Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
bücken konnte, und dies, obwohl es meinen Körper wie eine zweite Haut umfing. Zudem brachte das Rot Farbe auf meine Wangen an einem Tag, an dem sie sonst blass geblieben wären. Ich trug ein graziles Diadem aus Gold und Perlen, ein Geschenk von Dame Tommasa. Meine Schuhe waren aus rotem Satin und einem
Leder, dessen Gerbton dem dunklen Gold meines Surcots entsprach, der aus dem Stoff gefertigt war, den Janyn mir zur Verlobung geschenkt hatte.
»Du bist ein Bild der Schönheit«, sagte Dame Agnes. Tränen stiegen ihr in die Augen, und die Worte blieben ihr fast in der Kehle stecken.
Gwen hielt einen kleinen Spiegel so, dass ich mich betrachten konnte. Ich bewegte mich vor und zurück, drehte und reckte mich, stellte mich auf Zehenspitzen und ging in die Hocke, konnte allerdings stets nur unbefriedigend kleine Ausschnitte von meiner Garderobe sehen.
»Hätten wir doch bloß einen größeren Spiegel! «, sagte ich.
Als es an der Tür klopfte, ging Kate, um nachzusehen, wer es war, während die anderen drei mich hinter ihren Körpern versteckten.
»Dame Margery«, verkündete das Dienstmädchen und trat aus dem Weg.
Mein Magen verkrampfte sich. Ich hatte mich schon gefragt, wann Mutter erscheinen würde. Wie immer sie über diese Vermählung auch denken mochte, so wusste ich doch, dass sie sich die Gelegenheit gewiss nicht entgehen lassen würde, wenn schon nicht ganz, so doch immerhin fast im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.
Die anderen wichen zur Seite, als würden sie mich zur Betrachtung freigeben. Mutter stand noch in der Türöffnung, unschlüssig, ob sie willkommen war. In ihrem besten Seidenkleid und mit dem perlenbestickten Haarnetz sah sie ebenso brautgemäß aus wie ich, nur dass ihre Haare nicht offen über den Rücken fielen.
Ich streckte ihr meine Hände entgegen. »Mutter. Ich bin froh, dass Ihr gekommen seid.«
Als würde sie meiner Geste misstrauen, verbarg sie ihre Arme hinter sich. Sie trat einige Schritte näher, wobei hübsche
hellgraue Schuhe unter ihrem schwingenden Saum zum Vorschein kamen, verbeugte sich leicht vor mir, wandte sich dann zu Dame Agnes und verbeugte sich erneut.
»Ich werde dich mit deiner Tochter alleinlassen, während Kate mich ankleidet«, sagte Dame Agnes. »Möchtest du, dass auch Gwen geht?«
Mutter schüttelte den Kopf. »Ich hätte sie lieber hier, um zu bezeugen, dass ich in friedlicher Absicht gekommen bin.« Ihre Stimme hatte einen scharfen Unterton, der mir nur zu vertraut war. Sie fühlte sich herumkommandiert und unerwünscht, und um sich dafür zu rächen, würde sie bald über jemanden herfallen. Wahrscheinlich über mich, die Person, die sie derzeit für all ihr Unglücklichsein verantwortlich machte.
»In friedlicher Absicht?«, erwiderte ich ruhig. »Wir sind doch nicht im Krieg, Mutter.«
»Dein Vater denkt da anders, Alice. Und nun, komm her.« Sie ging zum Fenster hinüber. Ihr Seidenkleid raschelte prächtig beim Gehen. »Es gibt da ein paar Dinge, die ich dir sagen muss.«
Sich leicht verbeugend verließ Dame Agnes gemeinsam mit ihrem Dienstmädchen das Zimmer. Gwen tat beschäftigt mit Aufräumen.
Jetzt streckte Mutter die Hand aus, um meinen Surcot zu untersuchen, ertastete die doppelten Stofflagen und hob dann meinen Rock ein wenig, um sich meine Schuhe anzusehen.
»Du hast es gut getroffen, Alice. Solch kostbarer Stoff, feines Leder, Silber und Gold. Und Perlen in deinem Haar.« Mit missfälliger Miene fasste sie nach ihrem eigenen Haarschmuck. »Da hast du mich genau studiert.«
Ich war an der Auswahl der Perlen zwar überhaupt nicht beteiligt gewesen, doch es schien wenig sinnvoll zu sein, sie
korrigieren zu wollen. »Mir erscheint es durchaus natürlich, dass eine Tochter ihrer Mutter nacheifert«, meinte ich, bemüht, einen ruhigen, sanften Ton anzuschlagen.
Sie tat die Bemerkung mit einer Handbewegung ab. Hart und grausam bohrten sich ihre Augen in mich, als sie sagte: »Ich muss dir erklären, was dich heute Nacht erwartet.«
Wäre mir nicht sowieso schon bange vor dem Brautbett gewesen, ihr Blick und ihr Ton hätten gewiss dafür gesorgt. »Dazu besteht kein Grund. Dame Agnes hat mir bereits alles erzählt, was ich wissen muss.«
Mutter hob eine Augenbraue. »Ihrer Ansicht nach. Aber sie kennt deinen Verlobten schließlich auch nicht so gut wie ich. «
»Was hat das …« Plötzlich wurde mir bewusst, worauf sie anspielte, und meine Hand schnellte hoch, auf ihr Gesicht zu.
Mutter fing sie ab und lachte. »Wusstest
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