Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
und einem Bedienten auf dem Markt, als ein Fremder sich mir näherte und nach Janyn fragte. Der Mann trug elegante Kleidung und besaß ein soldatisches Auftreten. Dies war zweifellos kein Kaufmann, der sich nach einem Gildemitglied erkundigte.
»Ich hoffe, seine Geschäfte in der Lombardei sind rasch erledigt«, sagte er.
»Da befindet Ihr Euch im Irrtum, mein Herr. Mein Gemahl weilt in Rouen«, erwiderte ich.
Er besaß die Dreistigkeit, meinen mit Fehpelz gefütterten Umhang zu befingern. »Königliche Gunst bringt zahlreiche Vorteile mit sich. Und viele Gefahren.«
»Lasst die Hände von meiner Mistress!«, verlangte mein Bedienter mit lauter Stimme.
»Ihr seid ganz offensichtlich nicht bei Verstand«, zischte ich und entfernte mich rasch, zu beiden Seiten abgeschirmt von meinen Begleitern. Ich weiß nicht, wie ich es nach Hause geschafft habe, so zitterten mir die Beine.
Janyns Eltern versuchten, ihre Bestürzung zu verbergen, als sie von dem Vorfall erfuhren, aber ich hielt es für keinen Zufall, dass sie plötzlich der Meinung waren, wir müssten uns um irgendwelche Baumaßnahmen auf Fair Meadow kümmern. So machten wir uns Ende Mai auf den Weg zu unserem Landhaus, und ich war froh, die Stadt und die Schattengestalten, die ich dort ständig irgendwo sah, hinter mir zu lassen. Sobald wir uns auf Fair Meadow eingerichtet hatten, nahm ich jede Gelegenheit wahr zu reiten und zu jagen. Bella wurde braun und pausbäckig und war hübscher denn je.
Doch ich hatte einen ständig wiederkehrenden Traum, aus dem ich mit einem bedrückenden Gefühl der Vorahnung erwachte, welches mich dann den ganzen Tag nicht verließ. In diesem Traum trat ich auf meinem Weg zum Markt in eine Pfütze, rutschte aus und versank tiefer und tiefer in einem dunklen, bodenlosen Meer. Ich erwachte in einem Bett, das aussah wie mein Bett, aber wenn ich aufstand, bestanden das Gesinde und die Familie, die in dem Haus lebten, nur aus Fremden – und diese Fremden konnten mich nicht sehen. Ich tat alles Erdenkliche, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, aber für sie war ich einfach nicht da.
Janyns Rückkehr Ende Juni verlieh mir kaum neuen Mut. Immerhin war ich erleichtert, dass er gesünder aussah als bei seiner Abreise und diesen gehetzten Ausdruck verloren hatte. Meinen Brief, in dem ich ihm vom Verlust des Kindes berichtete, hatte er erst auf der Rückreise erhalten, daher war
seine Trauer darüber noch frisch. Er schloss mich fest in die Arme und murmelte zärtliche, liebevolle Dinge. Allerdings spürte ich bei ihm nicht denselben stechenden Schmerz, der mein Herz noch immer durchbohrte. Vielleicht war es für einen Mann ja anders, da nicht er derjenige war, der das Kind zur Welt brachte. Verglichen mit seiner grenzenlosen Freude über Bella damals, bereitete mir die stille Resignation, mit der er unseren Verlust hinnahm, dennoch Sorge.
Irgendetwas lastete auf ihm. Er schien unfähig, sich in Ruhe einer Sache zu widmen oder sich mit Bella und mir zu entspannen. Das gemächliche Tempo auf dem Land machte ihn nervös, und häufig dachte er laut darüber nach, ob er nicht nach London zurückkehren sollte.
»Aber du bist doch gerade erst angekommen, mein Lieb. Ich hatte gehofft, wir würden uns gemeinsam mit Reiten und Jagen vergnügen. Ein wenig zusammen sein. Vielleicht auch einen neuen Spross zum Wachsen bringen.« Ich drückte meinen flachen Bauch.
Er küsste mich geistesabwesend. »Es gibt so viel zu klären, so viel zu planen.« Noch immer glaubte er, die Königinmutter würde vor Weihnachten sterben. Er hatte Isabella auf Leeds Castle getroffen, wo sie erneut erkrankt war, als sie dort auf ihrem Rückweg von einer Pilgerfahrt nach Canterbury Station machte. »Es heißt, sie leide an einem unglückseligen Irrtum betreffs der Stärke einer Medizin, ich bin jedoch davon überzeugt, dass bei ihr in Wahrheit gar keine Medizin mehr wirkt.«
»Deine Ergebenheit gegenüber Isabella ist billig und rühmenswert, Janyn, und es tut mir leid, dass sie so krank ist, aber wir haben jenseits ihrer Gönnerschaft noch so vieles, für das zu leben sich lohnt. Unsere Tochter wächst und gedeiht, und mit Gottes Segen und ein paar eigenen höchst vergnüglichen Bemühungen werden wir noch mehr Kinder
haben. Dein Gildemeister sieht eine erfolgreiche Zukunft für dich voraus. Und wir haben unsere Liebe, Janyn. Deine Trauer über die Königinmutter wird sich legen. Du hast dein Leben noch vor dir, nicht hinter dir.«
»Ich sollte mich mit dem Gildemeister
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