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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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nannte. Das konnte man mit einer Zigarette erreichen, und danach musste man nur noch die Nase mit Mineralwasser ausspülen.
    »Aber es gibt tatsächlich ein Problem«, sagte er schließlich an Perdomo gewandt. »Am Telefon haben Sie gesagt, dass Sie in einem Mordfall ermitteln und die Identifizierung des Geruchs entscheidend für die Festnahme des Mörders sein könnte.«
    »So ist es.«
    »Aber Sie wollten mir nicht sagen, wer der Verdächtige und das Opfer sind.«
    »Was sollte das auch für eine Rolle spielen? Ich habe Sie nur gebeten, uns bei der Identifizierung eines Parfüms zu helfen.«
    »Für mich spielt es eine Rolle. Stellen Sie sich vor, ich habe Erfolg und identifiziere diesen Duft. Sie erwischen Ihren Täter, und der bekommt heraus, dass ich Ihnen den Beweis geliefert habe, der zu seiner Festnahme geführt hat.«
    »Señor Orozco, ich garantiere Ihnen, dass –«
    »Sie können das vielleicht«, unterbrach Orozco ihn ungestüm, »weil Sie ein Diener des Volkes und per Ehrenkodex und Diensteid dazu verpflichtet sind. Aber sie? Was weiß ich von dieser Frau? Wer garantiert mir, dass sie nicht aus Geltungsbedürfnis oder Gewinnstreben oder beidem in ein paar Monaten zur Presse oder zum Fernsehen geht und ich ohne eigenes Zutun ins Visier eines gefährlichen Mörders gerate?«
    Perdomo und Ordóñez wechselten einen hilflosen Blick. Die Argumentation des Parfümeurs war nur schwer zu entkräften. Der Mann schien sehr verängstigt, er wirkte völlig umgewandelt, ganz anders als der freimütige, mitteilsame Charmeur, mit dem sie zu Mittag gegessen hatten.
    »Wenn Sie nicht bereit sind, mit der Polizei zusammenzuarbeiten, warum haben Sie mir das dann nicht gleich gesagt? Dann hätten wir uns die Reise sparen können.«
    »Ich weigere mich ja gar nicht, mit Ihnen zusammenzuarbeiten … bisher. Ich sage Ihnen nur, da mein Leben auf dem Spiel stehen könnte, hätte ich gerne mehr Informationen.«
    Perdomo schwieg. Einerseits war er überzeugt, wenn jemand den Geruch identifizieren konnte, den Mila wahrgenommen hatte, dann dieser Mann; andererseits befürchtete er, Orozco könne selbst etwas ausplaudern, wenn er ihn über den Fall informierte, mit fatalen Folgen für die Aufklärung des Verbrechens wie auch Perdomos bisher brillante Karriere bei der Polizei. Perdomo wusste, wie wütend die Regenbogenpresse über solche Fälle herfiel, und sah bereits die Schlagzeile des Tages vor sich: SPANISCHE POLIZEI WENDET SICH AN AMATEURHELLSEHERIN, UM AUDITORIO-WÜRGER ZU IDENTIFIZIEREN!
    Dies galt es, unter allen Umständen zu verhindern.
    »Señor Orozco, wenn wir den Mörder dank Ihrer Mithilfe fassen, bekommt er mindestens zwanzig Jahre. Wovor haben Sie also Angst?«
    »Zwanzig Jahre? Vorausgesetzt, er muss sie auch vollständig verbüßen, gedenke ich, in zwanzig Jahren noch zu leben. Für wie alt halten Sie mich? Ich bin noch keine sechzig! Außerdem«, argumentierte er weiter, »verbüßt doch kein Verbrecher heute noch seine volle Strafe, und schon gar nicht in Spanien! Strafverkürzung wegen guter Führung kommt doch immer häufiger vor. Oder glauben Sie, ich verfolge die Presse meines Heimatlandes nicht?«
    »Das stimmt«, räumte Perdomo ein, der in den letzten Jahren mehrfach hatte mit ansehen müssen, wie Straftäter, die zu fassen ihn Jahre gekostet hatte, ohne Schwierigkeiten wieder aus dem Gefängnis gekommen waren. Er stand kurz davor, nachzugeben, doch einen Anlauf unternahm er noch.
    »Sie scheinen sich sehr sicher zu sein, dass Sie den Geruch erkennen werden. Was, wenn ich Ihnen die Einzelheiten des Falls enthülle, und dann können Sie uns hinterher doch nicht helfen?«
    »Ich schlage Ihnen eine Abmachung vor, Inspector. Sie verpflichten sich, mir sämtliche Details des Verbrechens zu erzählen, falls ich den Duft finde. Nur so kann ich erfahren, vor wem ich mich unter Umständen in Acht nehmen muss.«
    Perdomo gab vor, den Vorschlag zu überdenken, doch in Wirklichkeit war seine Entscheidung bereits gefallen.
    »Abgemacht«, sagte er schließlich und streckte die Hand aus. »Aber Sie müssen mir Ihr Wort geben, dass Sie die Informationen, die ich Ihnen womöglich gebe, unter keinen Umständen weitergeben, weder öffentlich noch privat.«
    Orozco versprach, Stillschweigen zu bewahren. Dann führte er seine beiden Gäste zum Allerheiligsten eines jeden Parfümeurs: einem wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Instrument Orgel genannten Tisch oder Pult, auf dem in aufsteigenden Reihen Hunderte von kleinen

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