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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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ver­wi­ckelt hät­te, bei der er ei­gent­lich sei­ne Hän­de in Un­schuld wa­schen woll­te. „Ja, das stimmt“, ver­si­cher­te Bru­der Paul ihm.
    „Das müß­te Kö­nig Her ödes se­hen!“ mein­te der Söld­ner lo­bend. Of­fen­sicht­lich hat­te er et­was ge­gen den ge­sam­ten auf­rüh­re­ri­schen Stamm der Ju­den und be­tei­lig­te sich an je­der Be­lei­di­gung ge­gen sie. „Bring das nun zum Kreuz. Schnell, ehe sie es auf­rich­ten.“
    Plötz­lich hat­te Bru­der Paul einen ech­ten Grund, sich Je­sus zu nä­hern. Doch nun, wo er die Ge­le­gen­heit hat­te, wich er zu­rück. Wie konn­te er sich un­mit­tel­bar an die­ser Grau­sam­keit be­tei­li­gen?
    „Schnell!“ schnapp­te der Söld­ner, und sei­ne Hand fuhr zum Schwert­knauf. „Sie rich­ten ihn schon auf!“
    Bru­der Paul setz­te sich in Be­we­gung. Er brach­te die Ta­fel zum Kreuz, das noch auf dem Bo­den lag. „Der Statt­hal­ter hat ge­sagt, dies hier soll …“
    „Mei­ne Gü­te“, mein­te ein an­de­rer Sol­dat. „Steck’s doch hin, wo du willst …“
    „Ist schon in Ord­nung“, mein­te der ers­te Sol­dat, der hin­ter Bru­der Paul her­ge­kom­men war. „Der Statt­hal­ter hat es be­foh­len.“
    Der an­de­re zuck­te die Ach­seln. „Wenn du das sagst, Lon­gi­nus. Hier, nimm du den Speer. Ich brau­che mei­ne Hän­de.“
    Lon­gi­nus nahm den Speer. „Schlag es über sei­nem Kopf an“, sag­te er zu Bru­der Paul. „Sie le­gen ihn ge­ra­de dar­auf.“
    Und wäh­rend Bru­der Paul die Ta­fel fest­hielt, leg­ten sie Je­sus auf das Kreuz, stell­ten sei­ne Fü­ße auf das klei­ne Brett und streck­ten die Ar­me auf den Quer­bal­ken aus. Je­sus war nun fast nackt. Sie hat­ten ihm al­le Klei­der bis auf den Len­den­schurz fort­ge­nom­men : Dies war ei­ne wei­te­re De­mü­ti­gung bei die­ser Art von Exe­ku­ti­on. Es reich­te nicht, daß der Mann starb: Er muß­te auch oh­ne Wür­de ster­ben. Paul schi­en das Herz still­zu­ste­hen. Gab es kei­nen Weg, die­ser Schreck­lich­keit zu ent­ge­hen? Aber das war na­tür­lich un­mög­lich.
    Ein Sol­dat reich­te ihm einen schwe­ren Ham­mer – fast wie ein Schmie­de­ham­mer – so­wie einen lan­gen Ei­sen­na­gel. „Di­rekt über den Kopf“, sag­te er.
    Bru­der Paul leg­te die Ta­fel auf den obe­ren Teil des Kreu­zes, setz­te den Na­gel dar­auf und schlug zu. Es war ein har­tes Stück Ar­beit, denn der Na­gel war hand­ge­fer­tigt und leicht ge­krümmt, aber er nahm sich Zeit und er­le­dig­te es sorg­fäl­tig.
    „Gut“, sag­te der Söld­ner zu­stim­mend. „Und jetzt sei­ne Hand.“
    Ent­setzt starr­te Bru­der Paul den Söld­ner an. „Ich kann nicht.“
    Der Söld­ner zwin­ker­te. Er schi­en Schwie­rig­kei­ten mit den Au­gen zu ha­ben. Es war wohl ei­ne chro­ni­sche Sa­che, die nichts mit der Kreu­zi­gung zu tun hat­te. Ir­gend et­was ver­ur­sach­te ei­ne Rö­tung der Au­gäp­fel und stän­di­ge Schmer­zen. Bru­der Paul war si­cher, daß die­ses Lei­den die Lau­ne des Man­nes auch nicht ge­ra­de bes­ser­te. „Komm schon, wir ver­geu­den hier nur Zeit. Du hast den Ham­mer, und hier ist ein Na­gel … schlag ihn durch das Hand­ge­lenk, ge­nau in der Mit­te, da­mit er sich nicht los­reißt. Der Statt­hal­ter will, daß wir hier schnell fer­tig wer­den.“
    Bru­der Paul blick­te hin­über zu Pon­ti­us Pi­la­tus, der im­mer noch zu Pfer­de saß. Der Wind hat­te be­trächt­lich zu­ge­nom­men, und Wol­ken ball­ten sich zu­sam­men. Es wür­de einen Sturm ge­ben. Na­tür­lich woll­te der Statt­hal­ter al­les be­schleu­ni­gen und zu­rück in sei­nen Pa­last. Aber daß Bru­der Paul die­se Sa­che selbst tun soll­te …
    Aber wenn er sich wei­ger­te, ver­än­der­te er viel­leicht die Ge­schich­te und ver­lor die Au­ra aus den Au­gen. Er hat­te in frü­he­ren Ani­ma­tio­nen ver­sucht, sei­nen Wil­len durch­zu­set­zen und war der Kraft der Prä­zes­si­on un­ter­le­gen. Das konn­te er sich nun nicht leis­ten. Er muß­te die Vi­si­on ih­ren Gang ge­hen las­sen, da er sich nun ein­mal hier be­fand.
    „Ver­gib mir“, mur­mel­te er mit brü­chi­ger Stim­me. Dann nahm er einen neu­en Na­gel, setz­te ihn auf Je­su blas­ses Hand­ge­lenk, nahm sich un­ter großer Wil­lens­an­stren­gung

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