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Die Verwandlung der Mary Ward - Roman

Die Verwandlung der Mary Ward - Roman

Titel: Die Verwandlung der Mary Ward - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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was in Städte gehörte. Ihr bläuliches Licht erinnerte ihn an die unruhigen und gleißenden Lichter einer Großstadt. Er wollte nicht ein viereckiges Stück Großstadt in seinem Wohnzimmer haben.
    Daher schrieb Estelle an Cord: »Was mir im Mountview geholfen hat, gesund zu werden, war Was bin ich? «
    Cord saß in seinem Sessel und wunderte sich darüber. Doch dann erinnerte er sich daran, wie sehr ihm selbst The Brains Trust gefallen hatte, wie es ihn beruhigt und ihm das Gefühl gegeben hatte, daß er und sein Land in Sicherheit waren. Er antwortete Estelle, sie solle einen Fernseher mieten, er würde es zahlen.
    Eines Nachmittags wurde er gebracht. Als erstes sah Estelle Muffin the Mule. »Hallo, Kinder«, sagte Muffin.
    Die Fernsehtechniker waren aufs Dach geklettert und hatten am Schornstein eine große Fernsehantenne angebracht. Trotzdem war das Bild unscharf, nicht so klar und deutlich wie im Mountview, und Estelle beschwerte sich darüber. Man sagte ihr, ein Baum störe den Empfang aus London. »Wenn ich an Ihrer Stelle wäre und das Geld ausgeben würde, ließe ich den Baum fällen.«
    Sonny, der draußen auf einem Weizenfeld war und die vom Wind umgewehten Ähren betrachtete, sah die Antenne am Haus hochgehen. Er erriet, was geschehen war. Thomas Cord hatte Estelle schon immer verwöhnt, ihr stets nachgegeben und ihr eingeredet, daß sie einen Schutzengel habe. Und jetzt, in der Mitte ihres Lebens, sah sie, daß dies gar nicht stimmte. Niemand hatte einen Schutzengel, den gab es nur im Kino. Das war es also, was sie nun wollte, ihr eigenes kleines Kino. Sonny spuckte auf den Weizen. Er dachte: Mit diesem Fernseher wird mein Leben nicht mehr so wie früher sein. Er wird mir jeden Abend irgendeinen Schaden zufügen.
    Doch Estelle änderte sich.
    Anstatt wegzugehen und in den Fluß zu starren, anstatt allein in dem trübsinnigen Licht der Abenddämmerung spazierenzugehen, saß sie ruhig im verdunkelten Zimmer und wartete auf den Beginn des Programms. Sie weinte jetzt nicht mehr im Schlaf, sondern sprach mit einer mädchenhaften und glücklichen Stimme. »Hallo, Pop-pickers«, sagte sie eines Nachts.
    Das Abendessen war rechtzeitig fertig. Sie bereitete es am frühen Nachmittag vor, ehe das Fernsehprogramm begann. EinTeil ihrer verlernten Ordentlichkeit kehrte zurück. Und ab und zu auch ihr verlerntes hinreißendes Lächeln.
    Sie sagte zu Sonny: »Da ist nur noch eins: der Baum.«
    Sonny erwiderte: »Dieser Baum ist hundert Jahre alt.«
    »Ständig werden Bäume gefällt.«
    »Nicht von mir. Nicht auf meinem Land.«
    Am Abend des Tages, an dem Lindsey zu Besuch kam, wurde über das Schicksal des Baumes entschieden. Es war eine Buche. Ihre oberen, grauen Wurzeln waren wie ein perfekter Fächer über den Boden gebreitet.
    Marys Vorbereitungen für Lindseys Besuch waren anstrengend gewesen. Sie hätte sich gern hingelegt und geschlafen und einen Traum von Lindsey an die Stelle der Wirklichkeit treten lassen. Im Traum gäbe es keine Lüge über das Pony.
    Auf der Suche nach Schwertern für den Kastentrick war sie auch in Loomis’ Schlachthof gewesen. Sie war zu dem Schluß gekommen, daß Messer noch größere Angst bei ihren Zuschauern hervorrufen würden als Schwerter. Der Tod durch Schwerter war altmodisch, der durch Messer modern, ohne jede Ritterlichkeit.
    Sie hatte gehofft, Walter anzutreffen und mit ihm ins Gespräch zu kommen, indem sie sich nach seinen Zähnen erkundigte. Es war jedoch nur Pete da, der in der Sonne die Blutrinne auswischte. In dem grellen Licht wanderte Petes schielendes Auge so verrückt umher wie lebende Zellen unter dem Mikroskop. Als sein Blick auf Mary fiel, machte er einen verblüfften Eindruck. »Was willst du denn hier?« wollte er wissen.
    Mary fragte nach Walter und hörte, daß er im Laden arbeitete. Sie erklärte Pete, daß sie ein Zauberlehrling sei und zehn scharfe Messer für den kühnsten Trick ihres kurzen Lebens als Magier benötige. Pete zog einen rot-weißen Lappen aus der Tasche und wischte sich damit übers Gesicht.
    Er sagte, daß man als Schlachter schon mal merkwürdige Anfragen bekäme, doch noch keine sei so seltsam wie diese gewesen. »Wie alt bist du, Mary Ward?«
    »Zwölf«, sagte Mary.
    »Zwölf«, wiederholte Pete, »und du möchtest, daß ich dir nicht ein, sondern zehn Messer gebe, die so scharf sind, daß man damit einem Mann den Kopf abschneiden kann?«
    »Ja«, antwortete Mary. »Nur für einen Abend.«
    Er lachte und wischte sich mit dem Lappen

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