Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
Reihe von Schränken. Daneben gab es einige metallene Arbeitsflächen und Waschbecken. Alles hier glänzte und funkelte, vom hellblauen Steinfußboden bis zu den metallenen Oberflächen – alles außer dem geschwärzten Leichnam mit dem steif gewordenen blonden Haar und unnatürlich langgestreckten Hals.
»Ich war so froh, als ich dieses Sicherheitslabor bekommen habe. Aber jetzt gibt es ein Problem nach dem anderen.«
»Kann denn da die Krankenhausverwaltung überhaupt nichts tun?«
»Hören Sie mir bloß auf mit diesen Erbsenzählern in der Verwaltung«, seufzte sie. »Es tut mir leid. Ich weiß, hier drinnen ist es unerträglich. Aber jetzt müssen wir uns damit abfinden und mit unserer Arbeit beginnen.«
»Meine Großmutter hat als Kind einmal jemanden gefunden, der sich aufgehängt hatte und so aussah«, sagte der Laborassistent. »Dessen Hals war auch so lang wie eine Schlange. Sie verstand es als Zeichen des Schicksals.«
»Als Zeichen wofür?«, fragte Diane verwundert.
»Dass sie und ihre Familie nach Atlanta ziehen sollten.«
»Und? Sind sie dorthin gezogen?«
»Klar.« Er ging in Richtung Tür und zog sich seine Schutzmaske vom Gesicht. »Ich bin gleich wieder zurück.«
Diane und Lynn beobachteten den schmalen, jungen Schwarzen, als er den Raum verließ.
»Ich frage Raymond nie, was er macht, wenn er diesen abwesenden Gesichtsausdruck bekommt.« Lynn zuckte mit den Schultern und wandte sich dann ihrer Arbeit zu. »Ich möchte mit den Kleidern beginnen. Wir müssen die Ärmel aufschneiden, aber ich möchte mir erst einmal den Körper ansehen, bevor wir die Hände losbinden.«
Der Stoff war hart und ließ sich nur schwer schneiden. Während ihrer Arbeit fielen Maden auf die Metalloberfläche des Tisches. Sie steckten die Kleidung gerade in einen großen Beutel, als der Laborassistent zurückkam. Er zog seine Handschuhe an und griff nach dem Beweisbeutel.
»Ich werde ihn kennzeichnen. Wie wollen wir diesen Körper hier nennen?«
»Blau«, antwortete Diane.
»Blau«, wiederholte Raymond. »Na ja, der Name ist eigentlich auch egal.«
»Nein, der hat schon seinen Grund. Als wir sie abschnitten, haben wir dünne blaue, rote beziehungsweise grüne Schnüre um die beiden Schnittenden des Seils gebunden, so dass wir die Schlingen auch künftig noch zuordnen können.« Diane zeigte auf die blaue Schnur, die um das Ende des abgeschnittenen Seils gebunden war.
Die Schlinge, die das Opfer immer noch um den Hals trug, war tief in das Fleisch unter dem Kinn eingesunken.
Diane wünschte keinem Menschen, ein Familienmitglied in einem solchen Zustand sehen zu müssen. Er würde sich nie mehr an seinen Angehörigen erinnern können, ohne dieses Bild vor Augen zu haben. Sie trat ein Stück vom Obduktionstisch zurück und sah zu, wie Lynn und ihr Assistent die Oberfläche des Körpers genauestens untersuchten.
Lynn sprach ihre Beobachtungen in ein Hängemikrophon. »Das Opfer ist ganz offensichtlich weiblich …«
Diane erschrak, als plötzlich jemand ans Fenster klopfte. Ein Mann in den Dreißigern beobachtete sie vom Hauptlabor aus. Er trug eine graue Hose, ein weißes Hemd und eine gewöhnungsbedürftige Blümchenkrawatte. Mit der einen Hand hielt er sich Mund und Nase zu. Lynn schaltete die Gegensprechanlage ein.
»Was geht denn hier vor?«, hörte man die Stimme des Mannes. »Kommen Sie doch einmal eine Minute hier heraus.«
»Ich bin mitten in einer äußerst wichtigen Untersuchung, Jackson. Was wollen Sie?«
Jackson beugte sich etwas vor und unterdrückte ein Würgen. »Warum stinkt es hier so?«
Die drei im Isolationsraum schauten Jackson mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Wir haben hier einen verwesenden Leichnam auf dem Tisch«, sagte Lynn. »Er wäre sicher besser, wenn die Klimaanlage funktionieren würde. Tut sie aber nicht.«
»Im Rest des Gebäudes arbeitet sie einwandfrei.«
Lynn fixierte ihn einen Moment, bevor sie antwortete. »Nun, hier drinnen funktioniert sie nicht. Was verschafft uns überhaupt die Ehre Ihres Besuchs? Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie jemals zuvor den Autopsieraum betreten hätten.«
»Ich sprach gerade mit einem unserer Förderer, als dieser … dieser … fürchterliche Geruch in mein Büro eindrang.«
»Der Wartungstechniker meinte, es habe etwas mit den Lüftungsklappen zu tun. Sie müssen unbedingt einmal mit ihm sprechen.«
»Er hat sich krankgemeldet.« Jackson versuchte auch beim Sprechen durch den Mund zu atmen.
»Er ist doch ganz gewiss nicht
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