Die Visionen von Tarot
Handelns. Der erste ist die Vergangenheit, der die Reflexion nahelegt, der nächste die Zukunft, welche den Willen symbolisiert.“
Bruder Paul blickte auf die Bilder, konnte sie aber in der kurzen Zeitspanne nicht begreifen. Sicher waren diese beiden lediglich Aspekte der Zeit. Aber zeigten sie auch seine eigene Vergangenheit und Zukunft? Die Reflexion konnte er verstehen – er war häufig seinen eigenen Gedanken überlassen. Aber wie hing es mit dem Willen zusammen? Er glaubte, ein Flugzeug zu sehen, eine Flasche Wein, ein Dokument, einen Baum und ein Kind, aber irgendwie fügte sich keines der Bilder für ihn sinnvoll zusammen. Wenn er nur mehr Zeit hätte …
„Hier ist Themis, Göttin des Gesetzes, welche die Ehre repräsentiert.“ Sonderbar – Bruder Paul hatte gedacht, Themis sei eine römische Göttin und keine ägyptische. Aber vielleicht spiegelte das nur wider, daß diese Bilderfolge sich aus verschiedenen Quellen rekrutierte und nicht eindeutig auf eine einzige Mythologie zurückging. Rom hatte zur Zeit der ägyptischen Blütezeit bereits existiert; die Archäologen hatten Roms Existenz tausend Jahre vor der angeblichen legendären Gründung durch die Wolfsjungen Romulus und Remus nachgewiesen.
„Der Märtyrer – das Opfer“, fuhr Isis fort. Diese Karte schien er als die vom Gehenkten zu erkennen, der an einem Fuß vom Galgen baumelt. War das vielleicht seine Zukunft? Diese Spekulationen würden ihn noch verrückt machen!
„Die Sichel – der Wechsel“, sagte sie nun. Er kannte diese Karte als Tod oder Übergang. „Phantasie – Vision.“ Diese konnte er überhaupt nicht unterbringen, wenn auch die Bilder etwas Vertrautes ausstrahlten. Ein Feld mit einem Turm auf der einen Seite und einem Abgrund auf der anderen …
„Der Alchimist, der für den Übergang steht.“ Transfer! Das war der Begriff, den der Außerirdische Antares für die Übertragung von Aura von einem Gastkörper auf den anderen benutzt hatte …
„Und der Aspekt der Zauberei, die einige Wissenschaft nennen“, fuhr sie auf rätselhafte Weise fort. Was für eine Qual, mit diesen flüchtigen Blicken von halbvertrauten Offenbarungen überschüttet zu werden! Sicher paßte alles zusammen in ein größeres Mosaik, wenn er nur …
„Hier ist Typhon, bekannt als das Schicksal, welches Gewalttätigkeit andeutet.“ Das war der Teufel. „Das Haus Gottes – Offenbarung.“ Er kannte es als vom Blitz getroffenen Turm, aber das war eine ikonographische Übertragung. Eine vertraute Karte – ja, aber er spürte irgendwie die Warnung vor Schrecken. Er war gewiß auf der Suche nach dem Haus Gottes, aber dieses grobe Gebäude war eher die Hütte des Satans als die Engelsburg. Einige Karten ließen in der Tat die Andeutung zu, es handele sich um das Haus des Teufels, und das bedeutete Ruin.
In der Zwischenzeit hatte sich Isis frohgemut ihrer restlichen Kleidungsstücke entledigt. Offenbarung – natürlich würde sie das nicht einfach wörtlich nehmen, sondern auch körperlich. Er wünschte, der Rundgang wäre beendet. Er behielt zwar die Ruhe, aber sie machte es ihm sehr schwer. Was geschah mit einem Bewerber, der sich dem offensichtlichen Vorschlag hingab und seine lustvollen Hände – lustvollen Hände? Was für ein Euphemismus! – auf die Priesterin legte?
„Der Stern des Magi“, fuhr sie fort, und nun sah sie dem nackten Mädchen auf dem Bild sehr ähnlich. „Hoffnung und Furcht.“
Genau.
„Zwielicht – Täuschung.“ Ja, eine weitere vertraute Karte, die er als Mond kannte. Täuschung war sicherlich der Hauptaspekt hier. Indem sie den Körper enthüllte, täuschte sie ihn über ihre Intentionen hinweg. Wie alle Frauen
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