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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
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drittem Geburtstag verbrachten Janyn, Bella, Dame Tommasa, Master Martin und ich im Juni einen wundervollen Monat als Familie auf Fair Meadow. Bella unternahm in dieser Zeit viel mit ihrem Vater. Janyn schenkte ihr ein Pony und brachte ihr das Reiten bei. Auch ich ritt mit ihr aus, aber sie bevorzugte es eindeutig, sich in der Bewunderung ihres stattlichen und stolzen Vaters zu sonnen. Das Wetter war herrlich, und alle schienen den ganzen Tag draußen sein zu wollen, ritten, spazierten umher oder kümmerten sich um den Garten. Sehr zu meiner Überraschung und Freude brachten Janyn und ich des Nachts unsere Liebe mit neuer Leidenschaft zum Wiederaufflammen. Es war eine glückselige Zeit, die mir noch einmal Hoffnung schenkte, und selten ist mir im Leben etwas so schwergefallen, wie im Juli in die Dienste der Königin zurückzukehren.
    Nach dem wundervollen Monat im Kreise meiner Familie setzte mir die Einsamkeit stärker zu denn je, und ich vermochte
mein Selbstmitleid nicht länger zu beherrschen, obschon ich wusste, wie sündhaft diese Schwäche war. Selbst meinen vertrauten Beichtvater, Dom Hanneye, hatte man mir genommen und nach Oxford versetzt. Mein neuer Beichtvater, Dom Creswell, war ein Mann des Hofes. Er war freundlich in seinen Empfehlungen, erkannte auch meine Unzufriedenheit und äußerte Verständnis, führte mir aber zugleich vor Augen, dass ich, da sich grundsätzlich an der Lage nun einmal nichts ändern ließ, entweder ständig das Unmögliche bejammern konnte oder versuchen, mit dem, was ich hatte, zufrieden zu sein. Ich begriff die Weisheit seines Ratschlags. Dame Tommasa hatte mich zu Ähnlichem ermahnt, als ich mich ein paar Monate zuvor in ihren Armen ausgeweint hatte.
    Ich konnte nicht in Abrede stellen, dass ich von Schönheit umgeben war und mir die meisten meiner materiellen Wünsche erfüllt wurden, sobald ich sie äußerte. Musik erfüllte meine Tage, ebenso wie Dichterverse, Lieder und Geschichten aus fernen Ländern. Es wurde viel getanzt, und ich lernte mit Vergnügen neue Schrittfolgen, genoss das berauschende Gefühl, mich von der Musik und den anderen Tänzern mitreißen zu lassen. Es gab wochenlange Feierlichkeiten mit Gästen aus anderen Königshäusern und mit illustren Stammbäumen, bei denen mit Falken gejagt und geritten wurde und Wettkämpfe und Turniere stattfanden. In den beschaulicheren Zeiten dazwischen bestickten wir die schönsten Garderoben mit edelsten Garnen, beteten in prachtvoll eingerichteten Kapellen, und stets standen Bediente bereit, um uns mit Kniedecken oder Umhängen zu wärmen, sollte uns frösteln.
    Dennoch sehnte ich mich nach meinen geliebten Häusern in London und Fair Meadow mit Janyn und Bella. Doch trotz unseres lustvollen Beischlafens im Juni regte sich noch
kein neues Leben in mir. Es schien, als habe Gott andere Pläne für mich.
     
    Im September brach Janyn nach Mailand auf. Es sollte nur eine kurze Reise sein, und er versprach, mir über Händler, die sich bereits wieder auf der Rückreise nach London befanden, Nachrichten zukommen zu lassen. Doch als es November wurde und ich noch immer nichts von ihm gehört hatte, bekam ich entsetzliche Angst um ihn und die gesamte Familie – Bella und mich eingeschlossen. Er mochte zwar auf Distanz zu mir gegangen sein, dennoch hatte ich nicht damit gerechnet, Janyn könnte dieses Mal womöglich nicht zurückkehren.
    Da sich der Hofstaat der Königin gerade in Sheen und damit nahe bei London aufhielt, bat ich um Erlaubnis, Dame Tommasa und Master Martin in der Stadt besuchen zu dürfen, und hoffte, von ihnen etwas Neues über Janyn zu erfahren. Inzwischen musste doch jemand aus der Lombardei nach London zurückgekehrt sein, der ihm auf der Reise begegnet war. Ich erwischte die Königin in einem unaufmerksamen Moment, und sie erklärte sich einverstanden, sofern Wachleute vom Hof Gwen und mich zum Schutz begleiteten.
    So reisten wir zusammen mit meinem Pagen Stephen in die Stadt, während uns zwei Wachleute in gebührendem Abstand folgten. Als wir uns dem Haus der Perrers näherten, wurde ich furchtbar unruhig, und die schrecklichsten Szenen schwirrten mir im Kopf herum. Ich legte eine kurze Pause in St. Mary Aldemary ein, um meine Fassung wiederzugewinnen. In der Kirche herrschte selige Stille, als ich mich vor den Marienaltar kniete. Gwen legte mir einen wärmenden Umhang über und zog sich an die Seite von Stephen zurück, der weit hinter mir auf einer gegen Zugluft stärker
geschützten Bank Platz

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