Die Virus-Waffe
tituliert hatte, entpuppte sich als nicht ganz so einfach, wie angenommen.
Westwood hatte die Datenbank zunächst nach Fällen
und Operationen durchsucht, an denen entweder Charles
Hawkins oder James Richards beteiligt gewesen war. Die
426
Liste hatte er ausdrucken lassen, aber das war nur der erste Schritt gewesen. Hatte er erst einmal die Operationen gefunden, an denen beide Männer teilgenommen hatten,
musste er die ganzen Akten durcharbeiten, und hier fingen
die eigentlichen Probleme an. Die Datenmenge, die er ana-
lysieren musste, war schlicht immens.
James Richards und Charles Hawkins hatten beide fast
ihre ganze Karriere lang in der Abteilung Einsatzplanung
gearbeitet. Das machte in Richards’ Fall über dreißig Jahre
aus. Hawkins war in seiner letzten Zeit bei der Firma in die Verwaltung versetzt worden, aber trotzdem musste Westwood noch achtundzwanzig Jahre überprüfen. Zusammen
waren die beiden Männer an insgesamt über einhundert-
zwanzig Operationen beteiligt gewesen.
Westwood hatte die ersten drei Fälle am Bildschirm ge-
lesen, und sich dann entschieden, die Originalakten aus
dem Lager zu beschaffen. Er hatte den Verdacht, dass die
elektronischen Versionen gekürzt waren. Außerdem wa-
ren einige der gescannten Dokumente nur schwer zu ent-
ziffern. Zudem fürchtete er nach wie vor, dass er vielleicht eine elektronische Spur hinterließ, wenn er die Dateien in
der CIA-Datenbank öffnete. Sich die Originale aus dem
Archiv zu holen, war vielleicht langfristig zuträglicher für seine Gesundheit.
Es wäre die Mühe auch wert gewesen, wenn er wenigs-
tens etwas gefunden hätte. Aber er hatte nur Nieten gezo-
gen. Er hatte gerade den letzten Fall gelesen und zwei Dut-
zend Blätter mit Notizen voll geschrieben, aber das Ergeb-
nis war gleich null. Beim besten Willen konnte nichts, was
er in den Unterlagen über die Fälle gesehen hatte, bei de-
427
nen die beiden Männer zusammengearbeitet hatten, zu ih-
rem Tod geführt haben. Er musste da einfach etwas über-
sehen haben.
Zwischen Gavdopoúla und Gávdos,
östliches Mittelmeer
Richter und Crane standen Schulter an Schulter neben der
geöffneten Schiebetür auf der Steuerbordseite des ASW-
Hubschraubers und überprüften gegenseitig ihre Ausrüs-
tung. Die Luftwirbel der mächtigen Rotorblätter schäumten
die Wogen des Mittelmeeres unter dem schwebenden Mer-
lin auf, und die Boje, die an einer einhundertfünfzig Fuß
langen Leine mit einem Senkblei vor fünf Minuten herun-
tergelassen worden war, wurde heftig herumgeschleudert.
Sie würden tief tauchen und brauchten eine Art Stütz-
punkt an der Oberfläche. Richter nickte O’Reilly zu. An-
schließend traten David Crane und er zurück, als der
Chefbeobachter und ein Besatzungsmitglied ein klobiges,
mit Stoff bezogenes Bündel zur Tür wuchteten. O’Reilly
packte die Leine, die an der Seite des Bündels herunter-
hing, und als das Besatzungsmitglied es aus der Tür stieß,
zog er daran.
Das Bündel fiel senkrecht herunter und entfaltete sich
mit einem lauten Zischen, das selbst über dem Wummern
der Rotorblätter und dem Dröhnen der Triebwerke zu hö-
ren war. Hellorangefarbene Zellen füllten sich mit Press-
luft aus der Flasche, die an dem Rettungsfloß befestigt war.
Das Floß schwamm auf dem Wasser unter dem Hub-
428
schrauber, aber der Abwind der Rotorblätter trieb es sofort
davon. Crane trat vor und ließ sich mit ausgestreckten
Beinen ins Wasser fallen. Er versank, tauchte wieder auf
und schwamm ein paar Züge, packte die Sicherheitsleine
des Rettungsfloßes und zog es zur Boje.
Der Pilot manövrierte den Hubschrauber etwa fünfzig
Meter zur Seite, um Crane die Aufgabe zu erleichtern.
Nachdem er das Floß gesichert hatte, dirigierte der Pilot
den Merlin wieder direkt über die Boje, während O’Reilly
und das Besatzungsmitglied das Seil herabließen, an dem
Crane und Richter die Atemgeräte befestigt hatten. Unter
ihnen kämpfte Crane gegen den Abwind und versuchte,
die Atemgeräte in das Floß zu bugsieren. Nachdem das
letzte Set an Bord des leichten Schlauchbootes war, wich
der Hubschrauber wieder einige Meter zur Seite.
Sobald der Merlin sich nicht mehr über dem Floß be-
fand, sprang Richter ebenfalls ins Meer. Es war ein sanfter
und sehr angenehmer Schock, in das Wasser einzutau-
chen. Im Hubschrauber war es sehr heiß gewesen, und das
war nicht besser geworden, als Crane und er sich ihre
Tauchanzüge
Weitere Kostenlose Bücher