Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
wenig zu mir?«
»Ich kann nicht. Ich muss mich um die Kinder kümmern.« Ich eilte ins Haus zurück.
Kurze Zeit später meldete mir Robert, dass William und sein Knappe weitergeritten waren.
»Hat Seine Hoheit ihn geschickt? Gibt es Neuigkeiten?«, fragte er.
»Von Sandwich hat er nichts erwähnt. Er ist den weiten Weg hier heraus nur gekommen, um mir für den Verkauf dieses Anwesens zu danken – das kleine Gut, um das Ihr Euch auf meine Bitte hin gekümmert habt. Aber woher er wusste, wo er mich findet, und dann den Aufwand zu betreiben … das gefällt mir nicht. Welcher Mann ist schon so beharrlich, wenn ihm so wenig Hoffnung gemacht wird? Was führt er im Schilde? Wer hat ihn geschickt?«
Robert nahm meine Hände. »Ich werde mich seiner annehmen, sollte er zurückkehren.«
Ich drückte seine Hände. »Dies ist keine Bürde, die Euch zur Last fallen sollte, mein Freund.«
»Genauso wenig wie Euch.«
Roberts Anteilnahme gab mir neue Kraft, auch wenn sie die Sorgen nicht völlig vertreiben konnte. Edward durfte nichts von Williams Besuch erfahren, so harmlos dieser auch verlaufen sein mochte. In seinem angeschlagenen Gesundheitszustand fielen Edwards Reaktionen unberechenbar und oftmals unbedacht aus. Ich bat Robert, sich bei den Leuten in der Gegend umzuhören, ob der Besuch für Klatsch gesorgt hatte. Als er Tage später noch immer nirgendwo etwas aufgeschnappt hatte, begann ich zu hoffen, dass Williams ungebetenes Auftauchen ohne Folgen bleiben würde.
»Eure neuen Pächter haben große Vorteile aus Euren Baumaßnahmen hier gezogen, Alice«, versicherte Robert mir. »Selbst wenn ihnen etwas sonderbar vorgekommen wäre, glaube ich nicht, dass sie schlecht über Euch sprechen würden.«
Leider kam mir bald darauf zu Ohren, dass Baron Henry Percy von Williams Besuch wusste. Um nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf die Begebenheit zu lenken, ging ich gar nicht erst der Frage nach, ob John und Mary womöglich darüber geredet hatten, wie es Kinder nun einmal taten,
oder ob Henry Percy selbst es gewesen war, der William meinen Aufenthaltsort genannt hatte. Letzteres wäre mir gar nicht in den Sinn gekommen, hätte ich nicht um Percys immensen Ehrgeiz gewusst und mir gut vorstellen können, dass er Vorsorge traf, sollten sich die Kenntnisse von Williams Nachstellungen irgendwann einmal zum eigenen Vorteil verwerten lassen. Allerdings wusste ich nicht zu entscheiden, ob meine Besorgnis um Edwards schwindende Gesundheit und seinen unbesonnenen Vorsatz, persönlich ein Heer anzuführen, mich hinsichtlich meiner eigenen Zukunft so stark verunsichert hatte, dass ich Feinde vermutete, wo gar keine waren, oder ob ich ganz zu Recht das Gefühl hatte, die gegnerischen Reihen um mich herum würden sich zu schließen beginnen. Die verbleibenden Wochen unseres Aufenthalts in Norfolk begleiteten mich jedenfalls Angst und Unruhe auf Schritt und Tritt und trübten die Freude, meine Kinder und Dame Agnes in einer solch schönen Umgebung um mich zu wissen.
William sah ich erst bei meiner Rückkehr nach Westminster wieder, zu der es früher kam, als ich erwartet hatte.
Im Spätsommer verschlechterte sich das Wetter. Der König, der Prinz und die Barone warteten noch immer mit all ihren Männern, Schiffen und ihrer Ausrüstung in Sandwich auf ein Nachlassen der Stürme und Gewitter, um den Kanal nach Frankreich überqueren zu können, als die Nachricht eintraf, dass die bislang von England beherrschte Stadt La Rochelle durch Karls Truppen eingenommen worden war. Das Wetter hatte den beiden Edwards, Vater wie Sohn, eine Niederlage beschert. Mitte Oktober musste das Heer aufgelöst werden, ohne etwas erreicht, ohne sich überhaupt bewegt zu haben, und dies bei gewaltigen Kosten. Finanziell war es eine Katastrophe, denn für solche Feldzüge wurden
Gelder nur unter der Annahme bereitgestellt, dass die Säckel sich durch Lösegelder und Plünderungen rasch wieder füllen ließen. Darauf bestanden in diesem trübseligen Herbst keine Aussichten mehr. Zu allem Übel war das bedeutende aquitanische Reich damit für England so gut wie verloren. Nur ein paar Küstenstreifen befanden sich jetzt noch in englischer Hand. Edwards Traum, zugleich König von England und Frankreich zu sein, war gestorben.
In meinen Gebeten dankte ich für seine Rückkehr nach Windsor, aber er kehrte als gealterter und gebrochener Mann zurück, der sich zwar nur zu gerne ins Jagen, Reiten, Tanzen und in leidenschaftliche Liebesnächte geflüchtet hätte,
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