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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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zu­sam­men – und spür­te den Kon­takt der Au­ra. Es war die glei­che, die er in der vo­ri­gen Sze­ne ge­spürt hat­te: un­glaub­lich stark, stär­ker als sei­ne ei­ge­ne, elek­trisch, all­um­fas­send und wun­der­bar – der Hei­li­ge Geist.
    Je­sus rea­gier­te. Sei­ne Au­gen starr­ten di­rekt nach oben in die wir­beln­den Wol­ken, und sein Kör­per be­weg­te sich nicht, doch er war sich of­fen­sicht­lich der Au­ra Pauls eben­falls be­wußt. „Paul“, mur­mel­te er. „Der Berg­see …“
    Bru­der Paul ließ den Ham­mer fal­len. „Ich kann es nicht!“
    Je­sus sah ihn im­mer noch nicht an. „Tu es, Bru­der“, sag­te er. „Mein Fleisch lei­det nicht, wenn ein Freund den Ham­mer schwingt. Laß mich nicht durch die Spöt­ter ans Kreuz schla­gen.“
    Und Bru­der Paul konn­te sich die­ser Bit­te nicht wi­der­set­zen, nahm den Ham­mer und schlug den Na­gel hin­ein. Das Fleisch war kaum schwe­rer zu durch­drin­gen als die Holz­ta­fel.
    Dann wand­te er sich ab und übergab sich.
    Gro­be Hän­de zerr­ten ihn hin­ab. Als er sein Gleich­ge­wicht zu­rück­er­langt hat­te, war Je­sus schon von den Sol­da­ten an­ge­schla­gen und das Kreuz auf­ge­rich­tet wor­den. Jetzt stampf­ten sie den Bo­den um den Fuß fest, um es auf­recht zu hal­ten.
    Je­sus hing an den grau­sa­men Nä­geln mit der ent­wür­di­gen­den Ta­fel über dem Kopf. Man hat­te ihn ge­kreu­zigt. „Va­ter, ver­gib ih­nen“, sag­te er mit schmerz­ver­zerr­tem Ge­sicht, „denn sie wis­sen nicht, was sie tun.“
    Plötz­lich brach der Sturm los. Die Mit­tags­son­ne, die sich be­reits hin­ter er­staun­lich dich­ten Wol­ken ver­zo­gen hat­te, ver­schwand voll­stän­dig, und die ge­sam­te Sze­ne­rie ver­dun­kel­te sich. Der Bo­den er­zit­ter­te. Wind peitsch­te so hef­tig über den Berg, daß die Kreu­ze fast um­ge­weht wur­den.
    „Ein Wir­bel­sturm“, mur­mel­te Bru­der Paul. Aber das war nicht der Fall, denn es gab kei­ne Trich­ter­wol­ke. „Ein Erd­be­ben.“ Aber wenn sich auch der Bo­den be­weg­te, so konn­te es doch nicht die Dun­kel­heit ver­ur­sa­chen. Und es war auch kein nor­ma­ler Sturm. Es roch son­der­bar ver­brannt, als brei­te sich die Höl­le selbst auf der Er­de aus.
    „Ein Vul­kan­aus­bruch!“ schrie er, und das traf es schließ­lich. Ei­ne ge­wal­ti­ge Druck­ent­la­dung, die einen Asche­re­gen aus­lös­te, der die Son­ne ver­dun­kel­te. Ei­ne Ex­plo­si­on, wie bei dem Be­ben von The­ra im Jah­re 1400 v. Chr. in der glei­chen Ge­gend, das den ge­sam­ten Mit­tel­meer­raum er­schüt­ter­te hat­te – gleich­zei­tig mit der Exe­ku­ti­on Je­su …
    Zu­fall?
    Bru­der Paul blick­te auf Je­sus, der im­mer noch un­ter Qua­len dort hing. Wie konn­te die­se Ver­dun­ke­lung, die­ses Stöh­nen der Er­de sel­ber Zu­fall sein? Aber wenn Gott ge­gen das Op­fer sei­nes Soh­nes der­art pro­tes­tie­re, warum hat­te er nicht vor­her ein­ge­grif­fen, um es zu ver­hin­dern? Selbst jetzt wä­re es viel dra­ma­ti­scher, wenn das Kreuz nie­der­sän­ke und sei­nen Ge­fan­ge­nen frei­gä­be. Dra­ma­ti­sche Phä­no­me­ne, de­ren Ur­sprung und Zweck die Zu­schau­er nicht be­grif­fen – das war ver­geu­de­te Mü­he. Die meis­ten Ein­woh­ner Je­ru­sa­lems wür­den es nicht mit der Kreu­zi­gung in Ver­bin­dung brin­gen.
    Er kann­te die Ant­wort: weil die­ses Op­fer für Sein Ziel not­wen­dig war. Je­sus Chris­tus muß­te in die­ser auf­fal­len­den und end­gül­ti­gen Art ster­ben, da­mit sei­ne Auf­er­ste­hung auch Be­deu­tung ge­win­nen wür­de. Gott er­bat sich von nie­man­dem et­was, was er nicht auch von sei­nem ei­ge­nen Sohn ver­lan­gen wür­de – und hier war der Be­weis in Form des schreck­lichs­ten, ent­wür­di­gends­ten und schein­bar sinn­lo­ses­ten To­des, den die­se Ge­sell­schaft ver­hän­gen konn­te. Hier lag der Be­weis, daß je­der Mensch, für wie un­be­deu­tend er selbst sich auch hielt, der Er­lö­sung teil­haf­tig wer­den konn­te. Wenn er nur dem Bei­spiel Je­su folg­te und glaub­te.
    Aber Bru­der Paul wag­te nicht zu glau­ben – denn er war hier, um ob­jek­tiv die Prä­senz oder Ab­senz des Hei­li­gen Geis­tes zu un­ter­su­chen und fest­zu­stel­len. Oh­ne die­sen Geist

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