Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
in ihre Arme.
Sie drückte mich an ihren Busen, ließ mich dann los und trat einen Schritt zurück, um mich zu betrachten. »Was ist los? Gwen sah so blass aus, ich hatte schon Angst, ich würde dich hier in deinem Blut auf dem Boden liegend vorfinden. Gott sei Dank scheinst du unverletzt.« Sie kam wieder näher. »Es war Margery, habe ich Recht? Was hat sie zu dir gesagt?«
Ich erzählte ihr alles, und obwohl sie entrüstet darauf reagierte, dass ihr Sohn mich für derart unreif halten und so etwas verlangt haben sollte, musste sie eingestehen, nicht mit Sicherheit sagen zu können, ob es der Wahrheit entsprach oder nicht.
»Aber, mein liebes Kind, ich kann mir nicht vorstellen, dass Janyn sich damit einverstanden erklären würde. Ich habe euch beide doch zusammen gesehen. Und er ist reich wie Krösus.« Sie sank auf eine Bank und fächelte sich Luft zu, während sie überlegte. »Aber natürlich! «, rief sie plötzlich. »Gwen, wie lauten die Anweisungen, die du hinsichtlich der Vorbereitung der Brautkammer bekommen hast?«
Gwens Miene hellte sich auf. »Ich soll die Brautkammer heute Abend so vorbereiten, dass alle auf ihr Glück anstoßen können, wenn sie im Bett liegen. Zusammen im Bett liegen.« Sie sah erst mich, dann Dame Agnes an. »Würde Master Janyn dieses Ritual anordnen, wenn er tatsächlich versprochen hätte, was Dame Margery behauptet?«
»Es ist nun einmal Brauch, oder nicht?«, fragte ich.
»Nur ein Narr würde seinen Schwur einer derart grausamen
Prüfung unterziehen«, erklärte Großmutter. »Sei also guter Dinge, Alice!« Sie hob mein Kinn und betupfte mit einem Tuch aus feinem Linnen meine Augen.
Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass ich geweint hatte. »Sehe ich jetzt sehr schlimm aus?«
Gwen hielt einen Spiegel hoch, damit ich mich selbst überzeugen konnte. Ich sah nicht schlechter aus als zuvor.
»Es tut mir leid, dass ich die Klagen meines Sohnes über Margery so lange angezweifelt habe«, sagte Dame Agnes. »Sie ist wahrhaftig die bösartige Hexe, von der er immer berichtet.«
Der Rest des Tages ist mir nur in verschwommener Erinnerung, mit Ausnahme einiger kurzer Momente mit Janyn, in denen er mich mit einer solchen Begierde ansah und mit einer solchen Leidenschaft küsste, dass ich glaubte, wir würden wahnsinnig werden, sollte Mutters Behauptung doch zutreffen. Denn vom Gegenteil wirklich überzeugt hatten mich die Argumente von Dame Agnes nicht.
Als ich vor dem Kirchenportal mein Ehegelübde ablegte, versetzte mir jedes Versprechen meines Gehorsams einen Stich ins Herz, da ich an Vaters Anordnung denken musste. Doch wenn Janyn meinem Blick begegnete und mich mit solcher Glut und Liebe ansah, schöpfte ich wieder Mut.
Später beim Verlassen der Kirche, ergriff Janyn – mein Gemahl! – meine Hand und geleitete mich zur Gildehalle, in der unsere Hochzeitsfeier stattfinden würde, und trotz einer Gesellschaft von mehr als fünfzig Gästen, die alle um unsere Aufmerksamkeit rangen, war ich für den Rest des Tages nie außerhalb seiner Reichweite. An der Hochzeitstafel vermied ich sorgsam jeden Blickkontakt mit Mutter, und es muss mir auch gelungen sein, ihre Stimme völlig auszublenden, denn ich habe keine Erinnerung mehr an ihre Anwesenheit, nachdem sie meine Kammer in Großmutters Haus
verließ. Als wir von der Tafel aufbrachen, küsste mich Vater, schloss mich für einen Moment in die Arme und sagte, dass er für unser Glück bete und dafür, dass das Leben mir wohlgesonnen sein möge. Ich zögerte kurz, ihn nach dem Schwur zu fragen, da ich damit die Kluft zwischen ihm und Mutter nur verbreitern würde, sollte sie tatsächlich gelogen haben, doch dann konnte ich nicht anders.
Die Halle war voller Menschen und Qualm, und Vaters Hut saß genau im richtigen Winkel, um einen Schatten über sein Gesicht zu werfen, daher blieb mir sein Mienenspiel verborgen. Seine Worte jedoch klangen unaufrichtig, als er erklärte, er hätte in Erwägung gezogen, Janyn darum zu bitten. »Womöglich habe ich darüber mit deiner Mutter gesprochen. Aber letztlich habe ich mich doch dagegen entschieden. «
Also hatte Mutter eine peinigende Lüge ausgeheckt und Vater sie darin bekräftigt. Meine Sorgen um die wachsende Kluft zwischen meinen Eltern war überflüssig gewesen. Was sich tatsächlich verbreitert hatte, war der Graben zwischen meinen Eltern und mir.
Als es für Janyn und mich Zeit wurde, in unser Londoner Haus weiterzuziehen, verabschiedeten sich meine Eltern bedauernd und
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