Die vier Söhne des Doktor March
Mörders
Ich habe ein Geschenk für Jeanie gekauft. Das wird ihr gut gefallen. Ich werde es ihr morgen geben. Nicht in ihre eigenen Hände natürlich. (Vor allem, weil Jeanies Hände nicht die saubersten sind.) Ich werde einen Weg finden. Eben habe ich sie beobachtet, wie sie hinunterging, dann wieder heraufkam und sich dabei den Mund abwischte. Sie muß im Weinkeller herumgeschnüffelt haben. Sie hat die angelehnte Tür nicht bemerkt: zu beschäftigt damit, Papa zu belauern. Idiotin. Sie hätte zwei schöne blaue Augen gesehen, die ihr überallhin folgten, wie die Augen eines Engels.
Jeanies Tagebuch
Ein Geschenk? Er wird allmählich lakonisch. Das beunruhigt mich. Habe keine Zeit zum Nörgeln, ich höre einen Wagen kommen. Das muß das Taxi von Sharon sein.
Schau an, an ein Taxi habe ich bisher nicht einmal gedacht. Aber im Taxi kommt man nicht weit. Nicht wenn man völlig abgebrannt ist. Und außerdem hinterläßt das Spuren.
Gut, ich gehe hinunter. Ich bin nervös. Ich habe einen trockenen Mund.
3 Uhr. Sharon ist ein hinreißendes junges Mädchen, braunhaarig mit glänzenden schwarzen Augen. Schlank und groß. Sie hat mich höflich begrüßt, ihre Tante flüchtig geküßt, die Hand ihres Onkels gedrückt.
Die Jungs waren nicht da. Sie kamen um 12 Uhr, völlig durchnäßt, und haben sie alle umarmt. Sie waren ein wenig verlegen. Mark hatte eine Akte unter den Arm geklemmt, zweifellos, um sich wichtig zu machen, und Clark hat sie mit ausgestreckten Armen hochgehoben, um die kräftigen Muskeln eines großen, dicken Blödmanns vorzuführen. Der Doktor war höflich, mehr nicht. Er sieht nicht aus, als würde er sich übermäßig freuen, sie ist die Tochter des Bruders seiner Frau, das merkt man. Ich habe die Jungs genau beobachtet: nichts Auffälliges.
Sie selbst war zu keinem von ihnen aggressiv. Sie hat den Zwischenfall mit dem Ofen vielleicht vergessen. Oder vielleicht hält sie das für eine alte Geschichte.
Aber lassen wir dieses Spiel von wegen »vielleicht dieses, vielleicht jenes« oder »Kneif mich, damit ich weiß, daß ich nicht träume.« Jeanie, du wirst eine richtige Schriftstellerin.
Ein ruhiges Essen mit der Familie; bleibt nur noch, auf die Würdigung der Situation durch Jack the Ripper zu warten. Jack the Ripper . ein ziemlich vorbelasteter Name . Das gibt zu denken. Dieser kleine Jack, wahrlich, wahrlich .
Ich muß einen Weg finden, um mit Sharon zu sprechen. Und wenn sie mich auslacht? Es hat aufgehört zu schneien, es sieht aus, als ob das Wetter schön wird.
6 Ballwechsel
Tagebuch des Mörders
Erschallt, Trompeten der Apokalypse! Stürzt nieder, Mauern von Jericho! Sharon, die Verräterin, ist angekommen! Das Götzenbild ist in unseren Mauern . Ich habe gerade Samson und Dalila im Fernsehen gesehen. Das war lustig. Sicher hat jeder von uns eine geheime Kraft. Er verbirgt sie vor den anderen, damit sie ihm keiner raubt. Keine von diesen Schlampen auf jeden Fall.
Ich hätte mich nie kriegen lassen. Dalila hin, Dalila her. Sharon hin, Sharon her. Nur dir vertraue ich mich an, geliebtes Tagebuch, und du wirst mich nicht verraten. Den Spion zähle ich nicht zu den Vertrauten, er ist ein Zuschauer. Und noch dazu ein vergänglicher, ein sehr vergänglicher Zuschauer, könnte man sagen, ha, ha! Wie der andere, der sich mir in den Weg stellen wollte. Das fünfte Rad am Wagen. Exit der Zuschauer.
Ich war sehr freundlich zu Sharon. Ich spürte, daß Jeanie uns alle belauerte. Ich bin immer sehr höflich zu den Damen. Wir sind alle sehr höflich. Man schlägt eine Frau nicht, »nicht einmal mit einer Blume«, sagt Mama, ich habe niemals Frauen geschlagen, ich vernichte sie, das ist alles. Ich scherze, liebes Tagebuch, ich bin fröhlich. Ich bin ein schöner Mörder, im besten Mannesalter, in der Blüte seiner Jugend, ein Jäger auf dem Kriegspfad, ein Jäger, der gerade eine sehr verlockende Beute erschnüffelt hat. Aber dabei muß man aufpassen, Freunde! Bei den vielen Bullen, die hier in der Gegend herumstreunen, muß ich einen tollen Coup landen.
Natürlich wirst du versuchen, mich daran zu hindern, Spion. Viel Glück.
Meine Füße riechen nach Schweiß. Das ist unangenehm. Ich stelle mir vor, mich in einem Zimmer vor einem Mädchen auszuziehen, und sie sagt: »Es stinkt«, und ich weiß genau, daß es meine Füße sind, die ganz feucht und warm sind, von denen dieser schreckliche Geruch ausgeht.
Ich mag Gerüche nicht, sie rauben mir den Atem. Sie erinnern mich an
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