Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
Knie.
Diane ließ sich in rasender Geschwindigkeit alle Möglichkeiten durch den Kopf gehen. »Außer der Tatsache, dass sie beide Diamanten besaßen, die sie sich eigentlich nicht leisten konnten, haben Chris und Raymond noch eine andere Sache gemeinsam: eine direkte Verbindung zu den Erhängten von Cobber’s Wood.«
»Zufall«, bot Garnett als Gegenargument an.
»Vielleicht. Schauen wir uns doch noch einmal diese drei Mordopfer von Cobber’s Wood an. Sie wurden aufgehängt. Das ist eine äußerst ungewöhnliche Art, jemanden umzubringen. Sie trugen alle die gleiche Kleidung, die ihnen darüber hinaus nicht einmal passte. Tatsächlich hatte ihre Kleidung die exakt gleiche Größe: Alle hatten extragroße Overalls an.«
»Tatsächlich?«
»Es stand im Bericht.«
»Stimmt.«
»Das sollte vielleicht ihre Identität noch weiter verbergen«, sagte Diane. »Er wollte vielleicht ihre persönliche Kleidung loswerden, sie aber nicht nackt da hängen lassen.« Sie zuckte die Achseln.
Garnett rückte mit seinem Stuhl nach vorne und lehnte sich über ihren Schreibtisch. »Und dann die abgeschnittenen Fingerspitzen. Entweder um ihre Identifizierung zu verhindern oder um als Trophäe zu dienen.«
»Ich verstehe schon, warum der Profiler an einen Serienmörder denkt«, sagte Diane. »Das Ganze sieht wirklich so aus. Der Typ, der mich immer wieder anrief, klang ja tatsächlich wie ein Spinner. Er könnte durchaus als durchgedrehter Serienmörder durchgehen – ich meine, zuerst die Blumen, dann der Überfall auf mich.«
»Aber er erwähnte auch, dass er über irgendeine Ungerechtigkeit wütend sei. Worüber sprach er noch, Klatsch und Tratsch und das Drangsalieren und Mobben anderer Menschen?«
»Genau das war es. Betrachten wir einmal diese Morde von einer ganz anderen Warte aus«, sagte Diane. »Er behauptete, er sei kein Mörder. Er scheint von der Idee der Gerechtigkeit – oder Ungerechtigkeit – besessen zu sein. Sollte er die Morde von Cobber’s Wood begangen haben, dann hängte er sie vielleicht wegen ihrer echten oder vermeintlichen Verbrechen auf, welche auch immer diese gewesen sein mögen. Er kleidete sie wie Gefangene. Vielleicht hält er sich wirklich für ihren Henker und den Vollstrecker einer gerechten Sache und nicht für ihren Mörder. Ihre Finger hat er dann wohl abgeschnitten, um ihre Identifizierung zu erschweren.«
»Und was, wenn man sie gefunden hätte, bevor ihre Gesichter verwest waren? Man hätte sie ja dann immer noch identifizieren können.«
Diane dachte einen Augenblick intensiv nach. »Vielleicht konnten die Fingerabdrücke aus irgendeinem Grund eher zu ihrer Identifizierung führen als ihre Gesichter oder Zähne.«
»Wieso das denn?«, fragte Garnett.
»Sie wuchsen im Nordosten auf, nicht hier. Vielleicht lebten sie dort auch, und er dachte, dass sie hier so weit von zu Hause entfernt nur schwer zu identifizieren sein würden.«
»Sie wuchsen im Nordosten auf? Woher wissen Sie das?«
»Wir haben gerade erst die chemische Analyse der Knochen zurückbekommen. Die verschiedenen Weltgegenden haben unterschiedliche Chemikalien in ihren Böden und eine unterschiedliche Luftverschmutzung. Diese chemischen Verbindungen lassen sich dann in den Knochen nachweisen. Ich habe das Gutachten an Ihr Büro geschickt.«
»Ich habe es noch nicht bekommen. Sie glauben, er dachte, sie würden hier so weit von zu Hause entfernt nicht erkannt werden?«
»Ja. Aber dann wurde ihm wohl klar, dass wir ihre Fingerabdrücke mit allen uns verfügbaren abgleichen würden und sie so vielleicht identifizieren könnten. Aus diesem Grund schnitt er ihnen die Fingerspitzen ab.«
»Wenn wir gerade von Fingerabdrücken reden …«, begann Garnett.
»David hat bisher keine der Fingerabdrücke, die wir gefunden haben, jemandem zuordnen können, obwohl er in allen verfügbaren Datenbanken nachgeschaut hat.«
Diane fiel ein, dass sie Garnett noch nichts von den Aufträgen erzählt hatte, die sie Jin und Neva erteilt hatte. Sie erklärte ihm ihre Idee, die Diskussionsforen über plastische Chirurgie zu nutzen, und Nevas Idee, mit derselben Methode mehr über diese Tätowierungen zu erfahren.
»Es ist nur eine vage Vermutung, dass uns das weiterbringen könnte.«
»Aber es war eine gute Idee. Was haben wir nur gemacht, bevor es das Internet gab?«
Diane ignorierte seinen Kommentar und fuhr fort: »Was dieses Haar ohne Wurzeln angeht, so werden die DNA-Resultate wohl noch etwas auf sich warten lassen. Vielleicht
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