Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
diaboli
?«
Hausers Zeigefinger bohrte sich in die Brust des Gegenübers. Er spürte, dass der Anwalt zitterte. »Ketzer«, setzte er flüsternd nach, »denkt an Eure Familie.«
Von Homburg nickte, erschrocken wich er einige Schritte zurück, bis er gegen die Tür prallte und nicht weiter konnte.
Mit einer ungeduldigen Bewegung schob Hauser ihn zur Seite. »Macht Platz«, zischte er. »Die Schöffen erwarten mich im Saal.«
KAPITEL 14
20. 11. 1534 – 21. 11. 1534
D ie Schöffen waren vollzählig erschienen. Wohlwollend blickte Hauser in die Runde der dunkel gekleideten Herren, dann ließ er sich schwerfällig auf seinen Richterstuhl fallen. Er sah Johann Helffman, Christoph Hoss, Simon Engelhardt, Valentin Gottfried und weitere ehrbare Kölner, die ihm in diesem Prozess zur Seite gestellt worden waren. Die Phalanx der Schöffen hob sich ab vor dem ansonsten leeren Saal, der nun in fahles Winterlicht getaucht war. Ihre Aufgabe war es, den Richter in der Urteilsfindung zu unterstützen. Doch nach dem Gespräch mit von Homburg dachte Hauser plötzlich, dass er noch niemals zuvor so sicher in seinem Urteil gewesen war wie im Fall Agnes Imhoff. Der kaiserliche Brief in seinem Hosenbund bestärkte ihn in seinem Handeln. Er musste etwas tun!
»Guten Morgen, meine Herren.« Hauser nickte und legte seinen Hut ab. An seinem Platz war es nun angenehm warm, das Holz im Kamin brannte mit hellen Flammen. »Wir sind zusammengekommen, um abschließend über das Urteil im Fall Charman gegen Imhoff zu beraten«, fuhr er energisch fort. »Und ich denke, dass wir schnell zu einer Einigung kommen werden.«
Die Männer nickten, einige rutschten jedoch unbehaglich auf ihren Stühlen hin und her. Hauser wartete ab. Schließlich wagte Simon Engelhardt sich vor und ergriff das Wort. »Man muss alle Punkte sorgfältig gegeneinander abwägen«, sagte er, hektische rote Flecken zeigten sich auf seinen Wangen. Er wies auf die Bank, auf der die Beklagte in den vergangenen Prozesstagen Platz genommen hatte. »Der Fall Agnes Imhoff ist vielschichtiger, als er sich uns auf den ersten Blick dargestellt hat.«
Hauser hatte erwartet, dass der eine oder andere Schöffe sich auf die Seite der Angeklagten schlagen würde. Wichtig klopfte er auf seinen Aktenstapel. »Was habt Ihr denn Bedeutendes gesehen, das meinem scharfen Blick entgangen ist, mein lieber Engelhardt?«, fragte er spitz. Ein herausforderndes Augenzwinkern folgte seinen Worten.
Die Männer lachten derb, während der Schöffe bis unter seinen blonden Haaransatz errötete. Nun war jedermann klar, dass die Angeklagte ihn mit ihren offensichtlichen Reizen in den Bann gezogen hatte.
»Nun …« Engelhardt suchte nach Worten, verlegen knetete er die Hände in seinem Schoß.
»Ich höre, Engelhardt.« Hauser lehnte sich entspannt zurück und ließ den Blick über die leeren Zuschauerbänke schweifen. Das Publikum im Saal war lange auf der Seite der Angeklagten gewesen. Zu Beginn des Prozesses war Agnes Imhoff scheinbar ruhig und gelassen aufgetreten. Ihre Rede war sicher, gewandt und klug gewesen. Das dunkle, in der Mitte gescheitelte Haar, der züchtig zurückgebundene Zopf hatten ihr die Aura einer Heiligen verliehen, was alle Frauen anrührte. Ihr wiegender Gang, die schmale Taille und die volle Brust zogen vor allem die Männer in ihren Bann.
»Agnes Imhoff hat noch nicht einmal ausgesagt, und wir sitzen hier und fällen bereits unser Urteil«, flüsterte Engelhardt.
Hauser zuckte die Schultern. »Nach der letzten Zeugenaussage dürfen wir nicht mehr viel Wahres aus ihrem Munde erwarten. Immerhin sprechen wir über eine Frau, die der Anstiftung zum Mord verdächtigt wird.«
»Wir haben keinen Beweis dafür, dass die Imhoff für den Tod ihres Mannes verantwortlich zu machen ist«, sprang Johann Helffman seinem Nachbarn zur Seite. »Dieser Flussschiffer Clewin ist und bleibt verschwunden. Und der ist unser einziger Zeuge in dieser Sache.«
Hauser winkte ungeduldig ab. Natürlich war es bedauerlich, dass man die Imhoff nicht auch noch des Mordes überführen konnte. Für einen Moment stellte er sich das Spektakel ihrer Hinrichtung vor, das lange Haar, das über den Richtblock floss und sich nach dem Schlag des Henkers blutrot färbte. Das Entsetzen der Menge, den eigenen wohligen Schauer, das Wissen, Recht gesprochen zu haben. Göttliches Recht.
»Aber wir haben Aussagen und Beweise, die den Betrug an Richard Charman belegen. Erdrückende Beweise … Und nur darum geht es
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