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Die vier Söhne des Doktor March

Die vier Söhne des Doktor March

Titel: Die vier Söhne des Doktor March Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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hergekommen und hat in aller Ruhe geschrieben.
    Und selbstverständlich kann ich mich nicht daran erinnern, ob ich einen hier gesehen habe oder nicht.
    Das ist nicht alles. Nachdem ich das gelesen hatte, fing ich an, den ganzen Schreibtisch zu durchsuchen. Einmal habe ich ein Geräusch auf der Treppe gehört und bin erschrocken, ich zog den Revolver heraus, dann kein Laut mehr.
    Ich lauerte auf einen Hauch, einen Atem, denn die Stufen können knarren, aber nicht atmen. Aber nichts. Ich fing wieder an zu stöbern. Ich schob meine Hand unter den Schreibtisch, bis zum Ellbogen (das habe ich in einem Film über Geheimagenten gesehen, es funktioniert!), ich spürte einen harten, flachen Gegenstand und zog ihn heraus. Es war ein kleines Heft. Schwarz, die Seiten mit rotem Rand. Wie ein Meßbuch. Hübsch. Es war unter das Holz geklebt.
    Ich habe es aufgeschlagen. Es war kein Heft. Es war entsetzlich.
    Es handelte sich um eine Reihe von Skizzen. Darunter das Gesicht eines kleinen Mädchens, das eines kleinen Jungen, das mir irgendwie bekannt vorkam, dann die von anderen Kindern, dann das von Karen, von Sharon und von mir.
    Mit einem ganz bestimmten Lächeln. Perfekt gezeichnet. Nur daß alle Gesichter ausgehöhlte Augen hatten, richtig ausgehöhlt, und in den Augenhöhlen sah man jeweils die Augen des Gesichts dahinter.
    Ich bin die letzte. Unter meine leeren Augen ist eine rote Unterlage geschoben. Ich habe rote Augen und ich lächle. Quer über jedem Gesicht (etwa ein Dutzend) liegt der Abdruck einer Hand, ein ebenfalls roter Abdruck, hellrot, wie ein Streicheln an der Wange, aber wenn man genauer hinschaut, sieht man, daß es keine Hand ist, es ist etwas Mageres und Kralliges, es ist der Abdruck des Todes.
    Der Abdruck des Todes auf meinem Gesicht, niemand kann eine Hand wie diese haben, eine Hand mit drei langen, fleischlosen Fingern, die versuchen, meinen Mund zu berühren.
    Plötzlich fiel mir ein, weshalb das Gesicht des kleinen Jungen mir bekannt vorkam: es war ihres! Ich dachte gleichzeitig daran, daß es nirgendwo Fotos von ihnen als Kinder gibt. Auf allen aufgestellten Fotos sind sie mindestens zwölf Jahre alt.
    Was geht hier vor? Ich habe das Buch mit Klebeband an seinen Platz zurückgetan, ich hoffe, es hält, ich zittere noch immer, der Revolver schlägt gegen meine Hüfte, jemand spielt hier mit dem Tod und den Toten, jemand, der in seinem Wahnsinn jede Menschlichkeit verliert.

8 Rückhand
    Jeanies Tagebuch
    Ich bin nach oben gegangen, sobald sie weg waren, und habe gelesen. »… der Teufel?«. Als ob er gewußt hätte, was ich im Schreibtisch finden würde. Ich habe niemals an diese Flausen geglaubt und werde auch jetzt nicht daran glauben. Das ist Sand in die Augen, nichts weiter als Sand in die Augen, und der Brandy war schuld daran, daß ich Ungeheuer gesehen habe, wo es nur Spuren eines verworrenen Geistes gab. Er hat ganz einfach gehört, wie ich im Haus herumging, und sich gedacht, daß ich sein »Meßbuch« finden könnte; dann hat er das über den Teufel geschrieben, um mich zu beeindrucken. Er handelt wie ein Taschenspieler. Immer dabei, etwas anderes zu tun, als er vorgibt. Meine Aufmerksamkeit ablenken. Meine Aufmerksamkeit durch Tricks, durch banale Bühnentricks von seinem Gesicht ablenken, das meinen Blicken ausgesetzt ist. Aber morgens habe ich einen klaren Kopf, mein Lieber, keine Alkoholfahne und kann noch vernünftig denken!
    Auf sein Tagebuch habe ich geschrieben: Weshalb hattest Du Angst vor Sharon? Weshalb hast Du Angst vor Frauen? Und das habe ich mit einem dicken Strich umrandet. Damit er mich haßt. Mal sehen, ob er mich bei Tisch nach wie vor wird anlächeln können. Ich werde ihn dazu bringen, sich zu verraten. Ihn quälen.
    Und wenn es wahr ist? Wenn hier wirklich jemand Schwarze Magie betreibt? Vielleicht hält er sich wirklich für den Teufel? Ich muß ins Dorf, ich muß irgend etwas darüber finden. Wenn er sich für besessen hält, glaubt er vielleicht auch an eine Teufelsaustreibung. Was ich sagen will ist folgendes: Wenn ich ihn dazu bringe zu glauben, daß ich ihm den Teufel austreibe, kommt er vielleicht wieder zu sich, denn selbstverständlich ist er nicht der Teufel, das ist unmöglich.
    Ich werde den Doktor bitten, mich wegen der Weihnachtsgeschenke im Dorf abzusetzen.
    Tagebuch des Mörders
    Sie ist im Dorf. Du bist im Dorf. Du stöberst. Du suchst. Du schnüffelst. Nichts. Du wirst nichts finden. Ich bin unerreichbar. Ich weiß, daß du das Buch angeschaut hast. Du

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