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Die verzauberten Frauen

Die verzauberten Frauen

Titel: Die verzauberten Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Schulz
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senkenden Sonne verführerisch glitzern. Das Rheingold, Lohn für den mutigen Helden.
    Obwohl es noch lange nicht dämmerte, brannte auf dem Anwesen Nummer eins Licht. Der gesamte Garten war trotz der Tageshelle künstlich erleuchtet. Tibor war verblüfft über die waghalsige Architektur. Er trat an das Portal. Porethe, las er. Er hatte es geahnt, obwohl der Anrufer keinen Namen genannt hatte. Er war am richtigen Ort.
    Alles vor ihm lag hell und ruhig da. Kein Hund, keine Menschen, nur Licht.
    Er wollte klingeln. Aber plötzlich hielt ihn etwas davon ab. Er verstand seine Bedenken selbst nicht. Tibor trat näher heran und spähte durch das schmiedeeiserne Gitter. Er erblickte einen verwilderten Garten. Im Hintergrund stand eine seltsam verrenkte Figurengruppe aus Marmor. Durch die Berührung bewegte sich das Gartentor. Tibor bemerkte, dass es geöffnet war. Die Hausherrin hatte dafür gesorgt, dass er eintreten konnte.
    Nach kurzem Zögern beschloss er, doch zu klingeln, er war gut erzogen.
    Er wartete ab. Nichts rührte sich.
    »Hallo?«, rief er. »Ist da jemand?«
    Ein entferntes Lachen. Oder hatte er sich getäuscht? Es klang wie durch Mauern hindurch.
    »Frau Porethe?«
    Tibor stieß das Gartentor ganz auf und machte ein paar Schritte in den Garten hinein.
    Sein ungutes Gefühl verstärkte sich. Aber er konnte ja noch einmal an der Haustür klingeln.
    Wieder dieses entfernte Lachen. Die Hausbesitzerin feierte. Aber es war ein Männerlachen gewesen.
    Tibor setzte jetzt mechanisch einen Fuß vor den anderen. Sein Ermittlerinstinkt war erwacht. Er fühlte keine Angst, was konnte ihm schon geschehen.
    Aus einem vergitterten Kellerfenster drang Licht. Er versuchte, etwas zu erkennen. Er musste von einer Seite zur anderen wechseln, um im Zwielicht etwas wahrzunehmen, dann erblickte er durch den Spalt des gekippten Fensters eine Art Krankenzimmer. Ein Operationstisch, mehrere mehrbeinige Beistelltischchen. Daneben auf einer längeren, lederbezogenen Bank Seziermesser in einer weißen Schale, Wattebehälter, Gläser mit Flüssigkeiten. Tibor schrak zurück. Der Anblick hatte etwas Barbarisches, etwas plump Inszeniertes. Dieses Bild passte so gar nicht in die virtuelle Landschaft dieses Falles, wie er ihn bisher gesehen hatte.
    Er wollte sich soeben umwenden, um den Rückweg anzutreten und vielleicht noch einmal am Gartentor zu klingeln. Da hörte er, wie ein Auto vorfuhr.
    Sein erster Impuls war, sich zu verstecken. Er konnte sich mühelos in das Staudendickicht zurückziehen. Aber dann nahm er sich zusammen, er war kein Feigling. Er zog es vor, sich wie ein seriöser Besucher zu verhalten, vielleicht kam da ja die Hausherrin. Tibor Velsmann ging zurück, um am Gartentor zu warten. Das Auto parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite hinter dem Landrover, der dort bereits stand. Niemand stieg aus.
    Tibor hörte ein Geräusch wie von einer sich öffnenden Tür. Er drehte sich zum Haus um, da stieg jemand aus der schwarzen Limousine.

    Martin Velsmann ließ sich Zeit, er musste nachdenken. Die Straßen waren schwach befahren. Er steuerte seinen Octavia mit einer Hand, mit der anderen versuchte er sein Handy zu bedienen. Als er rechts in den Tälern streunendes Wild erblickte und ein weiteres Mal erfolglos bei Tibor anrief, konnte er seine Besorgnis nicht länger bezähmen. Er fühlte seine Hilflosigkeit. Und er fühlte wie nie zuvor, dass er auf Abwegen war.
    Er rief Andrea an. Tibor hatte sich nicht bei ihr gemeldet. Er rief Breitenbach an. Sie stand kurz vor einer Erkenntnis, musste aber noch schweigen, weil die Lage in der Polizeidirektion unübersichtlich war. Beide hatten beschlossen, das Risiko der Überwachung zu ignorieren. Jetzt war keine Zeit zu verlieren.
    Martin Velsmann wusste, er würde nun den schwarzen Kasten seiner Kindheit öffnen.
    Velsmann hatte den höchsten Punkt der Landstraße erreicht. Er brauchte eine Verschnaufpause, stieg aus und atmete tief durch. Ruhe und Einsamkeit. Er ging ein paar Schritte.
    Manchmal verdichtet sich die Zeit zu Beton. Und trotzdem muss der Mensch weiter.
    Er stieg wieder ins Auto und fuhr ins Tal hinunter. Er rekapitulierte seine Lektüre.
    De Rancé. Etwas hatte diesen Mann um und um gestülpt. Obwohl Velsmann das klar war, begriff er noch nicht, wo der Zusammenhang mit dem Kloster Eberbach lag. Erst wenn er das sah, würde ihm einiges klarer werden.
    Velsmann erreichte Kiedrich. Dort gab es eine Baustelle und damit Stau. Er übte sich in Geduld, das war im Rheingau

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