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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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mach­te sich auf den Weg vom Holz­sta­pel her­ab.
    Was für Re­geln! „Ich kann Ih­nen nur recht all­ge­mein mit­tei­len, was in­ner­halb der Ani­ma­ti­on ge­sch­ah“, be­gann Bru­der Paul. „Und warum ich mei­ner Mei­nung nach ge­schei­tert bin. Ich zie­he es vor, nicht in die De­tails zu ge­hen, denn es wur­de un­an­ge­nehm per­sön­lich.“ Einen Mo­ment lang glaub­te er, Kot zu rie­chen. Ver­ein­zelt zeig­te sich ein Lä­cheln. Vie­le die­ser Leu­te wuß­ten, was es mit den Ani­ma­tio­nen auf sich hat­te, wenn sie es auch viel­leicht nicht so aus­gie­big zu spü­ren be­kom­men hat­ten wie er. „Es scheint, daß ei­ne Ani­ma­ti­on, wenn meh­re­re Leu­te dar­an teil­neh­men, zu ei­ner Art Spiel wird, des­sen Ele­men­te sich aus den Ge­dan­ken der Mit­spie­ler bil­den. Wenn es nur um ei­ne Per­son geht, han­delt es sich wohl um ein stän­di­ges Feed­back von de­ren Hoff­nun­gen und Ängs­ten, die so lan­ge auf die Spit­ze ge­trie­ben wer­den, bis die­se Per­son ver­nich­tet ist. Wenn es sich aber, wie in die­sem Fall, um meh­re­re Teil­neh­mer han­delt, tra­gen al­le das ih­re da­zu bei, und bis zu ei­nem ge­wis­sen Aus­maß ver­mischt dies die Feed­backs und ver­hin­dert un­heil­vol­le In­ten­si­vie­run­gen ei­nes ein­zi­gen The­mas. Aber das Er­geb­nis ist un­vor­her­seh­bar, weil sich der Wil­le der ein­zel­nen Spie­ler über­schnei­det. Die Er­eig­nis­se in ei­ner Ani­ma­ti­on ken­nen ih­re ei­ge­ne Rea­li­tät: Wenn ei­ne Per­son et­was sieht, se­hen al­le an­de­ren es ge­nau­so wie er, selbst wenn es kei­ne ob­jek­ti­ve Rea­li­tät ist – oder die Rea­li­tät ist sehr ver­schie­den von dem, was sie ei­gent­lich ist“. Er hielt in­ne. „Ich fürch­te, das klingt ver­wor­ren. Ich mei­ne, wenn ei­ne Per­son einen ver­brann­ten Baum­stumpf für ein Haus hält, wer­den an­de­re es ähn­lich wahr­neh­men; und sie kön­nen es be­rüh­ren oder mit den an­de­ren Sin­nen ve­ri­fi­zie­ren. Es ist für die Dau­er der Ani­ma­ti­on ein rich­ti­ges Ge­bäu­de.“
    Bru­der Paul sah sich um und er­kann­te, daß man ihn ver­stand. Hier stan­den schließ­lich auch kei­ne Neu­lin­ge auf die­sem Ge­biet. „Wenn zwei Leu­te in der Ani­ma­ti­on mit­ein­an­der kämp­fen, tei­len sie rich­ti­ge Schlä­ge aus, als näh­men sie ein­an­der als Frem­de oder gar als Un­ge­heu­er wahr. Und wenn sich ein Mann und ei­ne Frau lie­ben …“ Er zuck­te die Ach­seln. „Ich ha­be der­ar­ti­ge Din­ge ge­tan. Ich bin nicht stolz auf mei­ne Leis­tung. Ei­ni­ge mei­ner Sze­nen wa­ren ab­so­lut phan­tas­tisch, an­de­re Rück­bli­cke auf ver­gan­ge­ne Sta­tio­nen mei­nes Le­bens, die ich ver­ges­sen oder ver­drängt hat­te. Ich hat­te nicht vor­ge­habt … die­se Din­ge zu tun oder mich an sie zu er­in­nern. Ich stell­te mich als schwä­che­rer Deu­ter her­aus, als ich ge­dacht hat­te.“ Deu­ter war nicht ganz das rich­ti­ge Wort, aber die per­fek­ten Sät­ze ka­men nicht im­mer, wenn man sie brauch­te. „Ich kann als Er­klä­rung nur mei­ne Theo­rie von der Ani­ma­ti­ons­prä­zes­si­on bie­ten : Daß das mensch­li­che Hirn ei­ne un­end­lich kom­ple­xe Sa­che von psy­chi­scher Mas­se und Träg­heit ist, ge­wich­tet und be­las­tet durch ein Le­ben vol­ler Er­fah­run­gen. Wenn es un­ter Druck steht, gibt es der Kraft nicht di­rekt nach, son­dern ver­schiebt sich in ei­ne un­er­war­te­te Rich­tung. Ich hat­te ge­dacht, Gott zu fin­den – statt des­sen fand ich … Scham. Ich weiß es nicht, und es ist mir gleich­gül­tig, was ich ge­fun­den hät­te, wenn ich Scham ge­sucht hät­te.“ Er lä­chel­te kurz. „So ha­be ich kei­nen Be­weis, ob ein Gott von Ta­rot exis­tiert oder wie er be­schaf­fen ist. Ich bin si­cher, mei­ne Er­fah­rung hat Gott nicht ge­leug­net, aber sie hat ihn si­cher auch nicht be­stä­tigt. Es tut mir leid.“
    Bru­der Paul blick­te sich um in der Hoff­nung auf ei­ne Wort­mel­dung. Lee fing sei­nen Blick auf. „Ich ge­be das Re­de­pult dem Be­ob­ach­ter Lee von der Kir­che Je­su Chris­ti der Hei­li­gen der Letz­ten Ta­ge.“
    „Dan­ke, Bru­der Paul“, sag­te Lee. Er trat auf den Holz­sta­pel: ein gut­aus­se­hen­der jun­ger Mann in

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