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Die verzauberten Frauen

Die verzauberten Frauen

Titel: Die verzauberten Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Schulz
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eine Zeit lang in psychiatrischer Behandlung, Herr Velsmann. Sie sind damals durchgedreht. Das kann wiederkommen. Sie haben sich ganz böse in etwas verrannt. Und jetzt stellen wir fest, dass Sie den alten Krempel wieder aus dem Keller holen.«
    »Bleibt immer noch zu klären, woher Sie das alles wissen«, sagte Velsmann.
    »Das müssen wir nicht erklären.«
    »Also gut, Sie wollen wissen, was ich wirklich weiß«, kapitulierte Martin Velsmann.
    Alle drei Herren nickten.
    »Ich weiß eines zumindest nicht «, sagte Velsmann. »Nämlich wer Interesse daran hatte und noch immer hat, die Aufklärung eines extremen Mordfalles zu verhindern, und warum der harmlose Text eines romantischen Dichters so brisant sein soll.«
    »Weiter«, sagte einer der Beamten.
    »Ich weiß hingegen, es gibt ein Fundstück, das eine ominöse Warnung enthält. Es wurde eingesackt und der Öffentlichkeit vorenthalten. Das Bundesarchiv spielt dabei eine ungeklärte Rolle. Und die Untersuchungsbehörden spielen dabei eine ungeklärte Rolle. Und wirklich geklärt ist für mich nur eines. Es wird etwas geschehen, das wir uns in unseren kühnsten Träumen nicht vorstellen können.«
    »Ach nein! Und was dürfte das bitteschön sein?«
    »Blicken Sie mal in Ihre Kalender. Was sehen Sie für eine Jahreszahl?«
    »2011.«
    »Und nächstes Jahr?«
    »Bei genauester Berechnung, wenn nichts dazwischen kommt, 2012.«
    »Und was sagt Ihnen das?«
    »Sagen Sie es uns.«
    »Wie wäre es mit einem komfortablen Weltende?«
    »Es geht wieder los«, sagte ein Beamter.
    »Sie haben keine Idee für 2012?«
    Ein Beamter winkte ab, die beiden anderen blickten über den Rhein.
    »Davon reden inzwischen alle, ganze Talkshows rauf und runter, es ist nicht mehr nur Ihre Idee«, sagte ein Beamter. »Kümmern Sie sich nicht darum. Wir haben das im Griff.«
    Velsmann musste unwillkürlich lachen. »Nichts habt ihr im Griff, Kollegen«, sagte er. »Nichts haben wir im Griff, nichts habe ich im Griff.«
    »Passen Sie auf, Herr Velsmann! Sie werden überwacht. Lassen Sie die Finger von den Sachen, die ich vorhin aufgezählt habe. Alles, was damit zusammenhängt, ist für Sie tabu. Haben Sie das verstanden?«
    »Sie reden ja laut genug.«
    »Ich meine   – inhaltlich!«
    »Jauh!«, sagte Velsmann.
    »Dann verabschieden wir uns. Und noch einen schönen Tag!«
    Die drei Anzüge machten auf den Hacken kehrt. Velsmann blickte ihnen nach. Als sie am Rosengarten der Burg verschwanden, wo einst der Erfinder der Buchdruckerkunst Johannes Gensfleisch, alias Gutenberg, gewohnt hatte, dachte er: So wie ihr jetzt aus meinem Blickfeld verschwindet, werdet ihr bald tatsächlich verschwinden, Kollegen. Ihr wisst es nur noch nicht.
    Velsmann ging zurück in den Ort. Sein Haus in der Nikolausstraße machte auf ihn einen unerschütterlichen Eindruck, er nahm es zufrieden zur Kenntnis. Andrea stand noch immer in der Küche und fragte mit einem Lächeln, ob ihm der Spaziergang gutgetan habe. Velsmann nahm sie in die Arme, wiegte und küsste sie.
    Er sagte: » Aber alles ist Liebe, Liebe, Liebe. Und wenn sich alles empörte, verzehrte, verschlänge, dass gar nichts bliebe, bliebe doch Liebe .«
    »Der Spaziergang hat dir tatsächlich gutgetan«, sagte Andrea. »Oder hast du Wein getrunken?«
    »Ich hatte eine Begegnung mit Clemens von Brentano«, sagte Velsmann.
    »Tibor wartet auf dich. Er bastelt an irgendwas rum. Er sagt, das Ganze sei doch gar nicht möglich.«
    »Da hat er recht.«

    Er hatte Männer gesehen, deren Gehirn fett war, deren Gehirnhaut wirr und deren Blutgefäße leer waren. In ihren düsteren Gesichtern las er Leere. Aber ihr Blut kochte, und im Verkehr mit Frauen waren sie unbeherrscht wie Tiere. Ihren Beischlaf vollzogen sie schmerzhaft und tödlich wie reißende Wölfe. Ihr Stamm, der in voller Blüte stehen sollte, krümmte sich auf widerwärtiger Weise wie Vipern, und wie die Vipern ließen sie ihre Bösartigkeit an ihresgleichen aus. Sie liebten nicht. Das überließen sie den Frauen. Sie waren verbittert, habgierig, albern, ausschweifend in ihren Leidenschaften und ohne Mäßigung. Sie hassten die Frauen. Sie würden eine Frau, wenn sie könnten, während des Beischlafs töten.
    So wollte er nicht werden. Er gehörte zu ihnen, war ihnen ohne Ausweg ausgeliefert, das wusste er. Aber er kämpfte dagegen an, seitdem er nachdenken konnte, denn ihr Beispiel stand vor ihm wie ein Menetekel.
    Er konnte in dieser Nacht nicht in seine Wohnung zurückkehren. Denn tagsüber hatte

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