Die Verwandlung - Blutsbande 1
zur Tür, dann wieder zu mir. „Ich schwöre dir, solange du hier bist, wird dir nichts passieren.“
Als wolle er mich überzeugen, ging er zum Schrank im Flur und öffnete ihn. Zum Vorschein kam eine beeindruckende Reihe mittelalterlich aussehender Waffen.
„Das ist besser als ein Nachtwächter“, musste ich zugeben.
Nathan schlug vor, ich könne sein Bett benutzen. „Ich bleibe noch auf, bis Ziggy nach Hause kommt.“
Ich sah mir die Couch an und stellte fest, es sei das Beste, nicht über das Bett zu verhandeln. Das Sofa sah nicht sehr bequem aus, und da es in einem Männerhaushalt stand, wirkte es auch nicht sonderlich sauber. Aber ich sagte nichts. „Du kümmerst dich um Ziggy, nicht?“
„Ziggy?“ Er nannte den Namen mit aufrichtiger väterlicher Zuneigung. „Hm, nun ja, er hat sonst niemanden.“
„Du auch nicht.“
Ich hatte es gesagt, ohne nachzudenken. Aber mein Satz traf offensichtlich ins Schwarze. Der Ansatz eines Lächelns auf seinem Gesicht verschwand sofort. Ich konnte ein kleines Zucken seiner Augenlider bemerken, bis er sein neutrales Gesicht wieder aufgesetzt hatte und wie der höfliche Bekannte wirkte, der mich auf Armeslänge von sich weghielt.
Ich hatte keine Ahnung, warum ich mir überhaupt darüber Gedanken machte, aber so war es nun einmal.
„Hör zu. Du hast eine harte Nacht hinter dir, und diese Wunden werden nicht heilen, wenn du dich nicht genügend ausruhst.“ Er deutete auf den Flur. „Das Schlafzimmer ist ganz am Ende.“
Ich weiß, wann es Zeit ist zu gehen. Ich war schon den halben Flur entlanggegangen, als er mich noch einmal ansprach. „In der untersten Schublade der Kommode sind T-Shirts. Du kannst dir eines herausnehmen, wenn du willst.“
Ohne Nachzudenken ging ich zur Kommode. Ich hatte Nathan erst vor kurzer Zeit kennengelernt, und in seinem Bett zu schlafen war schon intim genug. Eigentlich brauchte ich nicht auch noch Kleidung von ihm zu tragen. Aber der Gedanke, nackt schlafen zu müssen, sprach mich auch nicht sonderlich an. Ich zog mich aus und verzog vor Schmerz das Gesicht, weil die Bewegung schrecklich wehtat. Als ich mich hinlegte, stöhnte ich auf.
Laute Schritte kamen den Flur hinab, und Nathan stürmte Sekunden später ins Zimmer. „Bist du okay? Brauchst du etwas gegen die Schmerzen?“
Seine unmittelbare Reaktion auf ein Geräusch, von dem ich glaubte, er habe es nicht hören können, zermürbte mich. Ebenso sein besorgtes Gesicht.
Er wartete meine Antwort gar nicht ab, sondern verschwand in Windeseile und kam mit einem großen Werkzeugkasten aus Metall wieder. Er setzte sich auf das Bett, stellte die Kiste auf den Schoß und öffnete sie. „Okay, was brauchst du? Es gibt Morphium, Meperidin, Vicodin, Valeron … ich habe örtliche Betäubungsmittel, aber die würde ich lieber für schlimmere Fälle aufbewahren.“
Während er mir weiter Medikamente aufzählte, schielte ich an seinem Arm vorbei in den Kasten. Seine Erste-Hilfe-Box war besser ausgestattet als der Giftschrank in der Notaufnahme im Krankenhaus. Jede Wette, an die Substanzen war er nicht auf legale Art und Weise herangekommen. „Woher hast du das alles?“
„Verbindungen von der Bewegung.“ Er hob eine Dose mit Tabletten hoch und kniff die Augen zusammen, um das Etikett entziffern zu können.
„Ich dachte, ihr Jungs seid so hinterher, eure Spezies aussterben zu lassen?“ Ich griff nach einer Spritze und einer Ampulle Meperidin. „Mit dem hier werde ich gleich schlafen können. Hast du eine Manschette?“
Er gab mir den gepolsterten Streifen Latex. „Die Regeln besagen, dass wir das Leben eines Vampirs, noch nicht einmal unser eigenes, nicht retten dürfen. Wenn unsere Fähigkeit, eigene Krankheiten und Wunden selbst zu heilen, nicht ausreicht, dann war’s das. Das alles hier nützt mir gar nichts, wenn es mich richtig böse trifft. Aber es gibt keine Regel, die besagt, dass man sich die letzten Lebensstunden nicht ein wenig nett machen dürfte. Brauchst du Hilfe?“
Ich hielt die Latexmanschette mit den Zähnen fest und wickelte das andere Ende um meinen Arm, so wie ich es in Trainspotting gesehen hatte. Im Krankenhaus hatte ich genug intravenöse Spritzen verabreicht, aber es bei sich selbst zu machen, war leichter gesagt als getan. Als ich meinen Kopf schüttelte, um Nathan ein Nein zu signalisieren, flutschte das Gummiding aus meinem Mund und knallte mir ins Gesicht.
„Lass mich mal.“ Er lachte leise in sich hinein, als er mir die Manschette um den
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