Die Visionen von Tarot
gute Frau, und sie legte ihre Geschäfte in meine Hände. Ich war sehr traurig, als sie starb. Da war ich neunundvierzig Jahre alt.“
„Aber wie konnte ein Prophet Gottes die Liebe Gottes mit der Liebe zu einer einfachen Frau teilen?“ fragte Jesus.
„Wie hätte er dies nicht können? War nicht deine gesegnete Mutter eine Frau und von Gott geliebt?“
Jesus war nicht zufrieden. „Was weißt du von meiner Mutter?“ Und Bruder Paul, der diese Frau im Paradies getroffen hatte, wunderte sich ebenso.
„Sie verließ ihr Volk und zog allein nach Osten“, sagte Mohammed. „Gott sandte ihr seinen Geist in Gestalt eines schönen Mannes. Als sie ihn erblickte, wurde sie unruhig, denn sie fürchtete Übles. ‚Möge mich der Barmherzige beschützen! Wenn du Gott fürchtest, dann laß mich in Frieden!’ rief sie. Aber er antwortete: ‚Ich bin ein Bote deines Gottes und gekommen, dir einen heiligen Sohn zu schenken.’ Und sie, immer noch mißtrauisch, fragte: ‚Wie soll ich ein Kind bekommen, wenn ich eine Jungfrau bin, von noch keinem Mann berührt? ‘ Er aber sagte …“
„Ah, da bin ich nicht so sicher“, unterbrach ihn Bruder Paul, in Erinnerung an die Art und Weise, wie Therion bislang Sexualität in Animationen dargestellt hatte.
„Aber er entgegnete: ‚So ist der Wille deines Gottes’“, fuhr Mohammed mit fester Stimme fort. „,Dein Sohn wird der Menschheit ein Zeichen sein, ein Segen von Mir. Das ist Mein Wille!’ Daraufhin hat sie dich empfangen, und es ereignete sich alles weitere. Maria war über alle Frauen gebenedeit, und gesegnet war auch ihr Mann Joseph, der sie heiratete und dem Kind Gottes ein Zuhause gab. Ich würde mich nicht schämen, unter das Dach von Joseph dem Zimmermann zu treten, ebensowenig wie unter das Dach meines Onkels.“
„Ja“, stimmte Jesus zu, und man erkannte, welche Wirkung diese Worte aus so unerwartetem Munde auf ihn hatten. „Wie kam es, daß du gedient hast, Prophet?“
„Mich berührte das Unrecht um mich her“, entgegnete der Prophet. „Gott hatte seinen Willen den Juden und Christen durch ausgewählte Apostel kundgetan. Aber die Juden verfälschten die Schrift, und die Christen begingen im Namen Jesu Grausamkeiten …“
„Jawohl!“ echote Jesus heftig.
„Eines Tages, ich war vierzig Jahre alt, kam in einer Vision der Engel Gabriel zu mir. ‚Rezitiere!’ beauftragte er mich, und als ich es nicht begriff, wiederholte er es dreimal und sagte: ‚Rezitiere im Namen Gottes, der den Menschen aus Blutklumpen geschaffen hat.’ Da verstand ich, daß ich Gottes Wort aufsagen solle, und also sagte ich es und schrieb es nieder und nannte das Buch: Zitate oder den Koran. Es wurde nach meinem Tod aus den Schriften zusammengestellt, und zwar durch Idioten, die einfach die Teile in der Reihenfolge vom kürzesten bis zum längsten Text ordneten, aber es dient seinem Zweck.“
„Der Aufbau der Bibel ist ein wenig besser“, meinte Jesus. „Die Berichte über mein Leben und Wirken wurden etwa ein Jahrhundert nach meiner Zeit aufgeschrieben, meinen Jüngern zugeschrieben und Evangelium genannt. Aber ich weiß nun, daß es nur eine kleine Rolle spielt, denn die Leute, die sich Christen nennen, achten nicht auf die Teile, die einzeln aufgezeichnet wurden. Sie lieben ihren Nächsten nicht.“ Er zog eine Grimasse. „Und so wurdest du ein Wundertäter, ein Sohn Gottes? Hat man dich auch gekreuzigt?“
„Ich hatte niemals die Kraft, Wunder zu tun, und war auch nicht der Sohn Gottes – und ich verachte auch die Christen, weil sie dich als Gottessohn verehren.“
„Aber …“
„Ich habe nicht behauptet, du seist nicht der Sohn Gottes. Du warst und bist …“
„Wir alle sind …“ warf Bruder Paul ein.
„Aber Gott hat den Menschen die Verehrung
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