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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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der nicht da ist. Es gibt kein Eis­schiff von der Er­de. Ich bin ein Geist.“
    Sie lach­te. „Ach, komm schon! Das steht aber nicht in der Rol­le!“
    „Doch!“
    „Gut. Ich spie­le wei­ter. Ich bin im­mer schon neu­gie­rig dar­auf ge­we­sen, mit ei­nem Geist zu schla­fen.“
    „In we­ni­gen Au­gen­bli­cken wer­de ich mei­ne wah­re Ge­stalt an­neh­men: die dei­nes ge­lieb­ten Bru­der­man­nes, der, wie sich her­aus­stel­len wird, die gan­ze Zeit über bei dir ge­we­sen ist. Bist du be­reit?“
    „Aber das …“
    „Jetzt.“ Bru­der Paul streng­te sich an und hoff­te, die Prä­zes­si­on wür­de sich nicht ver­ei­teln – und ver­schwand aus dem Bild.
    Als die Sze­ne sich auf­lös­te, frag­te er sich nur: Wer spielt nun die Rol­le ih­res Bru­der­man­nes?



 
IV Zeit Trumpf 12
     
    Die Sphinx, die in ei­ni­ger Ent­fer­nung vom Fuß der Großen Py­ra­mi­de kau­ert, ist aus dem Gra­nit­pla­teau sel­ber ge­hau­en; zwi­schen dem Fels­bo­den und ih­rem Fuß gibt es kei­ne Un­ter­bre­chung. Die Hö­he, et­wa 25 Me­ter, ver­mit­telt ei­nem ei­ne Vor­stel­lung von der un­ge­heu­ren Ar­beits­kraft, die man an­ge­wen­det ha­ben muß, um sie von un­er­wünsch­ten Stei­nen zu be­frei­en und den Bo­den gleich­mä­ßig zu be­hau­en. Die Ge­samt­län­ge be­trägt 50 Me­ter, die Hö­he vom Kinn bis zum Kopf 8 Me­ter, der Kopf um­fang an den Schlä­fen 36 Me­ter, wo­bei das Ge­sicht 2,60 Me­ter breit und der Kopf 10 Me­ter lang ist. Die Gra­nit­schich­ten, aus de­nen sie her­aus­ge­hau­en wur­de, un­ter­tei­len das Ge­sicht in ho­ri­zon­ta­le Strei­fen; der Mund ist teil­wei­se durch den Zwi­schen­raum zwi­schen zwei Stein­schich­ten ge­bil­det. Man hat ein meh­re­re Me­ter tie­fes Loch in den Kopf ge­bohrt, wel­ches man wahr­schein­lich be­nutzt hat, um Schmuck­stücke an­zu­brin­gen.
    Die­ser be­haue­ne Fel­sen von röt­li­cher Far­be strahlt ei­ne un­ge­heu­re Wir­kung aus, wie er dort ru­hend die Wüs­te über­blickt. Die Sphinx ist wie ein in Auf­merk­sam­keit an­ge­spann­tes Phan­tom – man möch­te fast mei­nen, sie lauscht und sieht rich­tig. Das große Ohr scheint al­le Ge­räusche der Ver­gan­gen­heit zu ver­neh­men; die Au­gen, nach Os­ten ge­rich­tet, schei­nen in die ne­bel­haf­te Zu­kunft zu bli­cken. Der Blick hat ei­ne Tie­fe und Starr­heit, die den Be­trach­ter­fas­zi­nie­ren. In die­ser Sta­tue er­blickt man ei­ne son­der­ba­re Ma­je­stät, ei­ne große Wür­de und so­gar ei­ne ge­wis­se Sanft­heit.
    Paul Chris­ti­an, The His­to­ry and Prac­ti­ce of Ma­gic,
    New York 1969
     
    Bru­der Paul stand vor der Sphinx. Das Stein­we­sen wirk­te im Licht des Voll­mon­des be­ein­dru­ckend, um so mehr, als sei­ne Na­se in­takt war: Dies war of­fen­sicht­lich vor dem Zeit­punkt, als Na­po­le­ons Ka­no­nie­re sie ab­schos­sen.
    Was für ein Tier, das dort wie ein le­ben­di­ges We­sen kau­er­te! Bru­der Paul spür­te ein Krib­beln im Nacken. Das war ei­ne Ani­ma­ti­on – aber konn­te er wirk­lich si­cher sein, daß die­se Krea­tur nicht leb­te?
    Aber sie lag ab­so­lut reg­los. Kein Atem, kein Puls, kei­ne Be­we­gung der Au­gen. Leb­los. Glück­li­cher­wei­se.
    Aber er wür­de es doch nach­prü­fen, ein­fach um si­cher­zu­ge­hen., „Der Se­xual­trieb des Ka­mels ist weitaus stär­ker, als man glaubt’“, sag­te er laut und zi­tier­te aus dem Ge­dächt­nis ein Ge­dicht aus der Zeit vor sei­nem Ein­tritt in den Hei­li­gen Or­den der Vi­si­on. „’Ei­nes Ta­ges, bei ei­nem Treck durch die Wüs­te, hat es die Sphinx aufs größ­te be­lei­digt.’“
    Er hielt in­ne, lausch­te, be­ob­ach­te­te. Kei­ne Re­ak­ti­on. War das Mons­ter wirk­lich leb­los, oder war­te­te es noch?, „Heu­te ist die Sphinx fast ver­wa­schen durch die Was­ser des Nil, das Ka­mel aber hat den Hö­cker noch, und die Sphinx, die lä­chelt noch still.“
    Im­mer noch nichts.
    Kein Zwei­fel. Wenn sich das We­sen ru­hig die­se Ver­se an­ge­hört hat­te, dann muß­te es tot sein.
    Er be­trach­te­te die ein­zel­nen Tei­le der Fi­gur. Ein Frau­en­kopf, der an mensch­li­che In­tel­li­genz, Stre­ben und Stra­te­gie den­ken ließ. Ein Bul­len­kör­per, der die un­er­schöpf­li­che Kraft

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