Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
dreistöckigen Granitgebäude untergebracht, das seit dem späten 19. Jahrhundert als Museum diente. In den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts war es dann in eine private Klinik umgewandelt worden. Erst seit ein paar Jahren war es wieder ein Museum. Es hatte große Ausstellungsräume mit hohen Kuppeldecken in neoromanischem Stil, polierte Granitböden und seltene wundervolle Wandmalereien von Dinosauriern, aus einer Zeit, als man noch glaubte, diese hätten ihre Schwänze hinter sich hergeschleppt.
Diane erfüllte als Direktorin dieses Museums ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit. Es war ein Ort der Gelehrsamkeit, der Wissenschaft und des Vergnügens – und sie war dessen Regentin. Dank des verstorbenen Gründers standen keine Bürokraten zwischen ihr und dem, was sie für das Museum erreichen wollte. Es war wirklich eine Traumstellung. Sie konnte sich nicht vorstellen, wieder ganz zur Kriminaltechnik und Forensik zurückzukehren. Sie wollte nicht mehr ständig mit dem Tod und dem Bösen zu tun haben, und dies an Orten, wo das Böse oft die Oberhand behielt und nur ganz selten bestraft wurde. Aber als sie Frank Duncan half, die Mörder seiner Freunde zu finden, hatte sie gemerkt, dass sie diese Jagd und das Puzzle einer Verbrechersuche seltsamerweise sehr genoss. Außerdem hielt dies die Wölfe von den schön geschnitzten Holztüren des Museums fern.
Es war zehn Uhr morgens, als Diane das Beweismaterial aus Lynn Webbers Autopsielabor in ihr eigenes Kriminallabor im zweiten Stock des Museums hinauftrug.
»Beginnen Sie mit der Kleidung«, wies sie Jin an. »Mit dem Seil warten Sie bitte noch. Ich werde später noch mehr Kleidung und einige Insektenproben bringen.«
»Geht klar.« Jin nahm die einzelnen Schachteln und klebte auf jede Identifikationsetiketten, die er und Diane danach signierten. Die Schachteln verstaute er dann in einem Sicherheitsschrank, den er sorgfältig abschloss. »Dies ist ein wichtiger Fall. Die Leute reden bereits darüber.«
»Man wird uns diesmal genau auf die Finger sehen. Sowohl der Bürgermeister als auch der Leiter der Kriminalpolizei werden uns ganz schön in die Mangel nehmen.«
»Wir werden wie üblich brillant sein. Ich fange gleich mit der Kleidung an, dann können wir dem Sheriff bereits heute Abend erste Resultate liefern.«
Im Labor waren nur noch einige Techniker mit Papierkram beschäftigt. Davids Behälter mit den Insektenzuchtkästen standen im entomologischen Arbeitsbereich des Labors.
»Sind David und die anderen noch draußen?«, fragte sie.
»Sie wissen ja, dass er am Ende einer Ortsuntersuchung gerne noch einmal alles durchgeht. Neva ist bei ihm. Sie machen sie ganz schön nervös.«
»Ich?«
»Sie glaubt, Sie hätten im letzten Jahr für die Degradierung von Detective Janice Warrick gesorgt.«
»Das war ich gar nicht. Janice hat einen Fall verpatzt und einen Tatort kontaminiert. Sie ist für ihren Karriereknick schon selbst verantwortlich.«
»Ich nehme an, Neva weiß nur, was sie in ihrem Polizeikommissariat gehört hat.«
»Wie macht sie sich so?«
»Sie hat immerzu Angst.«
»Vor mir?«
»Vor Ihnen, aber hauptsächlich vor dem Chef der Kriminalpolizei. Sie hat Angst, dass sie hier versagt. Sie wollte diesen Job nicht. Er hat ihn ihr einfach zugewiesen.« Jin zuckte die Achseln. Er verstand offensichtlich nicht, wie man sich nach einem solchen Traumjob nicht die Finger schlecken konnte. »David hat sie wieder zum Tatort mitgenommen. Er zeigt ihr, wie man dort nach Sachen sucht. David ist wirklich ein guter Junge.«
»Ja, das stimmt.« Diane gefiel es ganz und gar nicht, was sie über Neva hörte. Dies war ein Fall, den sie nicht verpfuschen durften. »Ich schaue erst einmal hier im Museum nach dem Rechten und gehe dann zurück zur Autopsie.«
Jin nickte. »Soll ich David sagen, dass er Sie anrufen soll?«
»Nein. Ich spreche später mit ihm.«
»Wenn Sie das Seil untersuchen, würde ich gern zuschauen. Ich habe so etwas noch nie gemacht.«
»Verstehen Sie etwas von Knoten?«
»Ich war bei den Pfadfindern.«
»Können Sie Knoten binden?«
»Klar … ein paar.«
»Gehen Sie in die Museumsbibliothek und holen Sie sich ein Buch über Knoten. Studieren Sie die unterschiedlichen Arten.«
Diane verließ den Raum und ging ins Erdgeschoss hinunter. Das Museum war bereits seit einer Stunde geöffnet und voller Sommerschüler auf Klassenausflug. Aus dem Dinosauriersaal drang lautes, aufgeregtes Geschnatter, als sie auf dem Weg in ihr Büro daran
Weitere Kostenlose Bücher