit nach.
Edwards Lust auf verschwenderischen Prunk allerdings ebenso wenig. Glücklicherweise alterte er mit mehr Anmut als seine Gemahlin. Seine Größe glich die zunehmende Korpulenz seines Rumpfs aus, und prächtige goldene Gewänder mit aufwendigen farbigen Stickereien, Umhänge mit Hermelin- oder Fehpelzfutter, Kopfbedeckungen, die mit Schiffen unter vollen Segeln oder Falken in Lebensgröße protzten, all dies wusste das majestätische Bild, das er abgab, nur noch zu steigern. Mit seinem wallenden weißen Haar, dem weißen Bart und den durchdringend blickenden blauen Augen war er eine langbeinige Gestalt, die einen Saal nie einfach nur gehend, sondern die ihn stets würdevoll schreitend betrat.
Die berauschenden Tage unserer Liebe lagen indes hinter uns. Janyn und ich wären vielleicht mit der Zeit mehr Freunde als Liebespaar geworden, obwohl ich bezweifle, dass ich mir darüber Gedanken gemacht hätte, denn wir wären schließlich offiziell miteinander verheiratet gewesen.
Spät in Johns zweitem Lebensjahr traf ich William Wyndsor nach mindestens vier Jahren zum ersten Mal wieder. Er sollte demnächst die Stellungen als Burgvogt von Carlisle Castle und Sheriff von Cumberland übernehmen, und kam während seines Aufenthalts in Südengland zu mir nach Fair Meadow hinaus. Er war stattlich wie eh und je und gab sich betont liebenswürdig, doch ich traute ihm weiterhin nicht. Da all seine Briefe, die er mir geschrieben hatte, unbeantwortet geblieben waren, verstand ich nicht, warum er mir noch immer nachstellte.
Er wohnte zwar nicht bei mir, sondern in einem nahe gelegenen Landhaus, aber selbst so achtete ich darauf, dass Robert Broun auf dem Gut anwesend war, solange sich William in der Gegend aufhielt, und lud ihn stets ebenfalls ein, wenn William zum Essen blieb. Gerechterweise muss ich sagen, dass er mich mit Respekt behandelte und sich nützlich machte, indem er mir etwa bei einer Grenzstreitigkeit mit einem Nachbarn half und mich auch bei verschiedenen anderen Vorhaben beriet. Seinen Empfehlungen folgend, konnte ich die schon lange schwelende Unstimmigkeit mit meinem Nachbarn bereinigen, wofür ich William sehr dankbar war. Auch Bella gegenüber verhielt er sich freundlich – vorausgesetzt er bemerkte sie. Es war unübersehbar, dass er wenig Erfahrung mit Kindern hatte und in ihrer Gegenwart häufig unangemessen derbe und brutale Geschichten von sich gab.
Doch mir wurde jedes
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