Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
günstig, meine Geschwister Mary und Will zu einer regelmäßigen Beschäftigung mit Bella zu ermuntern, damit sie mich bei deren Versorgung vor und nach der Geburt entlasten konnten. Aber Mutter brachte eine weitere Grausamkeit zuwege, indem sie Nan plötzlich verbat, Mary und Will in mein Haus zu bringen, und mir zugleich auch untersagte, sie in ihrem Haus zu besuchen.
Ich ging zu Dame Agnes, um mich danach zu erkundigen, wie Will und Mary dies aufnahmen.
»Dame Margery hat keine Begabung zur Mutterschaft«, sagte Großmutter, »und keinen Platz in ihrem kleinen Herz, um noch jemanden anderen zu lieben außer sich selbst. Ich wünschte, es wäre anders, für euch Kinder und für meinen Sohn.« Sie nahm mich in die Arme. »Mach dir keine Sorgen um Mary und Will. Ich werde ihnen ermöglichen, dich hier zu treffen. Margery wird es nicht wagen, mir die Stirn zu bieten. Und bring meine süße Enkelin mit, wenn du das
nächste Mal kommst, ich bitte dich. Ich liebe es, diesen Sonnenschein um mich zu haben.«
Sie erkundigte sich nach unserem Aufenthalt in Hertford Castle, wobei sie sich mir zuliebe darum bemühte, hinsichtlich der Königinwitwe offen und unvoreingenommen zu wirken. In deutlich besserer Stimmung kehrte ich nach Hause zurück.
Es war eine schwierigere Schwangerschaft als meine erste. Als mich die ständigen Ruhepausen immer ungeduldiger werden ließen und mir zugleich das befreiende Erlebnis des Reitens fehlte, empfahl Janyn, ich solle mich stärker auf den Unterricht konzentrieren, den er mir ermöglichte. Tatsächlich bereitete mir das Lernen großes Vergnügen, insbesondere Sprachen und Schriftwesen. Mir gefiel die Art, wie es mein Denken anregte und mich mit Fragen beschäftigen ließ, die nichts mit meinen unglücklichen Eltern zu tun hatten.
Und dann war da ja noch Bella, die mich stets aufs Neue erfreute und bezauberte.
Doch dunkle Wolken brauten sich am Horizont zusammen. Im Februar erhielten wir die Nachricht, die Königinmutter läge schwerkrank in Hertford. Dame Tommasa und ich beteten viele Stunden für sie. Die plötzlich an Besessenheit grenzende Frömmigkeit meiner Schwiegermutter erschreckte mich, unsere Gebete schienen indes erhört worden zu sein, denn zwei Wochen später war Isabella genesen und nahm ihr gewohntes Leben wieder auf. Janyn blieb allerdings davon überzeugt, die Königinwitwe werde innerhalb eines Jahres sterben, und diese Ahnung schien ihm alle Lebensenergie zu rauben. Ich verstand es nicht. Gewiss, sie war sehr großzügig uns gegenüber gewesen, und seine Reisen in ihrem Auftrag hatten ihm hohe Gewinne eingebracht, aber die Bücher, die ich mit ihm durchging, waren alle in bestem
Stand und seine Handelsgeschäfte wesentlich umfassender als die Aufträge, die er für sie erledigte. Sein Ansehen in London wuchs stetig, und sein Gildemeister sprach von ihm bereits als dem kommenden Bürgermeister. Dennoch wurde Janyn in einem Maße furchtsam, überfürsorglich und verzagt, dass es mir Angst einjagte.
Lagen wir im Bett, drehte er mir jetzt häufig den Rücken zu und verwehrte uns sogar noch diese Freude.
»Liebst du mich denn nicht mehr?«, fand ich endlich den Mut, ihn zu fragen, als er sich erneut abwandte.
Er drehte sich wieder um. »Meine holde Alice, ich liebe dich mehr, als Worte es auszudrücken vermögen.« Er drückte mich an sich und hielt mich einen Moment fest. »Ich bitte dich, verzeih mir, sollte ich dir Schmerz verursacht haben, aber meine Gedanken und mein Herz tragen schwere Lasten. Ich suche nach einem Weg, wie ich dich und unsere Tochter schützen kann.«
»Wovor?«
»Vor einer ungewissen Zukunft.«
»Der liebe Gott und du, ihr werdet uns schon beschützen, Janyn, mein Liebster.«
»Du bist noch so jung und unerfahren, Alice. So liebevoll und arglos.« Tränen erstickten seine Stimme, und er wandte sich ab.
Mehr und mehr hatte ich das Gefühl, dass er mich von sich abnabelte, meine Abhängigkeit von ihm löste. Meine Entschlossenheit, stark zu sein und Gottes Führung zu vertrauen, geriet ins Wanken. Ich verbrachte Stunden in der Kirche, betete und schüttete Dom Hanneye mein Herz aus. Weder Gott noch mein Beichtvater wussten mich über die Versicherung hinaus zu beruhigen, dass Janyn mich liebte und ich ihn.
Ich empfand beinahe Erleichterung, als Janyn Ende März
zu ›einer letzten Reise‹ für die Königinmutter nach Mailand aufbrach, weil ich so zumindest ein wenig Gelassenheit würde zurückgewinnen können.
»Sollte sich jemand
Weitere Kostenlose Bücher