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Die verzauberten Frauen

Die verzauberten Frauen

Titel: Die verzauberten Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Schulz
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klären Sie bitte auf, ohne die Familie Brentano zu belästigen.«
    Velsmann blickte Sievers an. »Was sagen Sie dazu?«
    Der Angesprochene wand sich verlegen. Velsmann erinnerte sich, dass Sievers dieses Gespräch immerhin nicht abgelehnt hatte.
    »Der Schutz der Familie Brentano steht obenan«, sagte er.
    Velsmann sagte: »Ich kann Ihnen leider keine Einzelheiten unserer Ermittlungstätigkeit weitergeben, aber wir haben inzwischen Beweise dafür, dass die Dinge zusammenhängen. Wäre es anders, hätte ich Sie nicht belästigt, Herr Sievers.«
    »Ja, also, was wollen Sie denn nun genau?«, giftete der Anwalt. »So lassen Sie die Katze doch mal aus dem Sack!«
    Velsmann blickte ihn an, wie man eine Kakerlake betrachtet. Im Geiste zerquetschte er ihn. Er wandte sich an Sievers. »Die Ermordete war vor ihrer Tätigkeit in Fulda Angestellte im Bundesarchiv Koblenz in der Feste Ehrenbreitstein. Sie, Herr Sievers, haben mir erzählt, das Brentanohaus habe das Beweisstück mit der Handschrift Brentanos anonym zugestellt bekommen, nachdem es lange Zeit im Bundesarchiv gelagert hatte. Dorthin war es in den Sechzigerjahren verfrachtet worden, dann abhanden gekommen und wieder aufgetaucht. Zufall? Oder nicht? Dass der Berg, auf dem im 19.   Jahrhundert der Dreifachmord geschah, nicht weit von Koblenz entfernt ist, und das unser Dichter Clemens von Brentano ebendort in Ehrenbreitstein geboren worden ist, das sind dabei nur unwesentliche, wenn auch farbige Randerscheinungen   –«
    »Aber sehr farbig!«, warf der Anwalt ein. »Und am äußersten Rande!«
    »Nach meiner Überzeugung«, fuhr Velsmann fort, »schrieb Brentano über den Mord auf der Loreley eine Art Tatort-Protokoll in Gedichtform. Er kannte vermutlich den oder die Täter. Unter den Opfern war eine Frau. Die Ermordete in Fulda ist ebenfalls eine Frau. Oder war die Tote von der Loreley die Täterin? Dieser Verdacht ist mir gekommen, nachdem Sie mir auf der Loreley die Kopie des Original-Pergamentes überreicht haben, Herr Sievers. Natürlich im Einverständnis mit dem Bundesarchiv, von dem Sie ja kamen.«
    »Das ist doch krauses Zeug«, sagte der Anwalt verächtlich.
    »Mag sein«, gab Velsmann zu. »Ohne Spekulationen geht bei der Polizei gar nichts. Denn die Fakten liegen ja nicht auf dem Tisch. Sie werden erst zu Fakten, wenn wir gewisse Verbindungen herstellen.«
    »Ich denke«, mischte sich Breitenbach ein, bevor der Anwalt etwas erwidern konnte, »es geht in der Sache nicht um Männer und Frauen. Sondern darum, ob unser Mord in Fulda wirklich etwas mit dem Mord auf der Loreley zu tun hat. Darüber wüsste ich doch gern mal mehr.«
    »Erzähle ich Ihnen, Kollegin Breitenbach. Bevor Sie in Ehrenbreitstein sind, wissen Sie alles. Um Männer und Frauen geht es aber sehr wohl.«
    »Tatsächlich?«, sagte Breitenbach.
    »Warum werden drei Männer Anfang des 19.   Jahrhunderts ermordet und man zieht ihnen die Haut ab wie erlegtem Wild, und warum stirbt eine Frau am Fuß des Berges? Und warum wird zweihundert Jahre später einer Frau in Fulda die Haut abgezogen? Das sind ja nun beides keine gewöhnlichen Tathergänge, nicht wahr? Angesichts dieser Wiederholung bin ich überzeugt, dass unser Mord etwas mit dem damaligen zu tun hat. Oder anders ausgedrückt: unser Täter mit dem damaligen Mörder!«
    »Ebenso«, wandte Breitenbach ein, »könnten Sie behaupten, unser Mord in Fulda sei ein Trittbrettmord, weil damit jemand die Ermordung des Märtyrers Bartholomäus rächen will.«
    »Was ist los?«, sagte Velsmann.
    »Ich will darauf hinaus, dass man Zusammenhänge auch konstruieren kann und dabei die tatsächlichen Motive aus dem Auge verliert.«
    »Ganz richtig!«, sagte der Anwalt.
    »Aber die Ermittlungen damals wurden nie zu Ende geführt, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Niemand weiß, wer die Opfer waren. Und die Mörder konnten nie gefasst werden. Dieser Mord ist nicht aufgeklärt.« Velsmann merkte, dass er trotzig klang.
    »Na schön. Und jetzt haben Sie beschlossen, die gesamte Menschheit mit Ihren Erkenntnissen zu traktieren. Aber Sie treten damit Dinge los, die Sie überhaupt nicht überblicken!«
    »Von welchen Dingen sprechen Sie?«
    Der Anwalt schwitzte leicht. »Von keinen, die in einen Aktendeckel passen.«
    »Dann wissen Sie mehr als ich.«
    »Nur so viel: Wenn Sie nicht aufhören, diese aberwitzigen Verbindungen zwischen einem Mord im 19.   Jahrhundert, einer alten, angeblichen Weissagung, an der Clemens von Brentano beteiligt sein soll,

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