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Die Verwandlung

Die Verwandlung

Titel: Die Verwandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Sampson
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lief, um ihrem Gefährten hinterherzuschnüffeln. Was den Schützen betraf, konnte ich nicht so denken. Ich war etwas weniger paranoid als tags zuvor, doch er war immer noch da draußen und wartete… Ich setzte mich an meinen Computer und suchte erneut » Emily Cooke « . Vielleicht hatte es in dem Mordfall ja inzwischen einen Durchbruch gegeben oder einen neuen Artikel, der Details über bisher unveröffentlichte Beweise am Tatort enthüllte. Irgendetwas, das sie mit mir in Verbindung brachte. Oder aber ich hatte Glück und fand heraus, dass sie den Schützen gefasst und hinter Gitter gebracht hatten. Der einzig neue Artikel, den ich fand, war eine Todesanzeige. Sie sagte im Wesentlichen aus, wen Emily C. zurückließ und dass sie vermisst werden würde. Außerdem, dass ihre Beerdigung heute Mittag stattfand. Ich schaute auf die Uhr. Es war kurz nach halb neun. Ich saß da und dachte über Emily Cooke nach. Hier ist die vollständige Summe dessen, was ich von ihrem Leben wusste, bevor sie starb: Sie war hübsch. Ihre Eltern waren wohlhabend. Viele Leute mochten sie. Und sie und ich teilten uns denselben Vornamen. Das war erbärmlich wenig Wissenswertes über jemanden. Es war seltsam, doch plötzlich spürte ich einen unergründlichen, tiefen Verlust. Seit der letzten Woche hatte sich nichts verändert bezüglich unserer Nicht-Beziehung, mit Ausnahme des Tages, an dem ich gefürchtet hatte, dass sie um mich herum war und darauf warte, Besitz von mir zu ergreifen. Aber jetzt wusste ich, dass es, obwohl es sich um etwas anderes handelte, als ich ursprünglich angenommen hatte, tatsächlich eine Verbindung zwischen uns gab, die tiefer ging als unser gemeinsamer Vorname. Etwas, das scheinbar nur eine Handvoll Menschen geteilt hatte. Und nun würde ich nie mit ihr darüber reden können. Vielleicht war das ja eine Überreaktion. Ich weiß nicht. Mag sein, dass ich einfach so emotional reagierte, weil ich das Gefühl hatte, dass mich die einzigen Menschen, die sich etwas aus mir machten, im Moment dafür hassten, wie ich mich benommen hatte. Doch wenn ich recht hatte, wenn der Grund dafür, dass Emily C., Dalton und ich ins Visier geraten waren, der war, dass wir etwas gemeinsam hatten, etwas, das uns veranlasste, uns bei Anbruch der Nacht zu verwandeln, unsere Körper zu verändern, wenn wir unter dem Sternenhimmel umherrannten… dann hatte ich etwas verpasst. Ich hatte so viel Zeit damit verbracht, von anderen Jugendlichen in der Schule ignoriert zu werden, dass ich darüber vergessen hatte, dass ich sie meinerseits ebenfalls irgendwie ignoriert hatte.
    Es war zu spät, Emily C. kennenzulernen und von Mädchen zu Mädchen über unser gemeinsames, monströses Geheimnis zu sprechen. Aber ich konnte ihr zumindest die letzte Ehre erweisen.
    Dawn fuhr mich nach dem Mittagessen zu der Kirche, in der Emilys Trauerfeier stattfand. Sie war nicht gerade darauf erpicht gewesen hinzugehen, aber als ich ihr sagte, ich würde auf alle Fälle daran teilnehmen, zur Not auch zu Fuß, bestand sie darauf, mich zu fahren. Ich trug eine schwarze Hose und eine schwarze Bluse, die an den ungünstigsten Stellen Falten warf– ein Outfit, das ich mir aus dem Kleiderschrank meiner Stiefmutter ausgeliehen hatte. Beim Einbiegen auf den Parkplatz der Kirche spähte ich aus dem Fenster von Dawns Wagen. Es war ein heller, klarer Tag. Neben der Kirche befand sich ein Park. Anstatt der üblichen Kinderspielgeräte bestand er einfach nur aus einem netten offenen Feld mit Tannen und Birken, die in der kühlen Brise wogten, während die Blumen um den vergitterten Pavillon herum noch immer blühten. In dem Park fanden für gewöhnlich Hochzeiten statt, doch heute konnte ich in dem Pavillon schwarz gekleidete Gestalten sitzen sehen, die sich jeweils an der Schulter ihres Gegenübers ausweinten. Ich nahm an, dass Emily C.s Sarg nach der Zeremonie auf einen Friedhof gebracht würde. Der Platz um die Kirche herum war von Autos derart überfüllt, dass Dawn am Straßenrand vor dem Gelände parken musste. Wir traten in die Kapelle ein, deren Kirchenbänke sich bereits mit düster dreinblickenden Trauergästen gefüllt hatten. Ich sah Lehrer aus unserer Schule, wie etwa Ms. Nguyen, Seite an Seite neben Emilys Freunden sitzen, unter ihnen Mickey Harris und Mai Sato. Mai weinte ganz ungeniert, und Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. Ich glaube nicht, dass ich sie jemals zuvor hatte weinen sehen, nicht einmal, als sie sich letztes Jahr beim

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