Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
werdet?«
Eine eisige Hand umschloss mein Herz. »Nein! «, stieß ich aus, als wollte ich einen Fluch abwehren.
»Ah. Das wusste ich nicht.«
»Wer behauptet so etwas?«
»Wyndsor. Als wir uns trafen, um eine geschäftliche Abmachung zu unterzeichnen. Seine Selbstgefälligkeit war nur schwer erträglich.«
»Ich werde ihn nie heiraten. Niemals!«
»Ihr wisst, dass Wyndsor bald zurückkehren wird, oder? Nicholas Dagworth soll die Untersuchung gegen ihn leiten.«
»Dagworth? Aber der ist Williams erklärter Feind. Seine Hoheit weiß das genau.« Ich hatte allen Grund, William zu verdammen, aber ich glaubte dennoch, dass er in Irland nur treulich den königlichen Verordnungen hatte Achtung verschaffen wollen, um Edward damit beim Füllen der Kriegstruhe zu helfen.
Mit einem Achselzucken meinte Richard: »So habe ich es jedenfalls gehört.«
Mein verlässlicher Robert führte die kleine Reisegesellschaft an, die Anfang Mai von King’s Langley nach Gaynes in Upminster aufbrach. Meine Wünsche vorausahnend, wie es ihm häufig gelang, hatte er Joan und Jane bereits bei meiner Schwester in London abgeholt. Sie sorgten an diesem Frühlingsnachmittag im Nu für eine fröhliche Stimmung auf unserer Fahrt die Themse abwärts. Am frühen Abend traf auch mein Sohn John ein. Er durfte zwei Wochen bei uns bleiben, Henry Percy hatte mich also nicht im Stich gelassen. Ich fühlte mich glücklich und erleichtert in der Gesellschaft meiner Kinder, Gwens und Roberts.
Mittlerweile gefiel mir Gaynes sogar noch besser als Fair Meadow. Es war ein hübsches Haus, dessen Fenster das schönste Tageslicht einfingen und zugleich eine herrliche Aussicht auf hügelige Wälder und Wiesen boten. Ich hoffte, dass diese Stille hier nie von einer Gewalttätigkeit wie in
Finningley erschüttert würde. Selbst mein Sohn John erlag dem friedlichen Zauber und zeigte wieder sein einstiges liebevolles und hochherziges Wesen, bereitete seinen kleinen Schwestern viel Freude und auch mir großes Wohlgefallen. Noch heute halte ich es für einen der schönsten Momente in meinem Leben, als er mich fragte, ob er sich wie in früheren Jahren zum Mittagsschlaf neben mich legen dürfe.
Doch ungeachtet all des Trosts, den mir meine Kinder und Gaynes schenkten, befielen mich während dieses Aufenthalts häufig Unruhe, Kummer und Angst. Von Beginn an lechzte diese Parlamentsversammlung nach Blut – unter den Hofleuten sollte es William Latimer, John Neville und Richard Stury an den Kragen gehen, außerdem Richard Lyons als jenem Finanzmann, der diese Gruppe erst zu dem Verhalten verleitet hatte, in dem die Abgeordneten einen bloßen Machtmissbrauch zum Füllen der eigenen Geldsäckel sahen.
Offensichtlich hatte mit Peter de la Mare ein Mann Pembrokes die Führung der Bürgerlichen übernommen und darauf gedrängt, dass die Beschwerden offen vorgebracht wurden. Prince Edward, der es entschieden ablehnte, den Gemeinen auch nur irgendwelche Zugeständnisse zu machen, war zur Eröffnung der Versammlung zwar anwesend, musste sich aufgrund seiner Krankheit aber anschließend sofort zurückziehen.
Ich war entsetzt und überzeugt, als Nächste öffentlich geächtet zu werden. Hätte ich doch bloß eine Erkrankung vorgeschützt und mich nicht als Sonnenkönigin zur Schau gestellt! Jetzt würde ich womöglich alles verlieren – auch die Aussteuern meiner Töchter.
Überallhin schienen mich die Anschuldigungen zu verfolgen. Arbeitete ich im Garten, klang das Singen der Vögel wie Schelten. Ritt ich mit Robert oder meinen Kindern aus, glaubte ich im Hufgeklapper meines Pferds eine endlose
Litanei meiner Verfehlungen zu vernehmen. Meine Familie und Freunde konnten versuchen, mich mit wohlgefälligen Unternehmungen abzulenken, so viel sie wollten, ich wurde das Gefühl nicht los, ständig mein Gewissen zu erforschen, um mich auf das Beichtsakrament vorzubereiten, während zugleich meine Angst stetig wuchs, als Nächste vor den Beichtvater treten zu müssen.
So saß ich im Garten, sah Joan und Jane beim Spielen zu und las nebenher Sendschreiben von Geoffrey und meinem Bruder John. Schon der amüsant gebieterische Ton, in dem Joan ihrer Schwester Jane die ständig wechselnden Spielregeln auseinandersetzte, genügte, um in meinem Kopf mehr und mehr besorgniserregende Nachrichten wachzurufen.
Die Bürgerlichen behaupteten, die Kreditgeschäfte des ›Hofzirkels‹ seien in höchstem Maße frevlerisch und würden die Krone um hohe Summen betrügen, wir hätten, kurz
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