Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
glückliche Erinnerungen an mein Leben dort. Nur wenige betreffen allerdings Queen Joan, nicht weil sie unfreundlich oder einschüchternd mir gegenüber aufgetreten wäre, sondern weil sie mit ihren Pfleglingen wenig zu tun hatte. Die Hausmädchen
kümmerten sich um uns, und die meisten von ihnen waren nett. Mir ist durch meinen Aufenthalt dort nichts Schlimmes widerfahren, außer dass ich von Euch und Vater getrennt war.«
Als wir später Seite an Seite in meinem großen Bett lagen, sagte sie: »Es war immer schmerzvoll, von Euch getrennt zu sein. Ich hatte stets Angst, Ihr würdet irgendwann verschwinden wie Vater und Großmutter Tommasa.«
»War es also ein Fehler, dir es nicht erzählt zu haben?«
Sie drehte sich auf die Seite und küsste meine Wange. »Es war wahrscheinlich das Beste, dass Ihr damit gewartet habt, bis der König so krank war, denn jetzt bringe ich es gewiss nicht übers Herz, ihn dafür zu verurteilen.«
Nun fand ich auch den Mut, ihr meine Besorgnis über ihren Klostereintritt zu offenbaren. Sie hatte bereits mit fünfzehn ihr Gelübde abgelegt und wurde inzwischen Dame Isabella gerufen. »Hast du deine Entscheidung für ein Leben im Kloster wegen meiner Liebschaft mit Edward getroffen? «, fragte ich.
»Nein, Mutter. Ich habe es Euch schon so oft gesagt, dies ist meine Berufung, und ich habe sie nie bereut.«
Aus meiner Tochter war mittlerweile nicht nur eine weise, fromme und wunderschöne Frau geworden, sondern auch eine sehr einfühlsame. Ich war froh darüber und unendlich stolz auf sie.
»Was werdet Ihr tun, wenn Seine Hoheit stirbt?«, fragte sie.
»Daran möchte ich gar nicht denken, Bella. Eine Zeit lang werde ich wohl einfach nur trauern. Trauern um Janyn und um Edward.«
Meine Tochter schmiegte sich enger an mich und legte schützend einen Arm auf meine Schulter. »Möge Gott Euch Seelenfrieden gewähren, wenn all dies vorbei ist.«
Darum betete auch ich, aber ich wagte nicht zu sehr, darauf zu hoffen.
Vermutlich sprach Bella anschließend mit den Ärzten des Königs, denn ohne dass ich ein Wort darüber verloren hätte, erschöpft oder bedrückt zu sein, tauchten sie allesamt bei mir auf, um mir zu raten, Edwards Krankenlager doch für eine Weile zur Erholung zu verlassen. Zuerst widersetzte ich mich diesem Vorschlag, doch Bella überzeugte mich davon, dass es letztlich auch ihm guttun würde, wenn ich danach mit unbeschwerterem Herzen zurückkehrte.
Nachdem ich mich in meinem Londoner Haus ein paar Tage ausgeruht hatte, lud ich Robert und Richard ein, um mit ihnen über die Reparaturarbeiten in Finningley zu sprechen und auch über die Entschädigungen für jene, die bei dem Überfall verletzt oder von den Angreifern eingesperrt worden waren. Robert äußerte die Überzeugung, alles wieder in Ordnung bringen zu können, wirkte dabei jedoch spürbar zurückhaltend. Als er seinen Bericht abgeschlossen hatte, sahen er und Richard einander an. Richard nickte, beugte sich vor und ergriff nun das Wort.
»Eine Reihe von Leuten, die auf Finningley arbeiteten, möchten Eure Dienste gerne verlassen«, sagte er. »Einige aus Angst vor weiteren Abstrafungen, andere weil sie den Lügen der Angreifer über Euch inzwischen Glauben schenken.«
Mit Ersterem hatte ich gerechnet, nicht hingegen mit Letzterem, denn ich war stets darum bemüht gewesen, eine fürsorgliche und Bitten zugängliche Gutsherrin zu sein.
»Welche Art von Lügen? Ihr könnt es mir ruhig sagen, Richard. Ich bin nicht sonderlich empfindlich und möchte wissen, was die Leute über mich erzählen.«
Robert mischte sich ein. »Alice, vielleicht …«
Ich brachte ihn mit einem Kopfschütteln zum Schweigen. »Sprich weiter, Richard.«
Es war eine lange und mannigfaltige Liste. So hatte ich den König verhext, seine Berater durch meine Geschäftspartner und Buhlen ersetzt sowie verhindert, dass seine weisen Ratgeber ihn aufsuchen durften. Ich hatte durch Unzucht seine Manneskraft geschwächt. Außerdem wurde mir die Schuld an den hohen Preisen gegeben, am Verlust von Aquitanien, selbst an der auszehrenden Krankheit von Prince Edward.
»Lieber Gott im Himmel, offenbar halten sie mich für eine Zauberin oder Hexe!«
Richard ergriff meine Hände und wartete, bis ich ihm in die Augen sah. »Ihr werdet dies alles überstehen, beste Freundin. Dafür werden wir Sorge tragen.«
Ich wusste zwar nicht wie, war jedoch von ihrer Treue und Zuneigung gerührt. Ich dankte ihnen und zog mich in meine Kammer zurück, wo ich
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