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Die verzauberten Frauen

Die verzauberten Frauen

Titel: Die verzauberten Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Schulz
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Warum gibt es so was, dachte er. Wir könnten hier sitzen und uns wärmen lassen. Und Breitenbach verströmt ihren Duft nach frischer Luft. Stattdessen gibt es immer wieder diesen Aufruhr. Was ist mit den Menschen los? Wir leben in einer Wildnis. Und in uns gibt es auch nur Wildwuchs. Sind wir noch bei klarem Verstand, wollen wir das alles wirklich? Irgendwas treibt uns dauernd in die falsche Richtung.
    »Auffi geht’s«, riss ihn Karen Breitenbach aus seinen düsteren Gedanken.

    Später, auf dem Weg nach Koblenz, musste sich Velsmann eingestehen, dass die Vernehmung von Vater und Sohn Kessler nicht viel gebracht hatte. Vielleicht hatte man die falschen Fragen gestellt. Manche Zeugen reagierten nur auf bestimmte Codewörter, dann aber, als wären sie befreit worden. Bei Max und Jean Kessler war das nicht der Fall. Derart verschlossene Zeugen hatte Velsmann selten erlebt. Seine Laune war während der Vernehmung auf den Tiefpunkt gesunken. Er war erleichtert darüber, die Polizeidirektion in Fulda im Dienstwagen verlassen zu können.
    Vater und Sohn wurden auf Staatskosten in einem Fuldaer Hotel am Stadtrand einquartiert. Da sie nicht unmittelbar tatverdächtig waren, bestand keine Fluchtgefahr, sie mussten sich aber für weitere Vernehmungen bereithalten.
    Velsmann und Breitenbach stiegen in Winkel aus. Der Inspektor hatte es vermieden, seine neue Assistentin in die Fakten rund um den scheußlichen Mord einzuweihen. Irgendetwas hielt ihn davon ab. Er eröffnete ihr nur, was sie über das vergrabene Pergament wissen musste, um ihren Besuch in Winkel zu verstehen. Velsmann war der Meinung, Breitenbach musste sich selbst in die Materie hineinarbeiten. Es war eine Vorgesetzten-Maßnahme.
    Sievers erwartete sie. Diesmal ließ er Velsmann in die geheiligten Hallen eintreten. Allerdings nur unter Aufsicht eines Anwaltes der Familie Brentano, den Sievers als Dr.   Kumpfmüller von Kumpfmüller und Kollegen vorstellte.
    »Sind Sie gut nach Hause gekommen, Herr Inspektor?«
    »Das wollte ich eigentlich Sie fragen, Herr Sievers! Ich hörte Sie nicht abfahren.«
    »Mancher Antrieb ist eben lautlos«, sagte Sievers geheimnisvoll und lachte dann.
    »Meine Kollegin Karen Breitenbach   – aber Sie kennen sich ja.«
    Man setzte sich in einer Sitzgruppe zusammen, der Raum war holzgetäfelt, die Einrichtung bestand aus leichten Möbeln mit bunten Bezügen aus der Zeit des frühen 19.   Jahrhunderts. Jedenfalls schätzte Velsmann das so ein. An den Wänden hingen Zeichnungen und Porträts der Familie Brentano in Öl.
    »Ich habe ein paar Fragen. Offizielle Fragen«, begann Velsmann. »Wir ermitteln ja inzwischen in einem Mordfall.«
    »Tragisch«, sagte Sievers.
    Der Anwalt räusperte sich. Seine glatt gestriegelten, schwarzen Haare glänzten. Er bohrte sich mit dem Zeigefinger im Ohr und deutete dann auf Velsmann, wobei er den Ellenbogen auf die Sessellehne stützte. »Ich möchte vorab wissen, welche Verdachtsmomente in dieser Sache die Kripo Fulda in das Haus der Familie Brentano führt. Wenn Sie keine haben, müssen wir nicht weiterreden. Sie verstehen wohl, dass wir es hier mit einem ganz sensiblen Bereich zu tun haben, der unter Beobachtung der Öffentlichkeit steht.«
    Velsmann mochte den höchstens dreißigjährigen Schnösel auf Anhieb nicht, dessen Lippen feucht und süffisant gekräuselt waren. »Selbstverständlich«, erwiderte er. »Sind Sie denn nicht eingeweiht?«
    »Was soll das!«
    »Ich fragte, ob Sie nicht eingeweiht sind, Herr Kumpfmüller?«
    »Das habe ich schon verstanden«, sagte der Anwalt. »Nur verstehe ich nicht, worin ich eingeweiht sein soll. Klären Sie mich auf.«
    »Das Brentanohaus ist im Besitz eines heiklen Pergamentes, dessen Alter noch nicht verifiziert ist, und auf dem es einen handschriftlichen Kommentar von Clemens von Brentano gibt. Die Kripo Fulda glaubt, dass der Dichter von einem Mehrfachmord Anfang des 19.   Jahrhunderts Kenntnis hatte. Können Sie mir bis hierhin folgen? Die Tatumstände dieses Verbrechens weisen starke Ähnlichkeit zum Mord in Fulda auf, den wir jetzt aufzuklären haben. Das ist alles.«
    »Davon wusste ich ja gar nichts!«, warf Breitenbach überrascht ein.
    »Eben«, sagte der Anwalt rasch. »Ich glaube nämlich, dass die Kripo Fulda sich mit dem Mehrfachmord auf der Loreley nur in Gestalt ihres Inspektors Martin Velsmann beschäftigt, der wilde Spekulationen darüber in die Welt setzt. Tatsache ist nur, dass Sie einen Mord in Fulda an der Backe haben. Und den

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