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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
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zur einen Vertrauten und dann zur anderen beugten. Auf der anderen Seite des gefliesten Bodens widmeten wir
unbedeutenderen Frauen uns voll Eifer und Entzücken den herrlichen Stoffen, den Seidenfäden, ja selbst den Gold- und Silberdrähten, die uns beim Arbeiten in die Finger schnitten, während wir sie bewunderten. Wir besprachen die jeweilige Güte der Stoffe, und ich ließ mich mitreißen und erläuterte ausgiebig die verschiedenen Tucharten, die uns vorlagen, ihren Fadenlauf, ihre Färbung und Appretur.
    »Ist das Muster in dieser Taftbindung nicht raffiniert? Jeder dritte Faden ist herausgehoben, dann jeder sechste, jeder neunte und wieder jeder dritte«, erklärte ich etwa begeistert.
    »Sie sind alle in einer Farbe. Ihr werdet Euch mit dieser Zählerei noch die Augen verderben«, bemerkte Lady Ann darauf mit einem gelangweilten Lachen. Die anderen Hauben zitterten amüsiert.
    Oder wenn mir ein Satinsaum besonders gefiel, den wir an einen Schnürleib aus in sich gemusterter Seide nähten, rief ich aus: »Seht nur, wie dieses Indigo einen blauen Schimmer auf das Rot der gemusterten Seide wirft.« Ich konnte es mir einfach nicht verkneifen.
    »So ein treffliches Auge für Farben, Mistress Alice«, erwiderte Lady Eleanor dann darauf. »Wie gescheit Ihr seid. Treiben die Kaufleute auf diese Weise die Frauen ihrer Mitbürger in den Ruin, mit solch raffinierten Anpreisungen?«
    Ich hatte nicht begriffen, dass die Hochwohlgeborenen stolz darauf waren, solchen Details mit Nichtachtung zu begegnen.
    »Und wie ließe sich dieses Blau nennen, Mistress Alice? Ist es teuer? Oder könnte es sich auch eine Fischerfrau leisten ?«, konnte Lady Mary fragen.
    Die belustigten Blicke, die sie austauschten, während sie mich dazu anstachelten, den Umfang meines gemeinen Kaufmannswissens preiszugeben, brachten mich schließlich zum Schweigen.
    Unter den Frauen meines Standes galt ich als überheblich. Die Adelsfrauen betrachteten mich von oben herab, sahen in mir eine Gemeine, die ihren angestammten Platz nicht kannte, und behandelten mich wie eine Dienstmagd, sobald die Königin nicht anwesend war. Ich versuchte, eine bescheidene Haltung zu bewahren, und hoffte, auf lange Sicht Anerkennung zu gewinnen.
    Ihre höhnische Art verstärkte noch mein Unbehagen über Bellas hochherrschaftliche Erziehung so weit fort von mir. Ich fühlte mich sterbenselend und hatte Angst, meine eigene Tochter könnte sich eines Tages meiner schämen oder, schlimmer noch, mich vergessen. Dachte ich an ihr fröhliches Winken, als sie mit Queen Joans Gefolge abgereist war, raubte mir der Schmerz jedes Mal den Atem.
    Nur Philippa schien zufrieden mit mir. Obwohl der vermeintliche Zweck, zu dem Philippa mich an ihren Hof gerufen hatte – sie an jene praktischen Erwägungen zu erinnern, in denen eine Frau aus dem Kaufsmannstand bestens geschult war –, durch ihre Verschwendungssucht von Beginn an zum Scheitern verurteilt war, holte sie auch weiterhin meinen Rat ein. Dabei nannte sie die Handelsleute zwar gerne einen umsichtigen, besonnenen Menschenschlag, fand im Grunde aber nur an den reichsten Vertretern dieses Standes Gefallen, wie jenen, die mit ihrer Familie im Hennegau gefeiert und geprasst hatten. Und statt von mir zu lernen, wie sich nüchtern sachliche Entscheidungen treffen ließen, lehrte sie lieber mich, meine Hemmungen abzustreifen und meiner Sehnsucht nach schönen Dingen und meiner natürlichen Freude daran nachzugeben. So leistete ich mir denn bei meiner Garderobe verschwenderische Summen für Kleider aus Seide, Scharlach und eins sogar aus Seidensamt, da es mir gefiel, wie die weichen Stoffe meine Haut umschmeichelten. Aus geschmeidigstem Leder ließ ich mir Schuhe und
Stiefel anfertigen, in denen ich bei jedem Schritt zu schweben schien.
    Janyn befürwortete solche Ausgaben. Offenbar verstand er sie als Anzeichen, dass ich mein neues Leben zu schätzen lernte. Im Grunde war es den ganzen Aufwand schon allein deshalb wert, um seine Augen aufleuchten zu sehen, wenn ich mich vor ihm drehte und ihm meine neuesten Gewänder vorführte. Dann packte er mich an der Taille und wirbelte mit mir durch die Halle. Und für einen Moment war die Freude über das Zusammensein mit meiner großen Liebe so überwältigend, dass ich all die Befürchtungen vergaß, die mich sonst ständig beschäftigten. Doch war dies kein Ersatz für seine tägliche Gesellschaft und die Innigkeit, die ein gemeinsames Leben mit ihm auszeichnete.
     
    Aus Anlass von Bellas

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