Die Visionen von Tarot
…
„Und das Brennende Licht, was Triumph bedeutet.“ Nun, das hoffte er auch. Aber Triumph für wen?
„Und dann die Aspekte der Kunst“, fuhr sie fort. Nackte Künste? Er fragte sich, wie viele Leute wohl an der Kunst noch interessiert wären, wenn man nicht überall auf nackte Frauen stieße? Für Bruder Paul war ein nackter Mann ebenso künstlerisch attraktiv wie eine Frau, aber es war der Sex und nicht die Ästhetik, der den Unterschied bewirkte. Frauen schossen nicht umher und kauften Bildnisse nackter Männer, so wie Männer nackte Mädchen sammelten, und deshalb wurde die Definition der Kunst zu …
„Hier ist das Denken, welches wir als Vernunft interpretieren.“ Das Bild … ja, nun, es sah wie ein Sternenhaufen aus. „Die Erweckung der Toten – für uns die Entscheidung.“ Das Bild ähnelte der Gerichtskarte, die er kannte. Sein eigenes Gericht würde viel zu bald herannahen! „Der Wilde … steht für die Weisheit.“
Nackt schritt sie zum letzten Bild und wirbelte herum, um sich von ihrer besten Seite zu zeigen. „Die Krone des Magi – die Vervollkommnung“, sagte sie. Sie trat dicht an ihn heran, nahm seinen Kopf in die Hände und zog ihn für einen raschen Kuß zu sich herab. Dann öffnete sie die Tür am Ende der Galerie und trat beiseite.
Hinter dieser Tür befand sich ein langes, schmales Gewölbe. Am Ende schlugen Flammen aus einem glühenden Ofen.
„Sohn der Erde“, sagte Isis. „Der Tod selber schreckt nur die Unvollkommenen. Wenn du Angst hast, hast du hier nichts zu suchen. Sieh mich an: Ich selbst bin einst durch diese Flammen hindurchgegangen, als wären sie ein Rosenbeet.“
Bruder Paul sah sie an. Plötzlich wurde sie noch verführerischer. Wenn er seine Hände auf ihren Körper legte, die eine oder andere dieser perfekten Früchte streichelte – würde sie sich ihm hingeben? Oder würde er von einer unvermittelten Katastrophe getroffen? Wäre es die Strafe wert, einmal ihre Haut zu berühren?
Wieder blickte er in die Flammen. Die Lehre, die er gerade empfangen hatte, so rasch und rätselhaft sie auch über ihn gekommen war, wäre einem Sterbenden kaum dienlich. Es mußte einen Weg hindurch geben! Er stand da wie an einer Weggabelung, den Zwei Pfaden, welche auch als ‚das Opfer’ bekannt waren. Die Wahl zwischen Liebe und Feuer. Hatte er genügend gelernt, um es zu schaffen?
Es gab übrigens einen Weg, Feuer oder glühende Kohlen zu überwinden. Eingeborene des Südpazifiks heizten Felsen auf, bis sie rot glühten, und schritten dann mit nackten Sohlen darüber hinweg, und das war keine Hexerei. Das Geheimnis bestand in einem einfachen Effekt, den man an den Wassertropfen beobachten kann, die von einer heißen Herdplatte springen. Die Hitze entsendet gerade soviel Wasser, um eine Dampf Schicht zu bilden, und auf diesem Dampf gleiten die Tröpfchen ab und werden von der stärkeren Hitze der Platte isoliert. Daher brauchen die Tröpfchen viele Sekunden, ehe sie verschwinden, anstatt sich unmittelbar in Dampf aufzulösen, wie es bei weniger heißen Oberflächen geschieht. Auf ähnliche Weise wurde die natürliche Feuchtigkeit unter den Füßen der Eingeborenen zu einer derartigen Dampfschicht, und sie konnten über die Kohlen laufen, ohne Verbrennungen zu erleiden. Wenn er also eine Stelle finden konnte, wo die Flammen niedrig genug schlugen, daß die heißen Kohlen sichtbar waren, könnte er darüber hinweg gelangen. Wenn er nur die Nerven besaß.
Unvermittelt tat er einen Schritt nach vorn und schritt in den neuen Raum. Wieder schlug die Tür klingend hinter ihm zu, um auf immer das fortzuschließen, was hätte sein können. Wiederum war er allein, konnte nicht zurück. Stand Gott zwischen ihm und den Flammen?
Aber als er sich der
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