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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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was gut für dich ist, Freundchen.«
    »Das darfst du laut sagen.« Und er langte nach ihr.

8
    Dr. Samuelson hatte Ecke 79. Straße und Madison Avenue eine Eigentumswohnung im 18. Stock. Im Parterre des gleichen Gebäudes unterhielt er seine Praxis. Es war gar nicht ungewöhnlich, ihm in Pantoffeln und Strickjacke im Fahrstuhl auf dem Weg von oder zur Praxis zu begegnen.
    Delaney und Boone standen einen Moment frierend unter der über dem Hauseingang aufgespannten Markise, die sie vor dem Schneeregen schützte, der während der Nacht zu fallen begonnen hatte.
    »Wir könnten ihn uns eigentlich mal so richtig vornehmen«, überlegte Delaney laut. »Nur so zum Spaß. Es wäre mal was anderes. Kurze, treffende Fragen ohne jeden Zusammenhang. Piff, paff, puff! Wir decken ihn von allen Seiten ein.«
    »Damit er nicht zum Überlegen kommt?« fragte Boone.
    »Ja. Einmal das, aber auch, weil er mich an einem so jämmerlichen Tag so früh aus dem Bett geholt hat.«
    Dr. Samuelson machte selber auf, überhaupt sah es nicht so aus, als beschäftige er eine Praxishelferin. Er nahm ihnen die nassen Mäntel ab und hängte sie eigenhändig weg, führte sie alsdann in sein Sprechzimmer, das ziemlich chaotisch wirkte.
    Es sah hier aus, als wäre die Möblierung eher dem Zufall als überlegter Auswahl zu verdanken. Es roch etwas muffig, und die wenigen guten antiken Stühle bedurften dringend der Aufarbeitung. Auf einem Bücherregal schimmelte eine ausgestopfte Eule vor sich hin.
    Außer einem Roßhaarsofa gab es noch zwei lädierte Korbstühle, und die bot der Doktor seinen Besuchern an, während er selber sich an seinen Schreibtisch setzte, und zwar in einen abgewetzten ledernen Sessel.
    Sergeant Boone wies sich als Kriminalbeamter aus und erklärte Delaneys Rolle bei den Ermittlungen.
    »Ja, ja«, quiekte der Doktor mit überraschend hoher Stimme, »nach unserem gestrigen Gespräch habe ich vorsichtshalber einige Erkundigungen eingezogen. Man hat Sie alle beide sehr empfohlen. Ich bin also durchaus bereit, Ihnen behilflich zu sein, nur habe ich der Polizei ja schon alles gesagt, was ich weiß.«
    »Alles, was sich zur Tatzeit ereignet hat, ja, aber wir brauchen unbedingt noch weitere Informationen, die aus Ihrer Aussage nicht zu entnehmen sind«, sagte Delaney.
    »Zum Beispiel«, setzte Boone fort, »wie gut Sie mit dem Ermordeten bekannt waren?«
    »Wir standen uns ausgesprochen nahe, und zwar schon, seit er bei mir in Boston studierte.«
    Delaney: »Waren Sie auch mit seiner Frau gut bekannt?«
    »Selbstverständlich. Hier in New York waren wir häufig zusammen, und ich war oft als Hausgast bei ihnen in Brewster.«
    Boone: »Halten Sie es für möglich, dass Ellerbee von einem Patienten umgebracht worden ist?«
    »Durchaus denkbar. Tätliche Angriffe auf Psychiater kommen nicht selten vor.«
    Delaney: »War die Ehe der Ellerbees gut?«
    »Sehr gut, möchte ich sagen. Sie waren nicht nur durch große Zuneigung miteinander verbunden, sondern auch durch eine berufliche Interessengleichheit.«
    Boone: »Welche Sorte Patient würde dazu neigen, ihren Therapeuten tätlich anzugreifen?«
    »Ein Psychopath zweifellos. Oder jemand, der im Laufe der Analyse ein schweres Trauma erleidet. Das kann gelegentlich ein sehr schmerzhafter Prozess sein.«
    Delaney: »Wenn Sie ›der‹ Täter sagen, heißt das so viel wie, dass Sie als Täter einen Mann vermuten?«
    »Nicht unbedingt. Man sagt eben in solchen Fällen ›der‹ Täter, auch wenn es ebenso gut eine Frau sein könnte.«
    Boone: »Hat auch Mrs. Ellerbee bei Ihnen studiert?«
    »Nein, sie wurde von ihrem Mann ausgebildet — auf diese Weise haben sie sich kennengelernt.«
    Delaney: »Hat er ihr zugeredet, selber zu praktizieren?«
    »Man könnte es so ausdrücken. Es war eine Art Pygmalion-Galatea-Beziehung, und wir haben oft darüber gelacht.«
    Boone: »Wollen Sie sagen, sie war sein Geschöpf?«
    »Das nun wieder nicht, aber er hat ihre Begabung erkannt und gefördert. Soweit ich weiß, war sie, bevor sie seine Schülerin wurde, noch eher dilettantisch. Er hat ein Potential in ihr vermutet, dass er für förderungswürdig hielt, und damit hatte er recht. Sie ist eine ausgezeichnete Psychologin.«
    Delaney: »Wie erklären Sie die Augenverletzungen an der Leiche, durch Hammerschläge?«
    Samuelson zeigte zum ersten Mal Wirkung, unter diesem Bombardement von Fragen. Er fummelte mit einem Bleistift herum, und den Kriminalisten fiel auf, dass seine Hände etwas zitterten.
    Von Gestalt

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