Die Vinetaner - Rusana
niemals gesucht, geschweige denn, hierher geschleppt. Es ist nicht richtig, dein Leben in Gefahr zu bringen, um ein anderes zu retten. Aber ich habe wirklich geglaubt, Marco von seinem Fluch zu befreien, wäre völlig ungefährlich für dich. Allerdings ist das keine Entschuldigung, dich in diese gefährliche Situation gebracht zu haben. Außerdem hätten wir uns vielleicht doch lieber verstecken und auf das U-Boot warten sollen. Ich ... ich weiß nicht ... vielleicht sollten wir ... „
Christian griff über den Tisch und legte seine Hand auf ihre.
„Es ist gut, Rusana. Du wusstest nichts von den Intrigen und jetzt sind wir hier. Irgendwie werden wir den Rest des Weges auch noch bewältigen.“
Rusana schloss ihre Augen und genoss die Wärme und das prickelnde Gefühl seiner Hand auf ihrer Haut. Doch Ruvens mahnende Worte hallten durch ihren Kopf, weswegen sie nach wenigen Augenblicken ihre Hand unter Christians hervorzog. Allerdings nicht, ohne vorher mit ihrem Daumen sanft über seinen Handrücken zu streicheln. Diese kleine Geste hatte sie sich nicht verkneifen können. Chris räusperte sich und griff nach seinem Kaffee. Er trank einen Schluck und fragte heiser:
„Ob der Budara wohl da draußen auf uns wartet?“
„Er wird mit Sicherheit in der Nähe sein und uns auf jeden Fall verfolgen, sobald er unsere Witterung aufnimmt. Hinter der Hütte steht eine Kiste mit Armbrüsten, doch ich befürchte, dass wir auch hier keine Bolzen finden werden.“
„Wieso sind diese Bolzen eigentlich so effektiv im Kampf gegen einen Budara?“
„Weil ihre Spitzen mit einem schnell wirkenden Gift versehen sind.“
„Wie praktisch.“
Sie aßen eine Weile schweigend, bis Christian plötzlich feststellte:
„Du hast mir immer noch nicht gesagt, warum dein Bruder Marco verflucht hat.“
„Nun ja ... er war halt sehr wütend auf ihn.“
„Aha. Und warum?“
„Das wirst du noch früh genug erfahren“, wich Rusana aus und errötete.
Christian schüttelte seinen Kopf. Nach wie vor beantwortete sie seine Frage nicht. Wieso war es ihr peinlich, darüber zu reden? Obwohl ihre Antwort unbefriedigend war, bohrte er nicht weiter nach, sondern fragte:
„Können alle Vinetaner wirksame Flüche aussprechen?“
„Nein, glücklicherweise nur der König. Allerdings hält mein Bruder diese Gabe selbst für einen Fluch. Er hasst sie und ist der Meinung, dass niemand solch eine Macht besitzen sollte. Außerdem ist Ruven felsenfest davon überzeugt, jedes Mal ein Stück seiner Seele zu verlieren, sobald er einen Fluch ausspricht.“
„Hört sich unheimlich an. Woher kommt diese Macht?“
„Es gibt zwei Legenden. Die eine besagt, dass diese Macht von den Erbauern der Übergänge stammt, die andere Legende schreibt sie den Malusianern zu. Mein Bruder ist von der zweiten Variante überzeugt, denn die Malusianer sind ein Volk der Dunkelheit und Bosheit. Sie sind vor Urzeiten in eine Dimension verbannt worden, aus der sie den mündlichen Überlieferungen nach mit aller Macht versuchen, auszubrechen. Es heißt, dass sie die Vinetaner und auch die Menschen versklaven wollen, um sich an ihren Ängsten zu laben und sich von ihrem Blut und ihren Seelen zu ernähren.“
Ein Teil von Christians Verstand weigerte sich noch immer, an Flüche und andere Dimensionen zu glauben, aber nach den letzten Ereignissen musste er sich mit dem Gedanken anfreunden, dass seine Realität ein Trugbild war.
„Könnten die Malusianer es schaffen, aus ihrer Dimension auszubrechen?“
„Ich weiß es nicht. Angeblich ist der Untergang Vinetas vor eintausend Jahren die Folge eines Befreiungsversuches gewesen und alle Beteiligten sollen ums Leben gekommen sein. Der Legende nach existieren Schriften, die sich nicht vernichten lassen und die auf unerklärliche Weise auftauchen und nach einer gewissen Zeit wieder verschwinden. Angeblich steht in diesen Schriften, wie die Malusianer aus ihrer Dimension befreit werden können, allerdings kann die Worte kaum jemand entziffern. Diejenigen, die es versuchen, verfallen nach und nach dem Wahnsinn. Irgendwann sind diese Personen davon überzeugt, die Schriften lesen zu können und handeln dementsprechend. Leider ist ihr Wahnsinn schleichend und die betroffenen Personen gehen äußerst geschickt vor, um ihre Ziele zu erreichen.
„Ziele, die sie aus den Schriften herauslesen?“
Rusana nickte.
„Und diese Ziele haben immer etwas mit der Befreiung der Malusianer zu tun?“
„Das behaupten zumindest die Gerüchte. Den Legenden nach gibt
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