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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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zerdrückte und in Richtung Papierkorb warf. Diesmal kein Treffer.
    »Nein, schlafen tu ich abends nicht. Er kommt mal früher, mal später.«
    »Wann ungefähr?«
    »Nach neun.«
    »Wie lange nach neun?«
    »Ist unter-unterschiedlich.«
    »Jetzt hören Sie mir mal gut zu, Sie«, sagte der altgediente Polizist, ohne die Stimme zu heben. »Es handelt sich um einen Mordfall. Und wenn Sie glauben, Sie können mich hier an der Nase rumführen, sperre ich Sie in die Ausnüchterungszelle, bevor Sie sich versehen. Da können Sie in Ruhe in der passenden Gesellschaft darüber nachdenken, ob Sie meine Fragen beantworten wollen. Und zwar richtig?«
    Sie verzog die Visage und fing an zu heulen. »So dürfen´se nicht mit mir umgehn!«
    »Ich gehe mit Ihnen um, wie es mir passt«, versetzte Calazo kalt. »Für mich sind Sie Abschaum.« Er griff sich blitzschnell die Fuselflasche und ging damit zum Spülstein in der Küche, wo es ekelerregend stank.
    Heulend fuhr sie von der Couch hoch. »Was machen´se denn da!«
    »Ich gieße Ihren Schnaps aus, und dann stelle ich die Bude auf den Kopf, und wenn ich noch welchen finde, geht der hinterher.«
    »Bitte«, flehte sie, »machen’se das nicht, ich …. ich bin krank, ich bin 'ne alte Frau … das Geld von der Wohlfahrt kommt erst… warum wollen´se 'ne alte Frau kränken…?«
    »Eine alte Säuferin sind Sie. Und stinken tun Sie. Kein Wunder, dass Ihr Sohn jeden Tag die Kurve kratzt.« Er hielt die Flasche über den Ausguss. »Also, wann kommt er abends heim?«
    »Um neun. Paar Minuten nach neun.«
    »Jeden Abend?«
    »Immer.«
    Er ließ einige Tropfen Fusel in den Spülstein rinnen. Sie kreischte fürchterlich: »Bis auf Freitag! Freitags is es später, zehn, halb elf, so was!«
    »Warum? Wo geht er dann hin?«
    »Weiß ich nicht, ich schwöre, ich weiß es nicht!«
    »Haben Sie nie danach gefragt?«
    »Hab ich ja, bestimmt, aber er will es nicht sagen.«
    Er starrte sie lange an, reichte ihr dann die Flasche, die sie mit bebenden Händen entgegennahm und an die Brust drückte wie einen Säugling.
    »Besten Dank für Ihre Hilfsbereitschaft, Mrs. Kane«, sagte Calazo und beeilte sich wegzukommen. Er ging Richtung Broadway und atmete tief durch, um den Gestank loszuwerden. Er hatte zwar schon Schlimmeres gerochen in seinen Jahren bei der Polizei, aber schlimm genug war das da drinnen jedenfalls gewesen.
    Von einer Zelle mit einem wunderbarerweise intakten Telefon rief er seine Frau an.
    »Zum Abendessen bin ich zu Hause, Schatz, aber nachher muss ich noch mal weg. Soll ich was mitbringen?«
    »Heute Abend gibt es Bockwurst. Es ist noch ein Rest Senf da, aber du könntest trotzdem noch welchen kaufen. Du weiß schon, den scharfen, den du am liebsten hast.«
    »Okay. Bis gleich.«
    Er hängte erleichtert ein.
    Um 20 Uhr 30, den Magen wohlgefüllt mit Bockwurst, Sauerkraut und gebackenen Bohnen, suchte er in der Umgebung des Gemeindezentrums auf der 79. Straße einen Parkplatz. Schließlich stellte er seinen Wagen in der Einfahrt zum Möbellager neben dem Keller von der alten Kane ab, ohne das Schild zu beachten, das ihm befahl: Einfahrt jederzeit freihalten.
    Er verschloss den Wagen und bezog dem Zentrum gegenüber Posten. Um zu vermeiden, dass er eisige Füße bekam, stapfte er hin und her, ließ aber das noch erleuchtete Zentrum keinen Moment aus den Augen.
    Der Polizeiarzt hatte den Zeitpunkt des Todes von Ellerbee mit 21 Uhr angegeben, doch war das notgedrungen eine Schätzung, es konnte Abweichungen von einer halben Stunde oder noch mehr geben. War Kane also wie üblich auch an jenem Freitagabend um neun hier weggegangen, konnte er sehr wohl zur 84. Straße gelaufen sein, dort Ellerbee den Schädel eingeschlagen haben und zwischen 22 Uhr und 22 Uhr 30 zu Hause eingetroffen sein. Leicht. Calazo glaubte nicht, dass der Junge der Täter war, aber er könnte es immerhin gewesen sein.
    Im Zentrum gingen nacheinander die Lichter aus. Calazo lehnte an einem Laternenpfahl und kaute auf einer kalten Zigarre. Mehrere Personen verließen das Gebäude, darunter zwei auf Krücken. Nun erschien Kane. Calazo ging ihm nach. Kane hielt sich nirgendwo auf, sondern marschierte stracks nach Hause. Es war Mittwoch.
    Am Donnerstag holte er Auskünfte in der Klinik ein, in welcher der Junge von Doktor Ellerbee behandelt worden war. Die Krankengeschichte rückte man nicht heraus, doch zeigten sich einige Personen, die Kane kannten, bereit, über ihn zu sprechen.
    Alle stimmten darin überein, dass

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