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Die Vipern von Montesecco

Die Vipern von Montesecco

Titel: Die Vipern von Montesecco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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damit?« fragte Angelo.
    »Vipern fangen!« sagte Lidia. Sie nickte ihm freundlich zu.
    »Es ist ganz einfach«, sagte Franco. »Du mußt sie nur mit der Gabel am Boden fixieren. Am besten direkt hinter dem Kopf, aber wenn du sie ein wenig weiter hinten triffst, ist es auch nicht schlimm. Dann nimmst du sie mit der anderen Hand hoch und läßt sie mit ausgestrecktem Arm in einen festen Leinensack fallen. Haben wir da etwas Geeignetes, Lidia?«
    »Wird sich finden lassen«, sagte Lidia.
    »Ihr seid doch total verrückt!« sagte Angelo und schob den Stock zur Seite. Er erhob sich, ging und ließ die Geschwister stehen.
    »Müßt ihr ihn so provozieren?« fragte Paolo.
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du redest«, sagte Franco.
    »Früher haben wir die Vipern immer auf diese Art gefangen«, sagte Lidia.
    Früher, dachte Vannoni. Er zündete sich eine MS an. Und jetzt? Vipern fielen nun mal nicht vom Himmel. Hatten die Marcantonis sie lebend gefangen und im Dorf ausgesetzt? Vannoni fragte sich, was mit einem solchen Vorgehen bezweckt werden sollte.
    Er fühlte sich an frühere Zeiten erinnert. Während der bleiernen Jahre hätte man von einer eskalationistischen Strategie gesprochen. Die Rechtsterroristen versuchten damit, einen starken Mann und einen autoritären Staat herbeizubomben, den Linksterroristen ging es darum, die Verwundbarkeit des Systems aufzuzeigen und den Startschuß für die Revolution zu geben. Gemeinsam war beiden, daß sie Konflikte anheizen wollten. So lange, bis der Topf nicht mehr auf dem Deckel blieb. Würde auch Montesecco bald überkochen?
    Aber die beiden Marcantonis waren nun mal keine Strategen von Prima Linea, Brigate Rosse oder Ordine Nuovo, und Montesecco war von den Zentren des Terrorismus viel weiter entfernt, als die Kilometerangaben auf den Straßenkarten vermuten ließen. Montesecco war eine andere Welt.
    Trotzdem beschloß Vannoni, die Augen offenzuhalten. Nach dem Vipernbiß sollte er sich sowieso schonen. Heiß war es überall. Ob er im Bett schwitzte oder vor seiner Tür im Schatten saß und die Dorfbewohner beobachtete, machte keinen großen Unterschied. Vannoni dachte an Catias Ratschlag, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern. Dazu war er noch nie fähig gewesen. Er hatte sich immer als Außenseiter gegeben und gleichzeitig für Gott und die Welt verantwortlich gefühlt. Mehr für die Welt allerdings. Und jetzt wollte er sein Teil dazu beitragen, daß sich Montesecco wieder fing.
    Ihm wurde klar, daß Catia sich irrte. Montesecco war seine Angelegenheit. Hier war er aufgewachsen, hier kannte er jeden, hier hatte er gelebt, geheiratet, vielleicht ein Kind gezeugt, seine Frau erschossen. Nach fünfzehn Jahren, die nichts zählten, war er wieder hier gelandet. Auch wenn er noch nicht wußte, ob er den Rest seiner Jahre hier verbringen würde, blieb Montesecco seine Geschichte. Und wenn er wieder einen Platz im Leben finden wollte, seinen Platz, dann durfte er gerade nicht nur an sich denken, sondern an das, was in diesen staubigen Gassen um eine kleine glühende Piazza herum aus dem Lot geraten war.
    Es passierte nicht viel an jenem Vormittag. Um elf Uhr dreißig glaubte Milena Angiolini in ihrem Gemüsegarten am Dorfrand eine weitere Viper entdeckt zu haben, doch niemand nahm sich die Zeit nachzusehen. Die anstehenden Arbeiten waren wichtiger, der Notstand wurde gemeinschaftlich durchorganisiert. Dazu paßte, daß irgendwer auf dem Dach der Bar ein batteriegetriebenes Radiogerät aufgestellt hatte, das die Piazzetta und das halbe Dorf mit einem Mix aus Schlagern, Nachrichten und Werbung auch akustisch auf die gleiche Wellenlänge brachte.
    Als der Duft gegrillten Lammfleischs durchs Dorf zog,machte sich Vannoni langsam auf zur Piazzetta. Die Grillroste standen im rechten Winkel zueinander. Mit zwei Grillzangen bewaffnet, hantierte der Americano an beiden gleichzeitig. Schweißperlen standen auf seiner Stirn, doch offensichtlich fühlte er sich in seinem Element.
    Auf der Piazzetta waren die Tische zu zwei langen Tafeln zusammengerückt worden, die Marta sorgsam eindeckte. Sonnenschirme sorgten für gerade erträgliche Temperaturen. Die meisten Dorfbewohner hatten schon Platz genommen und sich ein Glas roten Vernaccia eingeschenkt. Ivans Weißwein war nur gut gekühlt genießbar. Vannoni setzte sich neben Catia.
    »Die besten Lammsteaks aller Zeiten!« Der Americano reckte mit der linken Hand eine Platte voll gegrillten Fleischs hoch und deutete mit der Grillzange in der anderen

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