Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vier Söhne des Doktor March

Die vier Söhne des Doktor March

Titel: Die vier Söhne des Doktor March Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
Vom Netzwerk:
meinen  Namen ausspricht: »Jeanie, Jeanie«, sagt die Stimme, »komm.« Ich höre ein seltsames Geräusch, mir wird klar, daß das meine Knie sind, die zitternd aneinanderstoßen. »Beeil dich, ich bin ungeduldig. Ha, ha, ha.« Jetzt kichert er, ein schrilles Kichern, das zu einer Art Lachen wird, ein schepperndes Lachen wie ein Husten, das Lachen eines Alten.
    Ich betrachte dieses kichernde Bett, ich höre ganz deutlich das Hupen des Fleischers unten auf der Straße, aber hier ist kein Laut mehr zu hören, und plötzlich fällt mir etwas anderes auf: Ich höre kein Singen mehr, das Haus ist wie ausgestorben.
    Das Lachen verstummt, kein Laut mehr, nichts, eine Stufe knarrt, ich drehe mich auf dem Absatz um, dann wende ich mich genauso schnell wieder dem Bett zu. Plötzlich ein schrilles Läuten. Gegen meinen Willen mache ich einen Satz, stürze mit meinem ganzen Gewicht gegen das Bett, es rutscht weg. Der Teppich ist völlig verschoben, das Bett zur Seite weggerutscht, aber ich sehe nichts darunter. Man hört auch keinen Atem mehr. Nichts mehr.
    Nur noch eine Art Zischen. Vielleicht werde ich verrückt.
    »Jeanie!« Ich zucke zusammen. »Jeanie, was tun Sie? Es ist bald 11 Uhr! Jeanie?« Die spitze Stimme durchbohrt mein Gehirn. »Der Fleischer ist da, Jeanie, kommen Sie herunter?« -»Ja, Madame, ich komme!« Wie seltsam meine Stimme klingt, ganz versteinert. »Ich komme!«, etwas lauter. Nichts rührt sich, ich beuge mich ruckartig hinunter und hebe die Decke hoch, damit rechnend, einen Messerstich ins Gesicht zu erhalten, aber nichts. Nur ein nettes, schwarz-graues Tonbandgerät im Leerlauf.
    Ich zittere jetzt noch. Ich habe das Tonbandgerät genommen und bin hinuntergegangen. Ich weiß nicht, weshalb ich es mitgenommen habe, es war idiotisch, er hätte glauben können, daß es niemand gefunden hat. Schließlich ist er nicht wirklich sicher, daß ich sein Tagebuch lese.
    Vielleicht hat er das Haar ja nie hineingeklebt. Vielleicht ist das ein Spiel, das er spielt, um die Spannung zu steigern, und er weiß gar nichts. Er rät einfach drauflos, im Spiel, ohne daran zu glauben. Jetzt aber wird er wissen, daß jemand das Tonband an sich genommen hat. Aber es ist zu spät, sie sind da, ich kann es nicht an seinen Platz zurückbringen. Ich habe es in meinem Zimmer versteckt, unter meiner Leibwäsche.
    Sie machen sich gerade zum Essen fertig, Händewaschen und so weiter. Ein Tonband. Er amüsiert sich. Er macht sich über mich lustig. Das also hat er im Arbeitszimmer gefunden. Ich habe daran gedacht, als Rache seine Aufzeichnungen mitzunehmen. Es ist idiotisch, aber das ist der Ausdruck, der mir einfällt. »Als Rache«. Ich werde hinuntergehen, ich höre die Klingel.
    Tagebuch des Mörders
    Sie hat es genommen. Ich habe die Hand unter das Bett gestreckt. Es ist nicht mehr da.
    Du mußt wirklich Angst gehabt haben, arme Jeanie, du hast geglaubt, dein letztes Stündchen ist gekommen, und du hast dich getäuscht. Man täuscht sich in so vielen Dingen im Leben. Jetzt mußt du dieses Tonbandgerät, das dir nicht gehört, zurückgeben, hörst du, Jeanie? Du mußt es an seinen Platz zurückbringen. Morgen kommt Sharon, alles muß seine Ordnung haben im Haus. Wir müssen Sharon diese Ehre erweisen. Also, du wirst das Tonbandgerät hergeben, und ich werde dir vielleicht verzeihen.
    Das war nur ein Scherz, Jeanie, ein netter Scherz. Bis bald.
    Jeanies Tagebuch
    Nein, ich werde es nicht an seinen Platz zurückbringen. Keine Frage. Du hast einen großen Fehler gemacht, dreckiger kleiner Dummkopf, und du wirst dafür büßen. Weil ich jetzt einen Beweis habe. Einen Beweis dafür, daß es einen Verrückten in dieser Bude gibt.
    »Jawohl, Fräulein, das ist in der Tat ein sehr geschmackloser Scherz, aber es bleibt doch ein Scherz, nicht wahr? Wenn wir alle Leute festnehmen wollten, die Scherze machen … Ha, ha, ha!« Ich pfeif drauf. Ich behalte es.
    Ich weiß nicht warum, aber ich erhoffe mir viel von Sharons Kommen. Eine Verbündete. Eine, mit der ich all das teilen kann. Eine, die normal ist, die mir helfen wird, von hier zu verschwinden.
    Ich geh' zur Toilette.
    Ich habe die Gelegenheit genutzt und beim Likör vorbeigeschaut, das wärmt. Ein kleines Gläschen, das war alles.
    Ich hatte Angst, daß der Doktor runterkommt, aber er liest wohl seine Medizinzeitschrift.
    Um ehrlich zu sein, es waren zwei Gläschen. Na und? Ich habe eine kleine Stärkung verdient. Ich möchte Sie mal in dieser Situation erleben!
    Tagebuch des

Weitere Kostenlose Bücher