Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Angelegenheit nur noch schwieriger machen. Ich verspreche Euch, dass Ihr nicht angetastet werdet und dass jedwede Trennung von meinem Vater nur kurzzeitig sein wird. Ich weiß, dass er Eurer jetzt dringender denn je bedarf.«
Seine kalten Augen spendeten keinerlei Trost und ließen all die Beruhigung missen, die seinen Worten innezuwohnen schien.
»Eure Durchlaucht.« Ich verbeugte mich vor ihm und stieg weiter die Treppe hinab, wobei ich Sturys zur Stütze angebotene Hand akzeptierte. Sein Griff war fest und ermutigend. Ich war überrascht, als ich in seine Augen sah und dort Verständnis las.
Auf unserem Weg flussabwärts wollten mir Lancasters Worte nicht aus dem Kopf gehen. Jedwede Trennung von meinem Vater wird nur kurzzeitig sein. Sollte ich also den Löwen zum Fraß vorgeworfen und dann noch eben rechtzeitig gerettet werden? Meine Zukunft lag nun anscheinend in den Händen des Herzogs, einem Mann, dem ich nicht vertraute. In der Tat ein Grund zum Frösteln.
Bei meiner Rückkehr nach Gaynes fand ich meine Töchter ganz verstört über die abrupte Abreise ihres Bruders vor. Percy hatte eine Eskorte geschickt, um John in diesen unsicheren Zeiten zurückzuholen. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Mir selbst war ebenfalls nicht wohl bei dem Gedanken, in Gaynes zu bleiben. Meine Ankläger könnten denken, es liege zu nahe an Havering und ermögliche es mir so, im
Schutze der Dunkelheit stets rasch zu Edward hinüberzuschlüpfen.
Kurz nachdem Richard Lyons Hab und Gut beschlagnahmt worden war, wurde er verhaftet und zusammen mit einigen anderen in den Tower gebracht. Gewiss würde ich die Nächste sein.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Lancasters Angebot mochte meine günstigste Zuflucht darstellen, in diesem Fall müsste ich vor aller Öffentlichkeit beschämt mein Haupt senken und darauf bauen, dass er seinen Teil der Abmachung halten und sich nach Edwards Tod um mich und die Mädchen kümmern würde. Robert nähme mich sofort, und nichts wünschte ich mir sehnlicher, doch er könnte mich womöglich nicht beschützen und dann, so fürchtete ich, würde ich ihn mit ins Verderben ziehen.
Außerdem brachte ich es nicht übers Herz, Edward schon jetzt, so kurz nach dem Verlust seines einst so strahlenden Thronerben, zu verlassen. Für diesen Fall stand auch zu befürchten, dass er mir in einem Ausbruch seiner berühmten Plantagenet’schen Wut die Kinder wegnahm. John mit Sicherheit, vielleicht sogar Joan und Jane. Er mochte sie zwar nicht als seine Töchter anerkennen, liebte sie aber dennoch.
Die bürgerlichen Abgeordneten würden sich gewiss auf mich stürzen, schließlich hatte Lancaster schon gesagt, dass er es sich nicht leisten könne, mir beizustehen. Und ich wusste auch, warum er mich verriet: Der mächtige Duke of Lancaster und Möchtegernkönig von Kastilien hatte Angst vor den Gemeinen und ihrer Missbilligung seiner Liebe zu seiner Mätresse Katherine de Roet Swynford. Sie verübelten ihm seine gute gesundheitliche Verfassung, die sie lieber auf seinen weitaus beliebteren Bruder Prince Edward übertragen gesehen hätte. Der aber war nun tot.
Sein Sohn, der kleine Prince Richard, wurde kurz nach dem Tod seines Vaters dem Parlament vorgestellt. Dort verlangten die Abgeordneten, dass ihm umgehend das Fürstentum Wales übertragen werde, das sein Vater regiert hatte. Der König stimmte zu und zog sich dann nach Eltham zurück. Ich verstand zwar, warum er nicht zu mir kam, wie er es versprochen hatte, war darüber aber dennoch betrübt.
Das Parlament schleppte sich noch bis zum zehnten Juli hin, dann brachen seine Vertreter auf Barken nach Eltham auf, um die Zustimmung des Königs einzuholen. Stury, der Edward weiter unerschütterlich die Treue hielt, reiste kurz darauf über den Fluss zu mir nach Gaynes und setzte mich von den Anschuldigungen, die gegen mich vorgebracht wurden, in Kenntnis. Edward hatte ihn geschickt, damit ich Bescheid wusste und vorbereitet war. Zeige dich nie schwach vor ihnen.
Stury war seit dem Frühling stark gealtert. Die Ereignisse der letzten Monate hatten tiefe Spuren in seinen grimmigen Zügen hinterlassen. Ich empfing ihn in der kleinen Stube, die Robert und mir zur Erledigung von Schreibarbeiten diente, einem spärlich mit Tisch, einigen Stühlen, einem Kohlenbecken und einem Regal für die Geschäftsbücher möblierten Raum, dessen nach Süden weisendes Fenster jedoch viel helles Tageslicht spendete.
»Dame Alice, es bereitet mir keine Freude, Euch diese
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