Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
Versuch zu unternehmen, Sie an der Nase herumzuführen?«
»Dr. Kingsley, jeder ist klug genug, zu versuchen, mich an der Nase herumzuführen.«
»Sie haben natürlich recht. Lassen Sie es mich anders ausdrücken. Ich möchte gerne wissen, ob diese Person absichtlich an einem anderen Tatort einen falschen Knoten knüpfen würde, um Sie auf eine falsche Spur zu locken?«
»Das wäre schon möglich, aber wie sollte er wissen, dass wir uns die Knoten überhaupt näher anschauen?«
»Vielleicht durch Ihr Fernsehinterview …«
Diane schüttelte den Kopf. »Dort habe ich nicht über Knoten gesprochen – nur über Knochen. Die meisten Menschen wissen nicht einmal, dass es so etwas wie eine forensische Knotenanalyse gibt.«
»Guter Punkt.« Er stand auf. »Laut den Berichten, die ich gelesen habe, haben Sie bisher keinerlei physische Beweise gefunden, die diese Verbrechen miteinander in Verbindung bringen würden.«
»Das stimmt – keinen einzigen.«
»Sie haben mir sehr geholfen. Ich nehme an, dass ich mich an Sie wenden kann, wenn ich weitere Informationen brauche?«
»Aber natürlich.«
Diane öffnete eine Schublade und überreichte ihm eine Visitenkarte, auf der sie dann auch noch ihre Handynummer schrieb.
»Ach, noch etwas. Ich habe das so in keinem meiner Berichte erwähnt, aber es ist mir gerade eingefallen. Er scheint zu wissen, wie er es vermeiden kann, dass seine Anrufe zurückverfolgt werden: Er benutzt Telefonkarten oder das E-Mail-Konto von jemand anderem. Das ist eigentlich ganz schön kaltblütig: Eine der E-Mail-Botschaften wurde im Museum selber abgeschickt, und zwar im Internet-Café im Erdgeschoss. Offensichtlich wartete er, bis jemand seinen Computer für einen Augenblick verließ, um während dessen kurzer Abwesenheit seine eigene E-Mail zu versenden. Er wusste sogar, wie er sie aus dem Versand-Ordner dieser Person löschen konnte.«
»Das ist interessant. Sie haben recht, das stand nicht im Bericht, zumindest nicht in dieser Form.«
»Warum, glauben Sie, ruft er mich an?«
»Ich glaube, Sie hatten recht damit, dass er aus irgendeinem Grund Ihre Zustimmung möchte. Vielleicht erinnern Sie ihn an seine Mutter, Schwester oder die Nonne, die ihm immer wieder auf die Finger klopfte. Vielleicht hält er Sie einfach nur für eine mitfühlende, sympathische Person. Ich weiß es noch nicht.«
»Wie soll ich bei künftigen Gesprächen vorgehen? Soll ich irgendwelche Informationen aus ihm herauslocken?«
Kingsley zögerte einen Moment. »Machen Sie so weiter wie bisher – als eine Art strenge, aber doch freundliche Lehrerin. Ich könnte allerdings in dieser Frage meine Meinung noch ändern, wenn ich alle Informationen durchgegangen bin.«
Sie schüttelten sich die Hände, und Diane ging mit ihm hinüber ins Labor, in dem Neva offensichtlich gerade Chief Garnett ausführlich erklärte, wie man aus Skelettresten die Form einer Nase erschließen kann.
An diesem Nachmittag musste Diane einem Begräbnis beiwohnen – Raymond Wallers Begräbnis. Sie hatte sich Andies Honda ausgeliehen und verließ das Museum kurz vor zwölf, um sich zu Hause ein dunkles Kostüm anzuziehen. Elwood Jefferson von der afroamerikanischen Methodistenkirche leitete die Trauerfeier. Sie setzte sich neben Lynn Webber.
»Raymond hatte eine Menge Freunde«, sagte Diane.
»Das stimmt«, bestätigte Lynn. »Ich bin stolz, dass ich mich zu diesen zählen darf. Sehen Sie, ich habe es ständig mit dem Tod zu tun, und ich verstehe immer noch nichts davon. Warum machen Menschen so etwas? Es lässt sich doch nicht wieder zurücknehmen.« Sie schüttelte den Kopf. »Raymond war einfach nur ein unheimlich netter und lustiger Mensch.«
»Ja, das war er.« Diane schaute sich um und betrachtete die Menschen, die gekommen waren, um Raymond Waller Lebewohl zu sagen. Die meisten kannte sie nicht. Etwa ein Drittel von ihnen war weiß, der Rest schwarz. Es waren einige Leute aus seiner Wohngegend da, die sie am Mordtag an der Straße hatte stehen sehen. Ganz hinten saßen Chief Garnett und Ross Kingsley. Sie fragte sich, ob auch Raymonds Mörder anwesend war.
Reverend Jefferson hielt eine bewegende Totenrede über Raymonds Leben und das Böse, das ihn so früh aus diesem Leben gerissen hatte. Trotzdem war Diane froh, als sie endlich zu Ende war.
Die Kirche hatte ihren eigenen Friedhof, in dem Raymond begraben werden würde. Etwa die Hälfte der Trauergemeinde war vor der eigentlichen Beerdigung gegangen. Diane blieb. Sie ging zusammen
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