Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
durchseihte, um nachzuschauen, ob darin noch einige kleine Knochen enthalten waren, hat er diese Diamanten gefunden. Ich wette, eines der Opfer hatte die Steine verschluckt, vielleicht um sie zu schmuggeln, so wie man es mit Kokain macht.«
»Das ergibt tatsächlich Sinn. Raymond war nie zuvor in Schwierigkeiten, selbst als Teenager nicht. Ich konnte einfach nicht verstehen, wie er plötzlich an einer solch großen Sache beteiligt sein sollte. Aber als er sie zufällig fand, hielt er das wahrscheinlich für einen Glücksfall – armer Kerl.«
»Das würde auch erklären, warum er überfallen wurde. Jemand da draußen wusste, wo die Diamanten verborgen waren, und dieser Jemand musste dann nur noch einige Erkundigungen anstellen, was normalerweise bei uns mit diesen Leichen passiert, und schon konnte er sich denken, dass Raymond die Steine haben musste.«
Diane gefiel diese Erklärung, wie Raymond zu den Diamanten gekommen war, viel besser als die Vorstellung, er könnte mit Edwards und Mayberry unter einer Decke gesteckt haben. Sie ging diesen ganzen Gedankengang noch einmal durch, als sie zurück ins Museum fuhr.
Wenn Raymond ganz zufällig diese Diamanten gefunden hatte, warum konnte das nicht auch für Chris Edwards und Steven Mayberry gelten? Sie hatten bei ihrer Holzaufnahme tagelang den gesamten Wald durchstreift. So wie sie damals ihre Arbeit selbst beschrieben hatten, mussten sie dabei fast jeden Quadratmeter Waldboden untersucht haben. Was, wenn auch sie unglücklicherweise über einige dieser Diamanten gestolpert waren? Aber wenn sie recht hatte und Blau, Grün und Rot ihre Steine verschluckt hatten, wo kamen dann die Diamanten her, die Edwards und Mayberry gefunden haben könnten?
Allmählich begann ihr der Kopf wehzutun. Zurück im Museum zog sie ihren Jogginganzug an, der immer im Schrank ihres Museumsbüros hing. Wenn sie am nächsten Wochenende eine Höhle begehen wollte, musste sie etwas für ihre Kondition tun. Seit einer Woche hatte sie dazu keine Zeit mehr gehabt.
»Andie, ich gehe auf dem Naturlehrpfad joggen. Schließen Sie bitte das Büro ab, wenn Sie gehen. Ich habe einen Schlüssel.«
»Geht klar. Bis morgen.«
Der Naturlehrpfad war ein gewundener Rundweg von etwa tausend Metern Länge, der hinter dem Hauptgebäude des Museums verlief. Er galt als eigener Ausstellungsteil, den Diane als unverzichtbar für ein Naturkundemuseum erachtete. Der Weg war von Bäumen gesäumt, deren Art Diane oft nicht einmal kannte. Wenn sich im Herbst die Blätter färbten, sah das wirklich wunderschön aus. Im Frühling und Sommer sorgten die Blumen und Sträucher für Farbtupfer: Rhododendren, Azaleen, Porzellansternchen, Veilchen und Walddreiblätter. Sie versuchte sich an die unterschiedlichen Namen zu erinnern, als sie an den Pflanzen vorbeilief. Im Spätsommer pflückten die Museumsmitarbeiter die Brombeeren, die am Pfad wuchsen.
Diane hatte sich schon einmal überlegt, im Juli ein Brombeer-Picknick für ihre Angestellten und deren Angehörige zu veranstalten. Der schönste Punkt des Naturlehrpfads war jedoch der Schwanenteich in seiner Mitte, ein kleiner, ruhiger See, der aus einem Märchen hätte stammen können.
Diane wurde es nie leid, auf dem Naturlehrpfad zu joggen. Jedes Mal sah sie etwas, das ihr zuvor noch nie aufgefallen war. Normalerweise begegnete man hier am Abend vielen anderen Läufern, aber in letzter Zeit war es so heiß gewesen, dass die meisten Leute lieber in den gut gekühlten Fitnessstudios ihre Übungen absolvierten. Nur selten traf sie einen anderen Läufer.
Sie hatte sich vorgenommen, heute acht Runden zu laufen. Dafür brauchte sie normalerweise fünfunddreißig bis vierzig Minuten, je nachdem, wie sehr sie sich anstrengen wollte. Sie schaute auf die Uhr. Es war noch nicht zu spät.
Heute hatte sie regelrecht Lust, möglichst schnell zu laufen. Sie sprintete über den Weg. Ihr Herz schlug schnell. Plötzlich hatte sie den Eindruck, hinter sich den regelmäßigen Rhythmus schneller Schritte zu hören. Noch ein Jogger, dachte sie. Es hörte sich wie ein weiterer Läufer an. Sie konnte ihn kaum hören, aber sie spürte den Rhythmus. Sie beschleunigte ihre Schritte. Der Rhythmus war immer noch da. Sie schaute über die Schulter, aber der Weg machte an dieser Stelle eine Biegung, und ihr Blick wurde durch Rhododendren behindert.
Die Ereignisse der letzten Zeit hatten sie ein wenig paranoid werden lassen, und sie begann, sich langsam Sorgen zu machen. Sie bog um eine Kurve,
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