Die Virus-Waffe
schließlich. »Was Sie sagen,
klingt logisch, trotz des Mangels an konkreten Beweisen.
Aber ich mache mir Sorgen über die Art, wie diese Dateien
gesperrt wurden; damit meine ich, auf wessen Befehl diese
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Sperrung erfolgte. Wenn das Weiße Haus seine Finger
drin hat, scheint es sich um eine verdammt gefährliche Ge-
schichte zu handeln. Außerdem macht mir Kummer, dass
die Person, die diese Morde begangen hat, möglicherweise
noch in Langley arbeitet. Also gehen Sie vorsichtig vor,
John.«
Hicks legte seine Zigarre in den Aschenbecher und leer-
te seine Kaffeetasse. »Ich habe noch zwei weitere Fragen.
Erstens: Warum hat Ihr Mr. X bis jetzt gewartet, bevor er
Hawkins und Richards getötet hat? Und zweitens: Was ist
mit den anderen Agenten, die an dieser Operation beteiligt
waren?«
»Ich möchte die zweite Frage zuerst beantworten, Wal-
ter. Sobald ich auf den CAIP-Hinweis gestoßen bin, habe
ich die Personalakten der anderen vier beteiligten Agenten
überprüft. Cassells und Stanford sind nachweislich eines
natürlichen Todes gestorben, und William Penn ist vor ein
paar Jahren bei einem Autounfall in Ohio ums Leben ge-
kommen.
Der Letzte auf der Liste ist Henry Butcher. Er liegt zur
Zeit in einem Krankenhaus in Baltimore im Koma. Er
stirbt wohl an einer seltenen Form von Krebs, der das
zentrale Nervensystem angreift. Ich habe ihn besucht und
mit seinem behandelnden Arzt geredet. Angeblich hat
Butcher noch ein paar Monate oder auch nur ein paar
Wochen zu leben und wird vermutlich das Bewusstsein
nicht mehr wiedererlangen. Selbst wenn, ist laut Aussagen
des Arztes der Versuch, ihn zu verhören, reine Zeitver-
schwendung. Also stecken wir da in einer Sackgasse.
Warum allerdings unser Mr. X erst jetzt seine Mordor-
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gie inszeniert hat, hat mit etwas anderem zu tun. Und zwar
mit einer Information aus einer öffentlichen Quelle, die
›Walnuss‹ beliefert. Irgendwann letzte Woche hat Spiros
Aristides, ein griechischer Taucher auf Kreta, auf dem
Meeresgrund das Wrack eines kleinen Flugzeugs gefun-
den. Es lag in etwa hundert Fuß Tiefe. Er hat offenbar mehrere Tauchgänge benötigt, um die Reste der Kabine zu
lokalisieren, hat das Kennzeichen notiert und wurde in ei-
ner örtlichen Bar belauscht, als er über den Fund redete.
Zwölf Stunden später wurden der Taucher und sein
Neffe tot aufgefunden. Sie sind an einem sehr schnell wir-
kenden Pathogen gestorben. Die Lokalblätter haben die
Story aufgegriffen, und einer unserer Stationsagenten hat
sie nach Langley geschickt. Mich verwirren daran drei
Dinge. Erstens, die Zeitungen meldeten, dass die Maschine
in der Nähe von Kreta gefunden wurde. Was bedeutet,
dass die Absturzstelle sehr weit von dem Gebiet entfernt
liegt, in dem 1972 nach der Maschine gesucht wurde. Ent-
weder ist sie erheblich vom Kurs abgekommen, oder sie
war in einer verdeckten Operation unterwegs, als sie ab-
stürzte. Zweitens wies das Wrack laut Aussagen des Tau-
chers Kampfspuren auf, die darauf deuteten, dass der Lear-
jet abgeschossen wurde. Drittens vermuten wir, dass der-
selbe Grieche in dem Wrack einen Behälter mit einem Vi-
rus oder einer Chemikalie gefunden hat, die ihn und
seinen Neffen tötete.«
Hicks nickte bedächtig. »Mir schwant, worauf Sie hi-
nauswollen, John. Mr. X hat Hawkins und Richards getö-
tet, weil das Flugzeugwrack gefunden wurde. Es muss sich
etwas in diesem Wrack befunden haben, was die ganze
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CAIP-Geschichte ans Tageslicht gebracht hätte, und er
wollte nicht riskieren, dass überlebende Firmenangehörige
deswegen verhört werden konnten.« Er hielt inne. »Trotz-
dem gefällt mir der Zeitplan nicht. Die CAIP-Datei wurde
vor über dreißig Jahren geschlossen, und die Welt hat sich
seitdem verdammt verändert. Warum ist es so wichtig, die
letzten Leute zu liquidieren, die davon wussten?« Hicks
machte eine kurze Pause, bevor er hinzufügte: »Ich wette,
dass der Kerl bereits ein Team nach Kreta geschickt hat,
das dieses Flugzeugwrack beseitigt.«
Chaniá, Westliches Kreta
Stein hielt mit quietschenden Reifen etwa eine Meile vor
Chaniá an, sprang aus dem Wagen, rannte zur Beifahrer-
tür, riss sie auf und zerrte Krywald förmlich heraus.
»Verdammt, Roger!«, knurrte er, als Krywald sich auf
den Asphalt erbrach. »Was zum Teufel ist mit dir los?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Krywald schwach. Stein
hatte jetzt bereits zum dritten Mal anhalten müssen, seit
sie Chóra Sfakia
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