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Die verzauberten Frauen

Die verzauberten Frauen

Titel: Die verzauberten Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Schulz
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»Ich muss mir einen Weg überlegen, wie ich an Informationen komme.«
    »Rufen Sie doch in Ehrenbreitstein an, diesen Herrn Sennsler gibt es wohl noch, ich habe neulich irgendwas von ihm im Zusammenhang mit Umstrukturierungen im Bundesarchiv gelesen. Da ist plötzlich viel Geld locker gemacht worden. Haben Sie eigentlich noch die Kopie von dieser Weltuntergangsbescheinigung?«
    Velsmann musste lachen.
    »Die müsste ich noch irgendwo haben, ja. Bei unserem Umzug nach Eltville habe ich sie noch gesehen. Ich muss in Kisten kramen.«
    »Sie haben all das, was damals heiß war, doch inzwischen abgelegt, Herr Velsmann. Warum fangen Sie wieder an, sich damit zu beschäftigen? Glauben Sie, das ist gut für Sie?«
    »Meine Heilerin sagt ja. Sie rät es mir dringend.«
    »Dann bin ich ja fast schuld, wenn es schief geht. Aber wie gesagt, ich schwöre auf Jane. Ich vertraue ihr grenzenlos. Sie ist eine tolle Frau. Bitten Sie Jane mal, über die Liebe zu reden. Das wird sie schwach machen.«
    »Eine Einführung habe ich schon bekommen!   – Wenn Sie irgendwas in der Sache für mich tun können, dann bleiben Sie bitte dran, Breitenbach!«
    Velsmann beendete das Gespräch und lief wieder zu seinem Sohn.
    »Hier!«, sagte Tibor, ohne ihn anzusehen und deutete auf den Bildschirm seines Laptops. »Sieh dir das mal an.«
    Velsmann setzte seine Brille auf. »Was ist das?«
    »Ein Zahlenspielchen. Ich habe mir mal diesen Wisch aus dem Keller geholt, er lag ganz unten in einer der tausend Kisten, Abteilung Vergessenes und Verfluchtes. Ich wusste, du würdest ihn nicht freiwillig rausrücken   …«
    »Du hast was!?«
    »Genau! Ich habe mir die Zahlen auf diesem Text angesehen und sie in ein Verhältnis gesetzt.«
    »Und?«
    »Es kommt was Tolles dabei raus.«
    »Nun sag schon!«
    »Hier«, sagte Tibor und deutete auf den Bildschirm seines Macs. »Wenn ich diese Zahlen nehme und sie durch verschiedene Modelle laufen lasse, dann kriege ich ein paar Resultate. Eins davon ist interessant.«
    Er gab einen Befehl ein, auf dem Schirm rollten Zahlenkolonnen durch, verschwanden, andere tauchten auf. Ein Universum in Schwarzweiß. Dann standen die Zeichen still.
    »Siehst du?«
    »Ich sehe, aber ich verstehe nicht.«
    »53, 1346, 1648, 1777, 1801, 1946, 1961, 1983, 2012!«
    »Ja   – und?«
    »Das ergibt eine Gesamtsumme von 136!«
    »Super. Und?«
    »Das ist exakt die Summe, die entsteht, wenn ich den handschriftlichen Kommentar dieses Dichters in Silben verwandle und sie auszähle.«
    »Einhundertsechsunddreißig?«
    »Exakt.«
    Velsmann überlegte. »Im Jahr Einhundertsechsunddreißig nach der ersten Jahrtausendwende ist das Kloster Eberbach von Zisterziensern gegründet worden.«
    »Tatsächlich? Jedenfalls habe ich mir die Chronika des fahrenden Schülers von diesem Brentano ausgeliehen. Hier. Siehst du? Von dem traurigen Untergang zeitlicher Liebe . So beginnt der Text. Dann habe ich den Auszug genommen, der als Handschrift auf dem Pergament liegt. Die ganze Erzählung ist ja wesentlich länger. Und das ergibt eben einhundertsechsunddreißig Silben.«
    »Nicht schlecht«, sagte Velsmann vorsichtig. »Einhundertsechsunddreißig Jahre, für jedes Jahr eine Silbe bis zur Ansiedlung der Mönche durch den heiligen Bernhard aus Clairvaux.«
    »Das allein ist schon geil. Aber ich denke, es geht um etwas anderes. Der Text des Dichters ist kein Zufall. Beide Datenbanken, die Zahlen aus der Prophezeiung und der Kommentar Brentanos beziehen sich anscheinend aufeinander. Und wenn ich den gesamten Text der Prophezeiung nehme und mit Brentanos Kommentar in ein Verhältnis setze, dann vermute ich, dass dahinter noch etwas anderes entsteht.«
    »Was denn?«
    »Ein neuer Text.«
    »Und was für einer?«
    »Das weiß ich noch nicht. So weit bin ich noch nicht.«
    Velsmann nahm die Kopie zur Hand, die Tibor aus dem Keller geholt hatte. Er las den Text des Pergamentes sorgfältig. Dann die Handschrift Brentanos, die wie durchsichtig darübergelegt war. Er staunte, wie gut er sich an jeden einzelnen Satz erinnern konnte. »Immerhin«, sagte er und senkte die Kopie. »Als Zahlenspielerei nicht schlecht. Aber das klingt alles nach Abrakadabra.«
    »Und wenn dabei was rauskommt, das uns weiterbringt?«
    »Uns?«
    »Dich und mich. Wir arbeiten ja an demselben Fall!«
    »Ach ja? Das wusste ich gar nicht. Aber klar, jetzt hast du mich. Damit hast du mich am Haken.«

    Den drei Herren standen die grauen Anzüge nicht wirklich gut. Velsmann hatte den Eindruck,

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